Themenüberblick

„Das können’s keinem erzählen“

In der Causa Blaulichtfunk ist am Donnerstag zunächst vor allem die Frage im Mittelpunkt gestanden, welche Rolle der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly bei der Vergabe des Auftrags an das Tetron-Konsortium hatte und wie die Geldflüsse liefen. Der U-Ausschuss versuchte das Geflecht an Beraterverträgen, Lobbyisten, Konzernen und dem von Minister Ernst Strasser (damals ÖVP) geleiteten Innenministerium zu entwirren.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Nachdem der Motorola- und Tetron-Manager Hans-Joachim Wirth schlicht nicht erschienen war, waren noch der frühere Motorola-Manager Josef Neureiter, Anton Lerchner vom Rechnungshof, Telekom-Mitarbeiter Matthias Maierhofer sowie der Berater für Motorola bei der Vergabe, Herbert Martin, und Verena Karimi, PR-Beraterin und Ex-Frau von Christoph Ulmer, ehemaliger Kabinettschef Strassers, an der Reihe. Dabei wurde laut Ansicht der U-Ausschuss-Mitglieder Peter Pilz (Grüne) und Stefan Petzner (BZÖ) offensichtlich, dass die Firma Valurex zum Lobbyisten Mensdorff-Pouilly gehört. Über diese Firma wurden Zahlungen in Höhe von 4,6 Millionen Euro abgewickelt.

Rechnungshof-Prüfer Anton Lerchner

APA/Helmut Fohringer

Lerchner: Ministerium schloss „mangelhafte“ Beraterverträge ab

Unklare Rolle Ulmers

In den Befragungen zeigte sich aber auch, dass der Riesenauftrag, ein österreichweites einheitliches Behördenfunknetz aufzubauen, zu einem riesigen Gezerre führte. Der Rechnungshof-Prüfer Lerchner kritisierte dabei offen die Rolle der Berater.

Lerchner bezeichnete in seiner Aussage das Vergabeverfahren zwar als „nachvollziehbar“. Er kritisierte aber die hohen Kosten für das Funksystem Tetron und auch die Tatsache, dass Strassers Ex-Kabinettschef Ulmer während der Neuausschreibung vom Ministerium als Berater engagiert wurde - unentgeltlich zwar, aber mit Spesenersatz.

Und Lerchner betonte laut „Standard“, dass das Innenministerium widersprüchliche Aussagen zu Ulmers Rolle gemacht habe. Daher sei dem RH nicht klar, für wen Ulmer - der offiziell Berater des Ministeriums war - tätig war. Zwei Drittel der insgesamt 28 Verträge, mit denen das Ministerium Berater engagierte, waren laut Lerchner „mangelhaft“ - und überflüssig, da es das nötige „Expertenwissen“ im Ministerium und der Finanzprokuratur gegeben hätte. Zudem gäbe es keine Aufzeichnungen über die tatsächlich erbrachten Leistungen der Berater.

Hohe Kosten, nur Stückwerk

Was das Projekt selbst betrifft, kritisierte der RH-Beamte, dass drei Jahre nach dem vermeintlichen Projektende noch immer nicht der Vollbetrieb aufgenommen ist und die Gesamtkosten (inklusive der Nutzungskosten) mehr als eine Mrd. Euro betragen. Bestätigt wurde von Lerchner die Darstellung des Innenministeriums, wonach der ursprüngliche Vertrag mit mastertalk auch aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt wurde. Beim Projekt ADONIS wären nämlich die Kosten für die Nutzung von der Teilnehmerzahl abhängig gewesen und hätten im besten Fall 24 und im schlimmsten Fall 87 Mio. Euro ausgemacht. Bei Tetron dagegen sind die Betriebskosten von der Zahl der Nutzer unabhängig.

„Superkunde“ Motorola

Doch nicht nur die Auswahl der Berater durch das Innenministerium sorgte am Donnerstag für Erstaunen - auch das Vorgehen des Weltkonzerns Motorola löste diesbezüglich ungläubiges Staunen im Saal aus. Denn die Ex-Frau des Ex-Kabinettschefs Christoph Ulmer von Ex-Minister Ernst Strasser, Verena Karimi, wurde von Motorola als PR-Agentin für das Unternehmen Tetron ausgewählt. Karimi schwärmte vor dem U-Ausschuss von ihrem „Superkunden“ Motorola, der von sich aus auf das Ein-Frau-Unternehmen zugegangen war und ihr den Job, der mehr als 200.000 Euro einbrachte, anbot.

