„Wir können uns nicht raushalten"
Nach dem Einschlag von Mörsergranaten aus Syrien hat die Türkei am Montag Panzer und gepanzerte Fahrzeuge in die Grenzstadt Mürsitpinar verlegt. Mindestens 15 Panzer bezogen Stellung auf einer Anhöhe, von der aus die Stadt Ain al-Arab zu sehen ist. Sie richteten ihre Rohre nach Syrien aus. Zudem wurden weitere Panzer und gepanzerte Fahrzeuge in das Grenzgebiet gebracht, um dieses zu sichern.
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Mürsitpinar liegt gegenüber der syrischen Kurdenstadt Ain al-Arab (kurdisch: Kobane), auf die die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) vorrückt. Am Grenzübergang Mürsitpinar kehrten viele junge Syrer wieder in ihre Heimat zurück. Viele von ihnen gaben an, in den Kampf gegen den IS zu ziehen. Die Türkei gestattet syrischen Kurden die Rückkehr, verbietet aber türkischen Kurden, sich den Kämpfern anzuschließen.
Heftige Kämpfe um Ain al-Arab
Ain al-Arab war indessen weiter heftig umkämpft - seit dem Wochenende spitzt sich der Kampf um die Stadt immer mehr zu. Der IS versucht seit Tagen, die strategisch wichtige Stadt einzunehmen. Die Angriffe auf die Stadt erfolgten zuletzt aus allen Richtungen - die Terrormiliz setze dabei schwere Artillerie ein. Am Montagnachmittag hieß es, sie Extremisten seien nur noch vier bis sieben Kilometer von dem Ort entfernt, wie der Vorsitzende der selbst ernannten Regionalregierung des Gebiets, Anwar Muslim, der Nachrichtenagentur dpa telefonisch mitteilte.

APA/AP/Burhan Ozbilici
Türkische Panzer nehmen entlang der Grenze zu Syrien Aufstellung
Auf der türkischen Seite der Grenze waren Feuerwechsel und Granateneinschläge in der Stadt zu hören. Über Ain al-Arab stand eine schwarze Rauchsäule. Auch in der Türkei schlugen nach Angaben des Generalstabs zwei aus Syrien abgefeuerte Mörsergranaten ein. Das türkische Militär habe zurückgeschossen.
Ankara verkündete Kurswechsel
Bereits zuvor kündigte die türkische Regierung an, das Parlament noch in dieser Woche um grünes Licht für eine Beteiligung an den US-geführten Angriffen gegen den IS zu bitten. Solange der IS Dutzende türkische Staatsbürger in seiner Gewalt hielt, verweigerte Ankara den USA ein militärisches Engagement im Kampf gegen die Extremisten. Nach der Freilassung der türkischen Geiseln hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan einen Kurswechsel verkündet. „Wir können uns nicht raushalten und werden dort sein, wo wir gebraucht werden“, sagte er.
Ein Antrag auf Zustimmung wird ab Dienstag im Parlament erwartet, für Donnerstag ist eine Debatte vorgesehen. Die Regierung hofft auf grünes Licht noch vor den muslimischen Eid-Feiertagen, die am Samstag beginnen. Erdogan, dem zunächst eine Tolerierung der sunnitischen Islamisten unterstellt worden war, warf dem IS am Montag „Wildheit und Gewalt“ vor. Wer sich bei „Terrorakten“ auf den Islam berufe, „verdreht die Wahrheit“, sagte er in einer Rede in Istanbul. Der Islam sei „eine Religion des Friedens“.
Erdogan bekräftigte unlängst, dass sein Land eine militärische Unterstützung für die von den USA angeführte Koalition gegen IS erwägt. Einen Einsatz von Bodentruppen schloss Erdogan nicht aus. Zugleich betonte er aber, dass langfristig ein militärisches Vorgehen gegen den IS nicht ausreiche, um die Dschihadistenmiliz zu besiegen. Bomben könnten nur eine „provisorische Lösung“ sein, sagte Erdogan.
Kurden dem IS offenbar unterlegen
Die Dschihadisten versuchen seit Tagen, Ain al-Arab einzunehmen. Vor mehr als einer Woche hatten sie Dutzende Dörfer im Umland unter ihre Kontrolle gebracht und eine Massenflucht Richtung Türkei ausgelöst. Die Orte liegen an der türkischen Grenze in einer Enklave, die bisher von den kurdischen Volksschutzeinheiten beherrscht wurde. Bisher versuchten kurdische Kämpfer, die Extremisten zurückzudrängen. Berichten zufolge dürften sie sowohl von der Anzahl als auch von der Ausrüstung her den IS-Kämpfern unterlegen sein.
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