Themenüberblick

„Sonderstatus“ für Donezk und Lugansk

Das ukrainische Parlament soll in den kommenden Tagen ein Gesetz über den künftigen Autonomiestatus der Separatistenregionen im Osten des Landes beschließen. Die am Wochenende von Präsident Petro Poroschenko eingebrachte und am Montag öffentlich gewordene Vorlage solle im Laufe der Woche verabschiedet werden, teilte Parlamentssprecher Wolodimir Grojsman mit.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das Vorhaben ist Teil des am 12. Februar in der weißrussischen Hauptstadt Minsk zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Separatisten geschlossenen Friedensabkommens. Das Gesetz soll den Separatistenregionen Donezk und Lugansk einen „Sonderstatus“ innerhalb der Ukraine zubilligen.

Mehr Kooperation mit Russland

Dieser soll etwa eine Bevorzugung der russischen Sprache und eine mögliche verstärkte Zusammenarbeit mit Russland beinhalten. Voraussetzungen sollen Wahlen im Einklang mit ukrainischem Recht und unter internationaler Beobachtung sowie der Rückzug aller Waffen und bewaffneter Gruppen sein.

Außerdem wird verlangt, dass ukrainische Medien frei aus den von den Separatisten als Volksrepubliken bezeichneten Regionen berichten können. Als Grenzen des Landesteils mit besonderem Status nennt der Entwurf die ukrainische Staatsgrenze zu Russland im Osten, das Asowsche Meer im Süden und die im Minsker Abkommen festgelegte Frontlinie in Richtung des restlichen ukrainischen Staatsgebiets.

Moskau nicht zufrieden

Das russische Außenministerium kritisierte die Gesetzesvorlage bereits. Die ukrainische Regierung habe über den Entwurf nicht mit den Rebellen beraten, wurde in einer Mitteilung bemängelt. Die Entwicklung zeige, „dass die ukrainische Staatsführung den Weg der Zurückweisung von Schlüsselbestandteilen des Minsker Prozess gewählt hat“, erklärte das Ministerium in Moskau.

Merkel bremst bei Russland-Sanktionen

Poroschenko besuchte am Montag wieder die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die erneut bekräftigte, dass Deutschland die Abspaltung der Krim von der Ukraine nicht anerkennen werde. Sie erinnerte an das umstrittene Referendum für eine Loslösung vor einem Jahr, das der Westen für völkerrechtswidrig hält. Damit sei die europäische Friedensordnung infrage gestellt worden. „Ich will noch einmal deutlich machen, dass wir das nicht vergessen werden“, sagte Merkel.

Forderungen nach raschen neuen Sanktionen gegen Russland wies die deutsche Kanzlerin indes zurück. Der EU-Gipfel Ende der Woche in Brüssel werde keine neuen Strafmaßnahmen beschließen, sagte Merkel nach dem Treffen mit Poroschenko. Merkel sagte, nach den Standards der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gebe es noch keinen „Waffenstillstand“, denn dafür dürften 48 Stunden lang keine Schüsse fallen. Gleichwohl „sehen wir eine Beruhigung“ der Lage in der Ostukraine.

Debatte über Boykott der Fußball-WM

Poroschenko betonte, wenn die Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen vom Februar nicht erfüllt würden, „dann werden die Sanktionen fortgeschrieben und auch verstärkt“. Dazu meinte Merkel, der Gipfel werde die Umsetzung des vereinbarten Waffenstillstands und des Abzugs schwerer Waffen fordern. Über eine Verlängerung der bestehenden Sanktionen werde gegebenenfalls im Juni entschieden. „Wir sind auch bereit zu notfalls neuen Sanktionen, die aber kein Selbstzweck sind“, sagte Merkel. „Wenn es eine neue Lage gibt, müssen wir neu entscheiden.“

Poroschenkos Ruf nach einem Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland schloss sich Merkel nicht an. Zu seiner Forderung sagte sie: „Ich konzentriere mich jetzt mal auf das Jahr 2015. Da haben wir alle Hände voll zu tun, um erst mal das Minsker Paket umzusetzen.“ Poroschenko hatte in der „Bild“-Zeitung verlangt, Russland die WM zu entziehen. Eine WM in Russland sei „undenkbar“, solange russische Soldaten in der Ostukraine kämpften.

Links: