Themenüberblick

Ombudsfrau über Triloge

„Wenn Sie eines Morgens aufwachen und entdecken, dass die Roaminggebühren abgeschafft oder ein neues Gesetz beschlossen wurde - dann ist die Ursache dafür ein Prozess, der sich Trilog nennt. Und weil es Sie direkt betrifft, müssen Sie mehr über diesen Prozess wissen“, so die EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly zur Bedeutung von Trilogen und dem von ihr eingeleiteten Prüfverfahren.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

„Der Rat, also die EU-Mitgliedsländer, das Parlament und die Kommission sind in einem Raum zusammengekommen und haben einen Deal geschlossen. Und damit werden Sie nun leben müssen“, so versucht O’Reilly die Wirkung von Trilogen im Interview mit ORF.at kurz und verständlich zu skizzieren.

Rund 90 Prozent aller EU-Gesetze werden mittels informeller Triloge - also Absprachen im kleinen Kreis und unter strengster Geheimhaltung - beschlossen. Und 78 Prozent werden sogar bereits vor der ersten Lesung mittels Trilog soweit fertig zwischen Rat, Parlament und Kommission ausverhandelt, dass sie dann von den eigentlich verantwortlichen Gremien - sprich dem Parlamentsplenmum und den Fachministern der 28 EU-Staaten - zumeist nur noch durchgewinkt werden.

EU-Ombudsmann Emily O’Reilly

ORF.at/Guido Tiefenthaler

„Politisches Spiel“

Ob das Parlament durch die Triloge - es gibt mehr als 1.000 jährlich - in seiner Kontrollfunktion nicht geschwächt werde, auf diese Frage wollte O’Reilly nicht direkt eingehen. Das sei ein „politisches Spiel“. Es gebe diese Meinung, aber auch die Gegenmeinung, wonach das Parlament durch die Triloge an Gewicht zugelegt habe. O’Reilly hofft nach eigenen Angaben durch mehr Transparenz in den Trilogen auf eine politische Debatte über Änderungen im derzeitigen, großteils informellen Gesetzgebungsverfahren.

Denn die EU-Verträge würden es erfordern, dass die Gesetzgebung öffentlich nachvollziehbar ist. Skeptisch zeigt sich O’Reilly in Bezug auf die „Better Regulation“-Agenda von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Dieses Programm, das Verwaltungsvereinfachung und weniger Regulation verspricht, zielt nicht zuletzt auch in Richtung des bevorstehenden „Brexit“-Referendums über Austritt oder Verbleib des Vereinigten Königreichs bei der EU.

Die Ombudsfrau sieht genau deshalb die Gefahr, dass einige bessere Regulierung vor allem als „schnellere Gesetzgebung verstehen werden“, weniger als verstärkte demokratische Rechenschaftspflicht.

Dritte Frage zum Trilog

Die im Frühjahr zu Trilogen eingeläutete Untersuchung O’Reillys geht demnächst in die zweite Phase, eine rund einmonatige öffentliche Konsultation. Jeder, der sich für das Thema interessiert, kann seine Meinung, Argumente und Fragen zu Trilogen schriftlich bei der Ombudsstelle einbringen. Möglicherweise noch heuer wird dann O’Reilly ihren Bericht mit - allerdings nicht verbindlichen - Empfehlungen veröffentlichen.

Die Triloge hätten sich über die Jahre als informeller Prozess neben dem offiziellen Gesetzgebungsprozess herausgebildet. Der Vorteil sei, dass damit der Prozess meist beschleunigt werde. Dem stehe die mangelnde Transparenz gegenüber. Für O’Reilly stellt sich neben der Transparenz eine weitere Frage: „Ist es die optimale und beste Gesetzgebung, die wir auf diese Weise bekommen?“

Von dem Argument, dass - im Falle einer Öffnung der Triloge - informelle Gespräche anderswo stattfinden würden, hält die Ombudsfrau nichts: Das bedeute jedenfalls nicht, dass man die Nachvollziehbarkeit der Trilog-Verfahren nicht „viel genauer untersuchen sollte - insbesondere angesichts ihrer Schlüsselrolle“.

„Tür zu anderen Aspekten“

Auch wenn ihre Empfehlungen weder für Kommission noch Rat oder Parlament verpflichtend sind, so erwartet O’Reilly trotzdem, dass ihr Bericht nicht folgenlos bleibt: Indem man das Trilog-Verfahren auf Transparenz prüfe, öffne man „auch eine Tür zu allen anderen mit Trilogen verbundenen Aspekten.“

Guido Tiefenthaler, ORF.at, aus Brüssel

Links: