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Freibrief für Atomstromsubvention?

Beim Thema Energiekosten ist die Wunschliste der EU-Mitglieder für den Gipfel am Mittwoch lang: Kostengünstig soll die Energie sein, nachhaltig ebenso, die Abhängigkeit von Energielieferanten wie Russland soll reduziert werden, trotzdem soll der Energiemarkt befreit werden. Als Weg dorthin gibt es Bekenntnisse zur Energiesubventionierung. Wohin diese fließen soll, ist jedoch äußerst umstritten.

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„Die Versorgung mit bezahlbarer und nachhaltiger Energie für unsere Volkswirtschaften ist äußerst wichtig“, heißt es in dem Entwurf der Abschlusserklärung des EU-Gipfels am Mittwoch in Brüssel. In der jetzigen Krise müsse alles getan werden, um Wettbewerb, Arbeitsplätze und Wachstum zu fördern. Die Industrie sei auf billigen Strom und billiges Gas angewiesen. Noch vor Jahresende soll die EU-Kommission eine Analyse über die Preistreiber im Energiesektor vorlegen.

„Energieeffizienz“ kann vieles bedeuten

Um das Ziel günstiger Preise zu erreichen, seien „bedeutende Investitionen in eine neue und intelligente Energieinfrastruktur nötig“, heißt es in der Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Woher das Geld kommen soll, steht nicht in dem Papier. EU-Gipfelchef Herman van Rompuy beziffert die benötigten Investitionen auf eine Billion Euro bis zum Jahr 2020. Es gibt jedoch grünes Licht für die „Förderung von Energieeffizienz-Maßnahmen“.

Die Energiepolitik liegt in der Kompetenz der einzelnen EU-Staaten. Die Staaten sollten ihren Mix in der Energieversorgung erweitern, heißt es. Das umstrittene Thema Fracking, die Förderung von Schiefergas, taucht in der Erklärung nur indirekt auf. Die EU-Kommission werde „heimische Energiequellen darauf prüfen, wie sie sicher, nachhaltig und kosteneffizient“ genutzt werden könnten, heißt es. Es gibt auch Befürchtungen, dass davon auch gleich Atomstrom umfasst sein könnte.

Abtausch zwischen Atomkraft und Ökoenergie?

Der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) hatte im Vorfeld des Gipfels vor der möglichen Einführung von Subventionen für Atomkraftwerke durch die Hintertür gewarnt und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) deshalb aufgefordert, ein Veto gegen die Gipfelabschlusserklärung einzulegen. Laut der Erklärung sind künftig staatliche Förderungen im Energiebereich auch zulässig, um „gleiche Wettbewerbsbedingungen“ zu schaffen.

In EU-Kreisen in Brüssel gab es im Vorfeld des Gipfels Vermutungen, wonach Deutschland auf der einen Seite und Frankreich und Großbritannien auf der anderen einen stillschweigenden Deal aushandeln könnten. Demnach würden Paris und London nichts gegen eine von ihnen kritisierte übermäßige Förderung von Solar- und erneuerbarer Energie in Deutschland haben, wenn Berlin dem Ausbau der Atomkraft in ihren Ländern nichts entgegensetzt.

Kommission soll’s richten

Dass ökologische Gedanken angesichts der wirtschaftlichen Situation derzeit zweitrangig sind, wurde am Mittwoch auch aus den Äußerungen des luxemburgischen Regierungschefs Jean-Claude Juncker klar. „Die Amerikaner, andere auch, können ihre Industrie zu wesentlich günstigeren Energiebedingungen bedienen“, sagte Juncker. In den USA sei der Gaspreis „viermal niedriger als in Europa“. Man könne in der derzeitigen Lage nicht „klimapolitisch die Führung übernehmen, während andere sich zurücklehnen und nichts tun“.

Vor allem dient der derzeitige Gipfel aber ohnehin dazu, die heiße Kartoffel Energiepolitik an die Kommission weiterzuspielen. Sie soll bis Jahresende eine Strategie vorlegen, mit der Europa bei größtmöglicher Liberalisierung zu billiger Energie kommt, die dennoch dem Anspruch von Nachhaltigkeit genügt. Das Einzige, was die EU-Staatspreis dabei kategorisch ausschließen, ist die staatliche Vorgabe von Letztverbraucherpreisen. Ansonsten hat die Kommission aber freie Hand.

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