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Bündnis mit „mehreren Achsen“

Seit längerem haben die USA bereits an einem Bündnis im Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) geschmiedet, am Freitag hat US-Außenminister John Kerry schließlich eine „Kernkoalition“ ausgerufen. Beim NATO-Gipfel im walisischen Newport appellierte Kerry an zehn NATO-Partner, an der Verhinderung des weiteren Vormarschs des IS mitzuwirken.

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An einem Treffen hätten Minister aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Dänemark, der Türkei, Polen, Kanada und Australien teilgenommen, hieß es. „Wir müssen sie (die IS-Milizen, Anm.) in einer Art angreifen, dass sie nicht weiter vorstoßen können“, schwor Kerry die Mitglieder der Kernkoalition ein. Zugleich müssten die irakischen Sicherheitskräfte gestärkt werden, erklärte der US-Außenminister zusammen mit US-Verteidigungsminister Chuck Hagel nach Gesprächen mit den Außen- und Verteidigungsministern der neun anderen Staaten.

Kein Überschreiten der „roten Linie“

Angriffe seien zwar notwendig, um die Extremisten zurückzudrängen und einen weiteren Vormarsch zu stoppen. Einig seien sich die Alliierten allerdings darin, dass ein Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen ist. Hier handle es sich um eine „rote Linie“ für alle Staaten, so Kerry. Es gehe stattdessen darum, die Iraker auszubilden, zu beraten und auszurüsten.

Unklar sei jedoch noch, wie viele Staaten die USA bei Luftangriffen auf Stellungen des IS im Irak unterstützen werden. Die Bildung des Bündnisses bedeute aber nicht, dass alle militärisch gegen IS im Irak aktiv werden. „Keine Entscheidung ist getroffen worden“, hieß es am Freitag von der britischen Regierung. Rund um die Zehnerkoalition solle sich jedoch künftig eine noch größere Alliiertengruppe bilden.

Obama: Werden IS so jagen wie Al-Kaida

Das Bündnis gegen IS soll US-Angaben zufolge noch vor der UNO-Vollversammlung in der letzten September-Woche stehen und „mehrere Achsen“ umfassen: So sollen die Verbündeten im Irak militärische Unterstützung erhalten, ausländische Kämpfer sollen nicht länger ins Konfliktgebiet einsickern, die humanitäre Krise soll gelindert und „die Ideologie des IS delegitimiert“ werden. Kerry gab sich überzeugt, dass die Zehnerkoalition „Gelegenheit haben wird, den IS zu zerstören“.

Nach den Worten von US-Präsident Barack Obama wird es den USA gelingen, ein schlagkräftiges Bündnis zur Vernichtung des IS um sich zu sammeln. Er sei zuversichtlich, dass eine Allianz mit einem ausreichend langen Atem zustande kommen werde, sagte Obama in Newport. „Wir werden nicht aufhören, Jagd auf sie (IS) zu machen“, kündigte er an. Es gehe darum, die Führung der Organisation auszuschalten. „Wir werden IS genauso verfolgen, wie wir Al-Kaida verfolgt haben“, sagte er. Zugleich müssten aber auch die irakischen Sicherheitskräfte gestärkt werden.

Obama will seine Strategie gegen IS am Mittwoch präsentieren. Dabei werde er „beschreiben, wie unser Aktionsplan aussehen wird“, kündigte Obama am Sonntag im Fernsehsender NBC an. Auf jeden Fall würden keine US-Bodentruppen eingreifen. Es werde keine Aktion „wie den Irak-Krieg“ geben, sagte Obama.

Iraks Außenminister begrüßt neue Allianz

Der irakische Außenminister Hoschjar Sebari begrüßte die geplante internationale Allianz. Dies sei eine „starke Botschaft der Unterstützung“, sagte Sebari am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.

„Das ist im Grunde unser Kampf, aber wir brauchen diese Unterstützung, da unsere eigenen Kapazitäten begrenzt sind“, sagte der Minister weiter. Dabei gehe es nicht um die Entsendung von Bodentruppen, sondern, wie von dem Bündnis angekündigt, um Unterstützung aus der Luft und mit Geheimdienstinformationen sowie um die militärische Ausrüstung der Kämpfer gegen den IS.

