Starker Anstieg bei Steuereinnahmen
Einen nationalen Überschuss von mehr als einer halben Mrd. Euro für das Jahr 2019 hat Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) Mitte März bei seine Budgetrede im Parlament angekündigt. Er präsentierte dort das Doppelbudget für dieses und das kommende Jahr - mit teils merklichen Zuwächsen, aber auch mancher Einsparung.
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Ein Blick auf das Doppelbudget zeigt: Wenn die Regierung 2019 wie geplant keine Schulden mehr machen wird, dann ist das auch den deutlich gestiegenen Steuereinnahmen geschuldet. Mit mehr als 54,5 Mrd. Euro sind die „öffentlichen Abgaben“ ins Budget für 2019 eingepreist. Zum Vergleich: 2016 machte dieser Posten nur knapp über 48,5 Mrd. Euro aus.
Dahinter steht die guten Wirtschaftslage, die für mehr Investitionen, stärkeren Konsum und damit eben auch höhere Steuereinnahmen sorgt. Dass sich das Nulldefizit - wie von der Regierung versichert - ohne neue Abgaben ausgeht, sei also keine Überraschung, hieß es bereits im Vorfeld von vielen Experten. Aber wie bei jedem Budget gilt auch diesmal: Manche profitieren von den Plänen mehr als andere.
Viel Geld für Familien und Polizei
Die Senkung der Umsatzsteuer für den Tourismus kommt etwa direkt der Fremdenverkehrswirtschaft zugute. Profiteure der Finanzpläne der Regierung werden auch jene Eltern sein, die ab 2019 in den Genuss des „Familienbonus Plus“ kommen. Rund 1,2 Mrd. Euro an Mehrkosten wird die Maßnahme laut Berechnungen der Regierung verursachen (abgezogen sind da schon die Kosten für den Kinderfreibetrag und die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten, die beide im Gegenzug wegfallen).

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„Viel Geld in die Hand“ nimmt die Bundesregierung laut Löger auch im Bereich der Sicherheit. 700 Mio. Euro sollen bis 2023 in mehr Personal für die Polizei fließen. Das Verteidigungsbudget soll in den kommenden beiden Jahren um insgesamt 181 Mio. Euro aufgestockt werden. Das ist freilich deutlich weniger, als die FPÖ noch im Wahlkampf gefordert hatte. Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) lobte zwar die Budgeterhöhungen als „gesunde Basis“. Er verkündete aber zugleich, dass er mit dem Finanzminister um zusätzliches Geld für Sonderinvestitionen wie etwa neue Hubschrauber verhandle.
Nur 100 Mio. Euro für Pflegeregress eingepreist
Mehr Geld will die Regierung auch in den Pflegebereich fließen lassen. Hier soll das Budget bis 2019 um fast 200 Mio. Euro steigen. Beim Pflegegeld sind aufgrund der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen 64,5 Mio. Euro mehr veranlagt. Für die 24-Stunden-Betreuung ist ein Plus von sechs Mio. Euro budgetiert, der Pflegefonds bekommt 16,0 Mio. Euro mehr. Eine Valorisierung des Pflegegeldes, wie sie das Regierungsprogramm zumindest ab Pflegestufe vier vorsieht, ist aber offensichtlich noch nicht vorgesehen.

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Bis Mitte des Jahres will Löger mit Ländern und Gemeinden eine Einigung bezüglich des Pflegeregresses erreichen
Fraglich ist, wie hoch die Kosten für die Abschaffung des Pflegregresses ausfallen. Der Städtebund rechnet mit bis zu 650 Mio. Euro, die Länder und Gemeinden vom Bund zurückfordern wollen. Laut Löger soll bis Mitte des Jahres eine Einigung erzielt werden. Eingepreist sind die Zusatzkosten im Budget aber nur mit den ursprünglich geplanten 100 Mio. Euro.
Lücke in der Bildung „annähernd geschlossen“
Budgetaufstockungen wird es auch im Bildungs- und Forschungsbereich geben. 8,82 Mrd. Euro plant die Regierung heuer für die Bildung ein. Das sind rund 150 Mio. Euro mehr, als im Vorjahr ausgegeben wurde. Die rund 350 Mio. Euro an Mehrinvestitionen, von denen die Regierung zuletzt sprach, ergeben sich freilich nur im Vergleich zum Finanzrahmen der Vorgängerregierung. Wirklich mehr Geld wird den Schulen nicht bleiben. Denn die Mehraufwendungen decken in erster Linie die steigenden Personalkosten und Mieten. „Die Finanzierungslücke wird annähernd geschlossen“, hieß es dazu vom Bundeskanzleramt.
Löger verteidigt sein Budget
Im Nationalrat hat Finanzminister Löger sein Budget als „Zeitenwende“ bezeichnet. Im Interview mit der ZIB2 verteidigt er seine Rechnung.
Einen Satz nach oben macht das Budget im Bereich Wissenschaft und Forschung. In den kommenden beiden Jahren soll es um rund 400 Mio. Euro steigen. Der größte Brocken davon wurde freilich bereits in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen - und zwar die Anhebung des Unibudgets bis 2021. Für sie stimmten vergangenes Jahr im Nationalrat SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS.
Keine großen Sprünge bei Kunst und Umwelt
Leicht steigen soll das Budget im Bereich Kunst und Kultur. 2019 wird es laut Regierungsvorgaben dann aber erst einmal stagnieren. In Anbetracht der Inflation kommt das de facto einer Kürzung gleich, wie die Opposition bereits kritisierte. Auch die IG Autorinnen Autoren monierte die fehlende Teuerungsabgeltung.

