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Letztes Wort beim UNO-Sicherheitsrat

Bei einer „Stabilisierungskonferenz“ für das nordafrikanische Bürgerkriegsland Libyen haben Vertreter von mehr als 20 Staaten - darunter alle Vetomächte des UNO-Sicherheitsrates - am Montag in Wien Vorbereitungen für Waffenlieferungen an die „Regierung der nationalen Einheit“ und ihr loyale Truppen getroffen. Ein Schritt, der zu früh kommen und Chaos statt der erhofften Stabilität bringen könnte.

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Zwar ist mit der Absichtserklärung der unterzeichnenden Staaten, man sei bereit „den Forderungen der libyschen Regierung in Bezug auf Training und Ausrüstung der Präsidentengarde und der legitimen Streitkräfte“ zu entsprechen, noch nichts entschieden. Das letzte Wort liegt beim UNO-Sicherheitsrat, der Ausnahmen des für Libyen geltenden Waffenembargos bewilligen muss.

Während das höchste UNO-Gremium jedoch vor einem guten Jahr noch mit großer Mehrheit gegen die libysche Forderung nach Waffen für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) stimmte, finden sich nun alle fünf UNO-Vetomächte (China, Russland, Großbritannien, Frankreich und die USA) unter den Unterzeichnern der Wiener Erklärung. Ein mehr als starker Hinweis dafür, dass eine neuerliche Abstimmung - die libysche „Einheitsregierung“ hat eine solche bereits beantragt - anders ausgehen könnte.

Baldige Offensive gegen IS-Hochburg Sirte?

Allein die Tatsache, dass die jetzige Bitte um militärische Unterstützung von einer ganz anderen libyschen Regierung kommt als noch vor einem Jahr, sollte der internationalen Gemeinschaft jedoch Anlass zur Vorsicht geben. Galt bis vor wenigen Monaten noch die Regierung unter Armeechef Khalifa Haftar in Tobruk als legitim und international anerkannt, ist sie es nun, die der von den Vereinten Nationen eingesetzten „Regierung der nationalen Einheit“ in Tripolis die Zustimmung verweigert.

Und auch wenn die Regierung von Premier Fajes al-Sarradsch viele der rund um Tripolis und der Küstenstadt Misrata herrschenden Milizen zur Kooperation bewegen konnte, rittern im Rest des Landes immer noch eine Vielzahl verschiedenster Gruppierungen um Einfluss. Neben jenen, die unter Einfluss von General Haftar stehen, vor allem der IS sowie diverse andere dschihadistische Milizen. Zum Sturm auf die IS-Hochburg Sirte bliesen zuletzt zugleich die Truppen der Einheitsregierung sowie jene von General Haftar.

US-Waffenlieferungen in Syrien als Vorbild

Alles andere als übersichtliche und stabile Verhältnisse also. Ob so die Voraussetzungen für von der UNO genehmigte Waffenlieferungen in ein Bürgerkriegsland aussehen sollten, darf zumindest bezweifelt werden. Umso mehr als US-Waffenlieferungen an sogenannte gemäßigte Rebellen in Syrien durchaus als Beispiel dienen können.

Im Herbst 2014 vom Kongress gebilligt, wurden die Ausbildung und Ausrüstung dieser Gruppen ein Jahr später wieder auf Eis gelegt. Einige der „moderaten Rebellen“ hätten ihre Waffen dem Al-Kaida-Ableger Al-Nusra-Front übergeben, musste das US-Verteidigungsministerium zähneknirschend eingestehen.

Barbara Essig/APA

Link:

Libyen-Konflikt (Wikipedia)