Teuerste Klage im Fall Madoff
Der Skandal um den verurteilten Milliardenbetrüger Bernard Madoff könnte nun auch für österreichische Banken, insbesondere die Bank Austria und ihre Konzernmutter UniCredit, ein teures Nachspiel haben. Madoffs Konkursverwalter Irving Picard will auch die österreichische Bankerin Sonja Kohn für den Schaden in Mithaftung nehmen. Die Bank Austria war bei Kohns Bank Medici engagiert.
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Picard kündigte in New York an, Kohn, mindestens sechs Mitglieder ihrer Familie, die italienische Bank UniCredit, die österreichische Bank Austria und mehrere Stiftungen und Gesellschaften auf insgesamt 19,6 Milliarden Dollar (knapp 15 Mrd. Euro) Schadenersatz zu klagen. Eine entsprechende Klage habe er am Freitag bei einem US-Gericht eingereicht.
Bank Austria und UniCredit könnten vor allem wegen des Engagements bei der Wiener Bank Medici, deren Chefin Sonja Kohn eine Schlüsselrolle bei den Machenschaften Madoffs gespielt haben soll, zu Schadenersatz in Milliardenhöhe an die Opfer verpflichtet werden. Die Bank Austria hatte 25 Prozent der Bank Medici gehalten.
„Seelenverwandte“ Kohn
In Kohn habe Madoff eine „Seelenverwandte“ gefunden, deren „Gier und unehrlicher Einfallsreichtum seinem eigenen ebenbürtig waren“, begründete Picard seinen Schritt gegen Kohn und damit die Bank Austria. Die heute 62-jährige Kohn habe 1985 mit Hilfe der anderen Beklagten Medici Enterprise gegründet, um Madoff mit frischem Geld zu versorgen. Dafür soll sie über 60 Millionen Dollar Schmiergeld kassiert haben, berichtete die „New York Times“. Die US-Anwälte von Kohn und Bank Medici waren zunächst für keine Stellungnahme erreichbar.
Laut dem Anwalt können 9,1 Milliarden Dollar des durch die Machenschaften Madoffs gestohlenen Geldes „direkt“ Kohn und ihren Verwandten zugeordnet werden sowie einem Labyrinth aus Fonds und Banken in Österreich, Italien und Gibraltar. Ein US-Bankexperte bezeichnete die Beschuldigten um Kohn als „bedeutendsten Eckpfeiler“ im Betrugsfall Madoff.
Picard hatte bereits zuvor Banken im Fall Madoff auf Schadenersatz geklagt, darunter die britische HSBC mit neun Mrd. Dollar und die US-Bank JP Morgan Chase (6,4 Mrd. Dollar). Nun handelt es sich aber um die bisher größte Schadenersatzklage im Betrugsfall Madoff. Picard hat noch bis Samstagmitternacht Zeit, Klagen im Zusammenhang mit dem Madoff-Betrug einzubringen.
Bank Austria: Opfer, nicht Täter
„Wir kennen diese Klage noch nicht und können sie nicht kommentieren“, sagte der Pressesprecher der Bank Austria, Martin Halama, in der Nacht auf Samstag auf APA-Anfrage. Klar sei aber schon jetzt: „Wir werden mit aller Vehemenz gegen die Klage vorgehen.“ Ein Sprecher der Konzernmutter UniCredit sagte in Mailand, dass sich die Rechtsabteilung bereits mit der Klage beschäftige. „Wir wollen uns auf entschlossene Weise verteidigen“, betonte der UniCredit-Sprecher gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.
Die Bank Austria hatte bisher immer beteuert, dass sie sich als Opfer und nicht als Täter im Fall Madoff sehe. Hunderte Anleger, die über die Bank Austria bei Madoff investiert hatten, waren gegen die Bank zu Gericht gezogen. Die Bank Medici musste nach dem Auffliegen der Affäre ihre Konzession zurücklegen.
Gegen Medici-Mehrheitseigentümerin Kohn laufen im In- und Ausland Ermittlungen wegen Betrugs und Geldwäsche. Sie beteuerte, eines der größten Opfer Madoffs gewesen zu sein. Bis zum gerichtlichen Beweis ihrer Schuld ist sie als unschuldig anzusehen.
Gelder niemals angelegt
Madoff wurde im Dezember 2008 festgenommen. Er hatte über mehrere Jahre mit Hilfe eines komplexen Systems Tausende Anleger um geschätzte 65 Milliarden Dollar geprellt. Im vergangenen Jahr wurde er zu 150 Jahren Haft verurteilt. Er hatte im Prozess gestanden, die ihm anvertrauten Summen niemals angelegt zu haben. Zu seinen Opfern zählten Banken, Privatleute und Wohltätigkeitsorganisationen.
Bisher wurden 2,6 Mrd. Dollar des verlorenen Geldes wieder eingebracht - etwa durch die Versteigerung von Madoffs persönlichem Besitz. Insgesamt belaufen sich die Schadenersatzklagen auf bisher 51 Milliarden Dollar. 16.000 Madoff-Opfer haben sich weltweit bei Gericht gemeldet.
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