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Tsipras will Minigipfel im Gipfel

Offizieller Schwerpunkt des Gipfels am Donnerstag und Freitag ist der Vorschlag der EU-Kommission für die Schaffung einer EU-Energieunion - im Wesentlichen der Plan für eine EU-Einkaufsgemeinschaft auf dem Energiemarkt. Indirekt richtet sich der Plan vor allem gegen Russland und Europas Abhängigkeit von russischem Gas. Gemeinsam könne man stärker auftreten, ist die Überlegung hinter den Plänen.

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In einem Entwurf der Gipfelerklärung heißt es, dass die EU Optionen für „freiwillige Mechanismen für einen Zusammenschluss“ prüfen soll. Diese müssten in vollständiger Übereinstimmung mit den Wettbewerbsregeln der Welthandelsorganisation (WTO) und der EU stehen. Generell fordert der Gipfel laut dem Entwurf eine stärkere Transparenz auf den Gasmärkten. Das bedeutet, dass sich die EU-Staaten gegenseitig bei ihren Energiekäufen tiefer in die Karten schauen lassen könnten. Die Vertraulichkeit von kommerziell heikler Information sei sicherzustellen, heißt es freilich auch in dem Entwurf.

Turbo für Atomenergiebefürworter?

Der Gipfel soll zudem dazu aufrufen, Infrastrukturprojekte für Elektrizität und Gas voranzutreiben. „Die Energiesicherheit kann auch erhöht werden, indem auf einheimische Ressourcen sowie auf sichere und nachhaltige Niedrig-Kohle-Technologien zurückgegriffen wird“, heißt es in dem Gipfelentwurf. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) unterstrich am Dienstag dabei die ablehnende Position Österreichs zur Atomenergie. Kurz sagte laut Angaben eines Sprechers des Außenministeriums, dass die Kernenergie „keine nachhaltige Energieform“ darstelle.

Auch wenn die EU weiterhin den Energiemix als nationale Angelegenheit betrachtet, ruft der Vorschlag zur Gründung einer Energieunion Befürworter und Gegner der Atomenergie auf den Plan. So hat Rumänien dem Vernehmen nach kürzlich einen Brief an die zuständigen EU-Kommissare Maros Sefcovic und Miguel Arias Canete geschickt, in dem im Namen mehrerer „Atommächte“ wie Frankreich, Großbritannien, Tschechien, Polen und Slowenien die Bedeutung der Kernenergie hervorgehoben wird.

Kaum mehr als Überschriften in Papier

Der deutsche Staatsminister im Außenamt, Michael Roth, bezeichnete die Energieunion als „einen der wichtigsten Punkte auf der strategischen Agenda der Europäischen Union“. Deutschland wolle einen breiten Ansatz, der nicht nur auf Energiesicherheit ziele, sondern auch auf Energieeffizienz, die Förderung der Erneuerbaren und eine Vollendung des Energiebinnenmarktes. Die Mitteilung der EU-Kommission spricht insgesamt fünf Dimensionen an, lässt aber im Detail noch zahlreiche Fragen offen.

Griechenland drängt auf die Agenda

Der lettische Außenminister Edgars Rinkievics erklärte am Dienstag, der Gipfel werde auch über die Lage in Libyen beraten. Die EU bereitet eine Friedensmission zur Grenzsicherung und Überwachung eines allfälligen Waffenstillstandes in Libyen vor. Außerdem stehen das Europäische Semester und die Koordination der nationalen Wirtschaftspolitik auf der Agenda des Gipfels. Die große Unbekannte ist derzeit die Frage, ob es bei dem Gipfel auch zu einer Diskussion über Griechenland kommt. Rinkievics schloss das am Dienstag nicht aus.

Die EU prüft eine Anfrage des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras, zum EU-Gipfel am Donnerstag ein eigenes Spitzentreffen zu Griechenland abzuhalten. Ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk bestätigte am Dienstag, dass entsprechende Sondierungen mit Tsipras und anderen Führungspersönlichkeiten in der EU laufen. Ziel sei es, „ein Treffen zu Griechenland am Rande des Europäischen Rates diese Woche zu organisieren“. Der eigentliche EU-Gipfel beginnt am Donnerstagnachmittag. Tsipras strebe davor ein Treffen am Vormittag an, hieß es aus EU-Kreisen.

Athen läuft die Zeit davon

Den Informationen zufolge sind neben Tsipras mögliche Teilnehmer anderer EU-Staaten vor allem Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande als „die beiden größten Gläubiger“ Griechenlands. Von EU-Seite könnten Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teilnehmen. „Möglicherweise“ werde auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, dabei sein. Endgültig bestätigt sei das Treffen aber noch nicht, hieß es aus EU-Kreisen am Dienstagnachmittag.

Experten der Gläubiger-Troika aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) verhandeln derzeit mit Griechenland über ein belastbares Reformprogramm, das bis Ende April vorliegen soll. Es ist Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Kredite, nachdem das Hilfsprogramm für Athen Ende Februar um nochmals vier Monate verlängert worden war. Die Verhandlungen mit Griechenland zu den Reformen gestalten sich bisher schwierig, während sich die Finanzlage Athens zusehends verschlechtert.

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