Bischof übergab Lösegeld
Mit den Worten „Rücken Sie auf den Beifahrersitz!“ begann im November 1971 die knapp dreiwöchige Leidensgeschichte des Millionärs Theodor Albrecht in den Händen von zwei Entführern. Am 16. Dezember übergab Ruhrbischof Franz Hengsbach die für damalige Verhältnisse Rekordlösegeldsumme von sieben Millionen Mark und sorgte damit für die Freilassung Albrechts.
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Die damals 47 und 39 Jahre alten Entführer, ein Rechtsanwalt mit hohen Spielschulden und ein mehrfach vorbestrafter Tresorknacker, wurden wenig später gefasst und zu langen Haftstrafen verurteilt. Ein Großteil der Beute wurde jedoch nie gefunden.
Entführung beim dritten Anlauf
Dreimal hatten die Entführer dem damals 49 Jahre alte Aldi-Mitbegründer vor der Hauptverwaltung in Herten aufgelauert. Beim ersten Mal verließ sie im letzten Moment der Mut, beim zweiten Mal hatten sie ihre Waffen vergessen. Am 29. November verschleppten sie schließlich ihr Opfer mit vorgehaltener Pistole in die Kanzlei des 47-jährigen Anwaltes mitten in der Düsseldorfer Innenstadt.
Im Essener Polizeipräsidium lief die bis dahin größte Fahndung der Bundesrepublik an. 164 Ermittler einer Sonderkommission gingen jedem brauchbaren Hinweis nach, um das Versteck der Kidnapper aufzuspüren. Für die technische Ausstattung ermöglichte das Innenministerium Sonderausgaben in jeglicher Höhe. Aus München wurde der damals einzige Wissenschaftler eingeflogen, der mit dem „Sonorgraph“ Stimmuntersuchungen machen konnte. Auch Wahrsager und Wünschelrutengänger boten ihre Hilfe an.
Sekt für die Polizei
Nach zähen Verhandlungen der Polizei mit den Entführern, die sich per Brief und Telefon meldeten, erklärte sich Hengsbach schließlich „unter der Schweigepflicht des Beichtgeheimnisses“ bereit, für die Lösegeldübergabe zu sorgen. Auf einem dunklen Feldweg in Breitscheid bei Düsseldorf händigte er den Entführern in zwei Koffern das Lösegeld aus.
Anschließend blieb Albrecht, wie mit den Kidnappern vereinbart, noch 24 Stunden in der Residenz des Bischofs. Am Abend des 17. Dezember kehrte er wohlbehalten zu seiner Familie zurück. Damals wurden die einzigen beiden Fotos gemacht, die von Albrecht in der Öffentlichkeit bekannt sind. Bei den 164 Beamten der Sonderkommission, die mehr als 10.000 Überstunden gemacht hatten, bedankte sich der Unternehmer mit 120 Flaschen Sekt, zwei Fässern Bier und zwölf Flaschen Schnaps.
Registrierte Scheine überführten Täter
Die Entführer wurden bereits zwei Wochen später gefasst. Ein Radiohändler hatte die Stimme des 39-jährigen Entführers erkannt, als dieser bei ihm mit registrierten Scheinen aus der Beute alte Schulden beglich. Zuvor waren Mitschnitte des letzten Telefongesprächs des Entführers mit der Polizei im Fernsehen gesendet worden. Das Landgericht Essen verurteilte die beiden Männer zu je achteinhalb Jahren Haft. Rund drei Millionen Mark aus dem Lösegeld wurden aufgrund der Angaben eines Täters an verschiedenen Verstecken ausgegraben. Der Rest blieb verschwunden.
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