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Sorge um „sicheren Hafen“

In den USA tobt ein heftiger Streit über die Anhebung der gesetzlichen Schuldengrenze. Sollten sich Demokraten und Republikaner nicht bis zum 2. August einigen, dann könnten die USA nicht mehr alle Rechnungen bezahlen.

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Das dürfte gravierende Folgen nicht nur für die USA, sondern für das gesamte Weltfinanzsystem haben - insbesondere wenn die Vereinigten Staaten ihrem Schuldendienst nicht mehr voll nachkommen könnten. Die Fronten zwischen Republikanern und Demokraten sind verhärtet und eine Einigung nicht absehbar.

Warum könnte der US-Regierung das Geld ausgehen?

Bereits Mitte Mai hatten die Schulden der USA die gesetzliche Grenze von knapp 14,3 Billionen Dollar erreicht. Finanzminister Timoty Geithner hat seitdem mit Sondermaßnahmen verhindert, dass die USA zahlungsunfähig werden. Sollte der Kongress bis zum 2. August die Schuldengrenze nicht anheben, wird die Regierung wohl nicht mehr alle Rechnungen bezahlen können. Allerdings könnte sich dieses Datum auch noch um einige Tage verschieben, da zuletzt die Steuereinnahmen höher als erwartet ausfielen. Laut der deutschen Commerzbank könnte das US-Finanzministerium noch bis 12. August ohne Ausgabensperren auskommen.

Welche Ausgaben müsste die Regierung streichen?

Insgesamt müssten die USA laut Commerzbank im August Ausgaben in Höhe von 130 Milliarden Dollar streichen. Das entspreche rund zehn Prozent der Wirtschaftsleistung. Um auf diese Summe zu kommen, müssten die USA beispielsweise den Sold für Soldaten und die Gehaltszahlungen für Bundesangestellte einstellen. Die Ausgaben müssten sofort wegfallen. „Werden derartige Kürzungen für mehr als einige Tage vorgenommen, könnte das die Wirtschaft in eine Depression stürzen“, heißt es in der Commerzbank-Studie. Nur rund 60 Prozent der Ausgaben sind derzeit durch Steuereinnahmen gedeckt. Für den Rest werden Kredite aufgenommen.

Werden USA weiter ihre Schulden begleichen?

Ein Zahlungsausfall dürfte laut Experten nur wenige Tage anhalten. Die USA würden aber wohl versuchen, ihre Schulden weiter zu bedienen. Die Zahlungsfähigkeit der USA insgesamt steht zunächst nicht infrage. Auch nach einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagenturen gibt es nur wenige Alternativen zur Anlage in Dollar. Sollte es jedoch auch hier zu Ausfällen kommen, hätte das schwerwiegende Folgen. Es könnte von der Ratingagentur als Teilkreditausfall (Selective Default) gewertet werden.

Kann es zu einem Finanzmarktschock kommen?

Die Finanzmärkte gehen derzeit immer noch davon aus, dass es zu einer Einigung kommt. Die Unruhe nahm jedoch zuletzt zu, und Anleger schichteten aus dem Dollar in den Schweizer Franken und in Gold um. Zudem stiegen die Renditen von US-Staatsanleihen. Sollten die USA tatsächlich ihren Schuldendienst aussetzen, dann wäre die außergewöhnliche Stellung von US-Staatsanleihen als sicherste und liquideste Anlageform gefährdet.

Ein mutwillig herbeigeführter Zahlungsausfall würde das Ansehen von US-Staatsanleihen stark beschädigen. Da die Märkte ein Scheitern noch nicht erwarten, wäre der Schock umso größer und könnte laut Commerzbank zu einem starken Renditeanstieg führen. US-Staatsanleihen haben gerade in Krisenzeiten immer als „sicherer Hafen“ gedient. Diese Funktion würde wegfallen, mit unabsehbaren Folgen. Die Reaktionen könnten laut Experten daher heftiger ausfallen als nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008.

Wie verhalten sich die Ratingagenturen?

Bei einer Nichtanhebung der Schuldengrenze dürften alle Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit der USA herabstufen. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) fordert aber nicht nur eine zeitgerechte Anhebung der Schuldengrenze. Notwendig seien auch nachvollziehbare Schritte zum Abbau der Schulden. Ansonsten könnten die USA auch bei einer Anhebung der Schuldengrenze ihre Topnote „AAA“ verlieren.

Warum lässt sich die Blockade so schnell nicht auflösen?

Die Demokraten von Präsident Barack Obama wollen nicht nur die Ausgaben verringern, sondern auch höhere Steuern für reiche Bürger durchsetzen. Die Republikaner lehnen kategorisch jede Form von Steuererhöhungen ab. Stattdessen wollen sie radikale Einsparungen im Sozialsystem. Obama sprach gar von einem „politischen Krieg“. Die Republikaner legten zwar einen Plan für eine zeitlich begrenzte Anhebung der Schuldengrenze vor. Kritiker werfen den Republikanern aber vor, damit vor der im Herbst 2012 anstehenden Wahl das Thema weiter für ihre Zwecke zu nutzen. Besonders der radikale Flügel der Republikaner, die „Tea-Party“, erschwert es der Parteiführung, einer Kompromisslösung zuzustimmen.

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