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Konsumentenverträge ausgenommen

Über eine Steuer auf Finanzmarktgeschäfte wird seit Jahrzehnten diskutiert - jetzt hat die EU-Kommission ein Konzept beschlossen. Die Idee einer Finanztransaktionssteuer (FTT) geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück.

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Der US-Wirtschaftswissenschaftler brachte 1972 eine Steuer auf alle grenzüberschreitenden Devisenspekulationen ins Spiel. Er schlug damals eine Abgabe von einem Prozent vor. Vor allem Globalisierungskritiker fordern seit Jahren eine Spekulationssteuer - sie sprechen von 0,1 bis 0,25 Prozent. Die Idee dieser „Tobin-Tax“ war auch einer der zentralen Gedanken bei der Gründung des Netzwerks ATTAC: Die französische Abkürzung steht für „Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger“.

Minimaler Satz mit großer Wirkung

Im Zuge der schweren Wirtschaftskrise, die auf die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers im September 2008 folgte, flammte die Debatte über eine Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise wieder auf. Selbst ein Steuersatz von lediglich 0,01 bis 0,05 Prozent für alle Finanzprodukte - von Aktien über Devisen und Anleihen bis zu hochriskanten Papieren - würde EU-weit Dutzende Milliarden Euro an Steuereinnahmen bringen.

Im Herbst 2009 stand die Steuer beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) auf der Tagesordnung, beschlossen wurde sie damals aber - einmal mehr - nicht.

Die Eckpunkte des Vorschlags

Laut Kommissionsvorschlag soll die Steuer einheitlich in der gesamten EU gelten, um die Gefahr der Verlagerung von Transaktionen zu reduzieren. Die EU will Mindeststeuersätze festlegen, die von den nationalen Regierungen jedoch überschritten werden dürfen. Grundsätzlich sollen alle Finanztransaktionen erfasst werden. Die Emissionsmärkte (Primärmärkte) von Anleihen und Währungen sollen jedoch nicht besteuert werden, um die Kapitalbeschaffung von Regierungen und Unternehmen nicht zu erschweren.

Innerhalb der EU soll die Steuer dort erhoben werden, wo das Unternehmen seinen Sitz hat. Wird das Geschäft in Nicht-EU-Ländern ohne Transaktionssteuer abgewickelt, fällt die Steuer in dem EU-Land an, in dem das handelnde Unternehmen seinen Sitz hat. Konsumentenverträge - beispielsweise Versicherungen, Hypotheken, Kredite - fallen nicht unter die neue Steuer. Für die Zahlung der Steuer sollen grundsätzlich die Finanzunternehmen verantwortlich sein. Einzelpersonen sollen aber in bestimmten Fällen herangezogen werden können.

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