Mehr als nur ein Stolperstein
Es ist einer der größten Posten auf der Einnahmenseite des Sparpakets. Die Regierung vermutet zwölf bis 20 Mrd. Euro an „unversteuerten österreichischen Geldern“ in Schweizer Banken - und davon wurde schon über eine Milliarde für 2013 als Abgabe eingeplant. Das sei sehr optimistisch, meinen Kritiker. Denn der Plan stehe auf mehr als wackeligen Beinen.
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Der Ansatz der Bundesregierung sieht vor, dass bisher in der Schweiz liegendes und nicht versteuertes Geld von Österreichern mit Wohnsitz in Österreich einmal mit einer Steuer zwischen 19 und 34 Prozent belegt wird. Das soll eine Mrd. Euro erbringen. Danach sollen künftig die Zinserträge auf diese Gelder mit 25 Prozent besteuert werden - analog der heimischen Kapitalertragssteuer.
Schweiz bremst
Das soll künftig jährlich 50 Mio. Euro bringen. In beiden Fällen würde der österreichische Fiskus zwar das Geld erhalten, nicht aber Informationen über die Identität der Betroffenen. Wer sein Geld davon befreien will, kann sich „outen“, das soll dann als strafbefreiende Selbstanzeige gewertet werden, das Geld wäre aber künftig nicht mehr anonym. Von dieser „Steueramnestie“ nicht erfasst ist Geld, das aufgrund von Verbrechen erwirtschaftet wurde bzw. von Personen, die jetzt schon strafrechtlich verfolgt werden.
Anders als die Regierung ist man in der Schweiz weit weniger zuversichtlich, was eine rasche Einigung betrifft. Während es aus dem Finanzministerium hieß, man sei schon „sehr lang in Grundsatzgesprächen mit den Schweizer Behörden“, dementierte das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Bern laufende Verhandlungen. SECO-Sprecher Mario Tuor bestätigte nur, dass Österreich bereits Interesse an Gesprächen gezeigt habe. Verhandelt würde wohl erst werden, wenn entsprechende Abkommen mit Deutschland und Großbritannien in Kraft seien. Ein Inkrafttreten schon 2013 schätzte er gegenüber Ö1 als sehr unrealistisch ein - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Auch Vorbildabkommen wackelt noch
Vorbild ist ein Abkommen, das die Schweizer mit Deutschland ausgehandelt und im Herbst 2011 unterschrieben haben. Allerdings stockt in Deutschland die Ratifizierung des Abkommens, das dem deutschen Fiskus zehn Mrd. Euro bringen soll. Zunächst hatten einige SPD-geführte Länder kritisiert, dass man Steuersünder mit einer Abgeltungssteuer von 26,4 Prozent zu billig wegkommen lasse, woraufhin der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) versuchte, mit der Schweiz nachzuverhandeln.
Und jetzt fordern Länder wie Bayern einen größeren Anteil am Kuchen. Eine Abstimmung im Bundesrat steht noch aus, ein Ja ist derzeit unwahrscheinlich. Im Windschatten Berlins hätte Wien gute Chancen, meinte der Finanzrechtsexperte Roman Leitner in der ZIB24. Scheitert der deutsche Plan allerdings noch, wären auch die österreichischen Ambitionen erschwert.
EU skeptisch
Bedenken gibt es auch aus der EU: Schon der Deal Deutschlands mit der Schweiz wurde vom zuständigen Steuerkommissar Algirdas Semeta kritisch gesehen. Laut Abkommen mit der Schweiz muss die Schweiz eine Quellensteuer von Zinseinkünften in Höhe von 35 Prozent einheben. Und genau diese EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie würde durch das Abkommen ausgehebelt. Schäuble meldete zuletzt, er habe die Zweifel der EU ausräumen können: „Von dort gibt es keine Einwände mehr.“
Für Wien sieht der Fall aber noch einmal anders aus: Österreich und Luxemburg sind die einzigen EU-Mitgliedsländer, die beim automatischen Informationsaustausch der EU-Zinsrichtlinie nicht mitmachen. Sie agieren wie die Schweiz: Kapitalerträge werden zwar besteuert und abgeführt, die Daten aber nicht ans Ausland weitergegeben. Dementsprechend sieht die EU-Kommission den von Österreich angepeilten Steuersatz von 25 Prozent als eine Aushebelung des EU-Rechts, berichtete der „Standard“ (Dienstag-Ausgabe). Sollte Österreich die anonyme Besteuerung tatsächlich aushandeln wollen, müsste man den Prozentsatz auf 35 Prozent festlegen, heißt es weiter.
ATTAC: Hilfe für Steuersünder
Grundsätzliche Kritik kommt von der NGO ATTAC: Sie sieht in den Plänen den Kampf gegen die internationale Steuerflucht torpediert. Steuerbetrüger könnten demnach gegen eine geringe Abgabe völlig anonym ihr Schwarzgeld legalisieren, heißt es in einer Aussendung. Vermögende würden damit quasi belohnt - und das sei bezeichnend für das ganze Sparpaket. Auch das Vorbildabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz enthalte zahlreiche Schlupflöcher und lasse Schwarzgeld auf Schweizer Konten unentdeckt bleiben. ATTAC fordert stattdessen, dass Österreich dem automatischen Informationsaustausch der Finanzbehörden in der EU „endlich zustimmt“.
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