Merkel: „Besprechen weitere Maßnahmen“

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zeichnete am Rande des NATO-Gipfels die kommenden Schritte: „Diese Nationen, die diese Bereitschaft gezeigt haben, haben hier sinnvollerweise verabredet, dass sie in Kontakt bleiben, und die weiteren Maßnahmen miteinander zu besprechen“, sagte Merkel. Sie widersprach Berichten, dass die Runde von den USA einberufen worden sei. Es sei eine gemeinsame Aktion gewesen, „die keiner Aufforderung bedurfte“.

Auch Frankreich zeigte sich entschlossen. „Frankreich wird seine Verantwortung übernehmen“, sagte Staatspräsident Francois Hollande. Auf die Frage, um welche Aktionen es gehe, antwortete er: „Wir sind schon in Diskussionen.“ Ziel sei es, den IS am Handeln zu hindern. Das internationale Recht müsse dabei geachtet werden. Syrien sei ein anderer Fall, denn eine Zusammenarbeit mit Präsident Baschar al-Assad sei nicht denkbar.

Nach Berichten der BBC könnte auch der Iran eine mit den USA koordinierte Rolle im Kampf gegen den IS einnehmen. Das geistliche Oberhaupt des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, hätte dazu die Spitzen der iranischen Streitkräfte angewiesen, sich mit den USA, der irakischen Regierung und der kurdischen Armee abzustimmen, wie es in dem Bericht hieß. Weitere Details dazu gibt es nicht.

„Barbarische“ Taten der IS-Dschihadisten

Abseits der Abstimmungsbemühungen der USA haben die Staats- und Regierungschefs der NATO beim Gipfel die „barbarischen und verabscheuungswürdigen“ Taten des IS einstimmig verurteilt. Die Mitgliedsländer des Militärbündnisses seien sich in der Verurteilung des IS einig, unterstrich der britische Premierminister David Cameron. Die Drohungen der Islamisten „werden unsere Entschlossenheit zur Verteidigung unserer Werte nur verstärken“, betonte Cameron.

Bei einem Abendessen hatte Cameron die übrigen NATO-Mitglieder am Donnerstag aufgefordert, keine Lösegelder für Geiseln in der Hand der Islamisten zu zahlen. Das wäre „selbstzerstörerisch und eine Gefahr für uns zu Hause“, sagte der britische Premier. Wer Lösegeld an die Extremisten zahle, riskiere, dass dieses „in Waffen, in Terrorplanungen, in weitere Entführungen“ investiert werde. Britische Medien berichteten, Italien, Spanien und Frankreich hätten die Vereinbarung, kein Lösegeld zu zahlen, gebrochen.

Von IS „nicht einschüchtern lassen“

In einem Gastkommentar für die britische Tageszeitung „Times“ (Donnerstag-Ausgabe) beschworen Obama und Cameron ihre Entschlossenheit im Kampf gegen IS. „Wenn Terroristen denken, dass wir angesichts ihrer Drohungen schwach werden, dann könnten sie gar nicht mehr irren. Länder wie Großbritannien und die USA werden sich von barbarischen Killern nicht einschüchtern lassen“, schrieben Obama und Cameron. „Entwicklungen in anderen Teilen der Welt, besonders in Syrien und im Irak, bedrohen unsere Sicherheit zu Hause.“

Kanada entsendet Militärberater

Nach den USA will auch Kanada die irakischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen IS mit Militärberatern unterstützen. Wie das Büro des kanadischen Regierungschefs Stephen Harper am Freitag in Ottawa mitteilte, entsendet Kanada für mindestens einen Monat „einige Dutzend“ Militärberater in den Nordirak. Die USA unterstützen den Irak bereits mit derzeit 300 Militärberatern. Hinzu kommen 820 US-Soldaten zum Schutz von diplomatischen Einrichtungen und diplomatischem Personal.

Die Dschihadisten hatten am Dienstag ein Video von der Enthauptung des US-Journalisten Steven Sotloff verbreitet. Zuvor hatte IS bereits den US-Reporter James Foley enthauptet. Die Gruppe droht zudem mit der Enthauptung einer britischen Geisel. Die USA gehen seit Anfang August mit Luftangriffen gegen die sunnitischen Extremisten im Norden des Irak vor. Mehrere Staaten unterstützen zudem die kurdischen Kämpfer im Nordirak in ihrem Kampf gegen den IS mit Waffen.

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