Faymannn und Juncker tauschen Rollen
In Sachen Bankgeheimnis spielen Österreich und Luxemburg „Bäumchen, wechsle dich“: Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker will nun nichts mehr davon wissen, dass er Mitte April bereits den Widerstand gegen die EU-Mehrheit aufgegeben hatte - und damit erst die Debatte über das Thema in Österreich losgetreten hatte. Österreich wiederum bestätigte am Mittwoch in Brüssel sein Einlenken.
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Juncker weigerte sich am Mittwoch nach Kräften, einen festen Termin zur Reform der Zinsbesteuerungsrichtlinie zu akzeptieren. Stattdessen wolle sein Land an dem prinzipiell zugesagten Austausch von Bankdaten erst teilnehmen, wenn Abkommen mit Drittstaaten wie der Schweiz geschlossen seien. Österreich dagegen, bisher Verbündeter Luxemburgs, will sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zufolge dem Zeitplan der anderen EU-Staaten anschließen und die Reform der Richtlinie bis Jahresende vereinbaren.
Österreich und Luxemburg einzige „Neinsager“
Für 25 der 27 EU-Mitglieder ist der grenzüberschreitende Austausch von Informationen über mögliche Steuerhinterzieher kein Problem. Die Reaktionen auf dem Gipfel waren dementsprechend genervt: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verlangte, das Behindern des Informationsaustauschs müsse ein Ende haben. Frankreichs Präsident Francois Hollande betonte, die EU könne nicht zulassen, dass eines ihrer Mitgliedsländer erlaube, dass Gelder aus rein steuerlichen Motiven verschoben würden. Ende 2013 müsse es eine Entscheidung geben.
Luxemburg und Österreich hatten die schärferen Regeln zur Besteuerung von Zinserträgen bei grenzüberschreitenden Geldanlagen jahrelang blockiert. Juncker, der ansonsten als glühender Verfechter der europäischen Einigung gilt, pochte aber auf das strenge Bankgeheimnis als Vorteil des Finanzstandortes Luxemburgs. Statt den Heimatländern der Geldanleger eine individuelle Besteuerung zu ermöglichen, führten Luxemburg und Österreich eine anonyme Quellensteuer ab. Mitte April signalisierte jedoch Luxemburg Einlenken, Österreich folgte.
Faymann sieht „schlechten Tag für Steuerbetrüger“
Österreich und Luxemburg tauschten damit auf dem Gipfel die bisherigen Rollen - Österreich unterstrich die Bereitschaft zum Einlenken und Luxemburg „bockte“: Faymann betonte, das sei „ein schlechter Tag für Steuerbetrüger, weil wir gemeinsam vorgehen“. Juncker unterstrich, dass sein Land erst die Verhandlungen mit den Nicht-EU-Ländern abgeschlossen sehen wolle. Dann werde Luxemburg „vor Ende des Jahres entscheiden, ob und unter welchen Nebenbedingungen wir in den automatischen Informationsaustausch eintreten“.
Bisher blockierten Luxemburg und Österreich einen erweiterten Austausch von Steuerdaten innerhalb der EU. Sie fordern, dass zuvor entsprechende Abkommen mit den Nicht-EU-Ländern Schweiz, Liechtenstein, Monaco, San Marino und Andorra abgeschlossen werden, weil sie sonst Nachteile im Wettbewerb mit anderen europäischen Finanzplätzen fürchten. Außerdem geht es darum, die Zinsbesteuerung von reinen Bankzinsen auch auf Erträge von Investmentfonds und Stiftungen auszudehnen.
EU will „so schnell wie möglich“ Lösung
Das von Luxemburg und Österreich lange hinausgezögerte Ende des Bankgeheimnisses in der EU rückt jedoch unaufhaltsam näher. Zwar hieß es in der Gipfelabschlusserklärung als Zugeständnis an beide Länder lediglich, die Verhandlungen mit den Drittstaaten sollten „so schnell wie möglich beginnen“, und auch die Erweiterung des Zinsbegriffs wurde auf einen „zweiten Schritt“ vertagt. Beides jedoch will die EU bis Jahresende unter Dach und Fach haben.
Insofern handelte es sich bei Junckers Aussagen zu einem Gutteil um Theaterdonner: Auch Luxemburg stimmte schließlich der Gipfelerklärung zu. Noch im Juni soll die Kommission einen Vorschlag über die Ausweitung der Amtshilfe innerhalb der EU vorlegen. Die größte Hürde für die EU-Pläne dürften damit die kommenden Verhandlungen mit der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino über den Austausch von Bankdaten werden.
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