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Kritik kam ebenso von Umweltorganisationen. Einen Großangriff auf den Umweltschutz sah etwa Greenpeace. Die Mittel für Umwelt, Energie und Klima werden laut Budget ab heuer zwar in geringem Ausmaß,aber sukzessive zurückgefahren. 2017 wurden für den Bereich 647,1 Mio. Euro ausgegeben. Heuer sollen es nur noch rund 627 Mio. Euro sein. Für 2019 sind dann noch rund 623 Mio. Euro eingeplant. Und für die folgenden Jahren rechnet die Regierung mit weiter sinkenden Ausgaben.
Altersteilzeit eingeschränkt
Einsparungen soll auch die Einschränkung der Altersteilzeit bringen. 2019 und 2020 steigt das Antrittsalter von derzeit 58 Jahren für Männer und 53 für Frauen um jeweils ein Jahr. Tatsächlich sind auch in diesem und im kommenden Jahr der größte Kostenpunkt im Budget die Pensionen. 9,2 Mrd. Euro zahlt der Bund heuer für die Beamtenpensionen. Weitere 9,6 Mrd. Euro gehen als Zuschuss in die Pensionsversicherungen. Insgesamt ist das ein Viertel des gesamten Budgets.
Schrumpfbudget für Asyl und Migration
Nicht ansatzweise können damit die Ausgaben im Bereich Asyl und Migration mithalten. Dort sind die Zahlen im aktuellen Budget erst einmal nur bedingt mit den vergangenen Jahren vergleichbar. Bis vergangenes Jahr wurden die Ausgaben im Punkt Recht/Asyl/Migration bilanziert und waren dem Bereich Inneres zugeordnet. 854 Mio. Euro waren 2017 dafür budgetiert.
Nun hat die Regierung in der Finanzübersicht einen eigenen Punkt Asyl/Migration geschaffen. Im Jahr 2018 ist dieser mit 420 Mio. Euro dotiert, im Jahr darauf nur noch mit 370 Mio. Euro Laut Finanzminister Löger soll sich dieser Betrag bis zum Jahr 2022 noch einmal auf 185 Mio. Euro halbieren.
„Auf Sicherheitsebene vorgesorgt“
Die Regierung begründet die geringeren Kosten mit den sinkenden Flüchtlingszahlen. Löger merkte in seiner Budgetrede zwar an, dass „wir hier eine international volatile Situation haben“ - sprich, es könnte etwa zu neuen Fluchtbewegungen kommen. Doch die Regierung habe hier vorgesorgt, so der Finanzminister - „auf der Sicherheitsebene“.
Entsprechend lässt die Regierung auch den mit 80 Mio. Euro jährlich dotierten Integrationstopf für das Bildungsministerium mit Ende dieses Jahres auslaufen. Die 40 Mio. Euro, die ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann zukünftig für die Einrichtung von Deutschklassen bekommt, machen nur die Hälfte des bisherigen Betrags aus.
Weniger Geld für Auslandskatastrophenfonds
Gekürzt hat die Regierung auch die Mittel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, konkret die Gelder für den Auslandskatastrophenfonds (AKF). Im Budget sind für dieses Jahr anstatt der geplanten 20 Mio. Euro nur noch 15 Mio. vorgesehen. Auch wenn im Wahlprogramm der ÖVP noch von einer Verdreifachung des AKF die Rede war. Auch die 2016 beschlossene Verdoppelung der bilateralen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit bis 2021 lässt sich im nunmehrigen Doppelbudget noch nicht erkennen. Vor allem Hilfsorganisationen zeigten sich enttäuscht.
Nach der teils heftigen Kritik stellte Löger noch eine Rücknahme der Kürzungen in Aussicht. Es gebe eine „entsprechende Nachbearbeitung“, sagte er in der ZIB2. „Ich werde persönlich dafür eintreten und ich bin auch im Gespräch, dass wir für den Auslandskatastrophenfonds auf jeden Fall auch die Höhe beibehalten werden“, so Löger.
„Fingerspitzengefühl“ des Infrastrukturministers
Viel war im Vorfeld von Kürzungen im Ressort von Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) die Rede. Tatsächlich stieg das Budget des Ministeriums im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht. Im Vergleich mit dem noch von der Vorgängerregierung vorgelegten Finanzrahmen muss der Infrastrukturminister allerdings sparen. Rund 200 Mio. Euro pro Jahr macht der Unterschied bis 2019 aus.
Löger attestierte in der Budgetrede seinem Ministerkollegen Hofer denn auch „Fingerspitzengefühl im Bereich der ÖBB“. Der Infrastrukturminister habe „eine gute Balance gefunden“ zwischen Investitionen und einer „kritische Prüfung von Projekten, die seit Jahren laufen“.
Laufende Projekte wurden bekanntermaßen auch im Arbeits- und Sozialbereich eingestellt. Die Abschaffung der „Aktion 20.000“ und des Beschäftigungsbonus fällt für die Regierung unter die „Rücknahme von ineffizienten und antizyklischen Maßnahmen“. Das ist laut der Regierung ein Teil des „Sparens im System“.
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