„Motorola ist an mich herangetreten“, schilderte sie den staunenden Abgeordneten im U-Ausschuss, sie könne sich um die PR-Beratungsleistung für das Unternehmen bewerben. Konkret sei der deutsche Motorola-Manager Hans-Joachim Wirth - er war am Donnerstag trotz Ladung nicht vor dem U-Ausschuss erschienen - zu ihr gekommen. „Ich kannte Herrn Wirth vorher nicht.“ Nach einer Einschulung in Berlin - auf Kosten von Motorola - habe sie den Vertrag bekommen.

PR-Kompetenz durch WIFI-Kurs

„Der Weltkonzern Motorola kommt ausgerechnet auf Frau Karimi, ein Einpersonenunternehmen, und nicht auf eine große österreichische Agentur, das können’s keinem erzählen“, platzte Petzner der Kragen, der so wie andere Ausschussmitglieder offenbar eher ihren Ex-Mann Ulmer als möglichen Jobvermittler sieht. Sie habe damals viele Kontakte gehabt, meinte dagegen Karimi: „Ich hatte als Agentur einen gewissen Ruf.“

In der Befragung musste Karimi aber einräumen, dass sie ihre Agentur als GmbH überhaupt erst im April 2004 gegründet habe, auch weil dies für Motorola einfacher gewesen sei. Außerdem habe sie viele Leute im ÖVP-Bundesparteibereich betreut, so Karimi. Die studierte Juristin verwies auf ihre PR-Kompetenz, sie habe einen WIFI-Kurs für Werbung besucht.

Flugspesen gemeinsam abgerechnet

Während Karimis Ex-Mann Christoph Ulmer für das BMI als Berater tätig war, war seine Ex-Frau als PR-Beraterin für Motorola tätig. Bei Besprechungen mit Motorola-Manager Wirth in London sei sie mit Ulmer essen gegangen. Dass Karimi einen London-Chicago-London-Flug von Ulmer zur Motorola-Zentrale auf ihre Spesenrechnung setzte, erklärte sie im U-Ausschuss damit, dass es für Motorola wegen des Papierkrams „zu umständlich“ gewesen sei, das direkt an Ulmer zu bezahlen.

Auch den ÖVP-nahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly kenne sie, weil sie mit seiner Frau und früheren Ministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) gemeinsam den Jagdschein gemacht habe. Aus diesem Anlass sei der ganze Kurs nach Luising ins Burgenland eingeladen worden. Sie habe Mensdorff-Pouilly immer als einen „netten, großzügigen Gentleman“, bei dessen Anblick man keineswegs die Straßenseite wechsle in Erinnerung.

TA zahlte 1,1 Mio. für selbst gemachtes Gutachten

Der Telekom-Austria-Mitarbeiter Matthias Maierhofer wiederum brachte etwas Licht in einen anderen Teilaspekt der Behördenfunkcausa: Maierhofer erklärte, er selber habe das Gutachten zum Projekt „Infotech“ geschrieben - dafür hatte die TA immerhin der MPA Budapest des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly 1,1 Mio. Euro bezahlt.

Der Verdacht - beruhend auf entsprechender Aussage des Kronzeugen in der TA-Affäre, Gernot Schieszler - lautet: Das Gutachten war ein Scheingeschäft, um den Lobbyisten für seine Dienste beim Behördenfunk-Vergabeverfahren zu bezahlen. Dieser Verdacht wurde durch Maierhofers Darstellung indirekt erhärtet. Der TA-Mann betonte jedenfalls vor dem U-Ausschuss, er habe nie mit der MPA oder Mendsorff-Pouilly zusammengearbeitet.

Moser fürchtet Chaos bei nächster Sitzung

Ausschussvorsitzende Gabriela Moser (Grüne) warnte nun, dass bei der nächsten Sitzung des U-Ausschusses Chaos ausbrechen könnte. Die anderen vier Parteien hätten nämlich gegen den Willen der Grünen Zeugen zu zwei Beweisthemen „durcheinander“ geladen. So ist etwa Ex-Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer um 9.00 Uhr zur Causa Behördenfunk und um 10.00 Uhr zum Glücksspiel geladen.

Die neue Ladungsliste wurde notwendig, weil die Ausschusssitzung am Mittwoch wegen der Nationalratssondersitzung abgesagt werden musste. Nun werden am Dienstag zwei zusätzliche Zeugen geladen und das Thema Blaulichtfunk abgeschlossen und das Thema Glücksspiel begonnen. Nicht nur, dass die Sitzung bis spät in den Abend andauern werde und das am Tag vor der Nationalratssitzung, die Themenvermischung werde zudem Chaos und Verwirrung verursachen, kritisierte Moser.

Links: