„Nicht überbewerten“
Die Zahlungsstoppdrohung Italiens an die EU, mit der eine Einigung in der Frage der Bootsflüchtlinge erreicht werden soll, stößt bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf Ablehnung. „Ich halte nichts von Drohungen, insbesondere nichts von solchen Drohungen“, sagte er am Freitag in einer Pressekonferenz.
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„Ich sage einmal, es wären vielleicht auch die wirklich starken Nettozahler berufen, solche Drohungen auszusprechen. Auch die sollten es nicht tun, tun es auch für gewöhnlich nicht“, umriss er seine Haltung: „Ich würde so etwas aber auch nicht überbewerten. Ich gehe nicht davon aus, dass es dazu kommt.“
Italien bekräftigt harten Kurs mit EU
Die Drohung war am Donnerstag von Italiens Vizeregierungschef Luigi di Maio gekommen. Wenn bei einem Treffen der Europäischen Kommission nichts zur Verteilung der Geflüchteten von der „Diciotti“ herauskommt, dann werde er nicht bereit sein, jedes Jahr 20 Milliarden Euro an die EU zu zahlen, sagte er.
Am Freitag erneuerte Innenminister Matteo Salvini die Drohung, nachdem es bei dem Treffen keine Lösung gab. „Wenn sich Europa taub stellt, werden wir einfach weniger zahlen“, sagte er.
„Europäer können großes Herz beweisen“
Salvini bekräftigte, dass die circa 150 Menschen an Bord des Schiffes so lange nicht an Land gehen dürfen, bis die EU eine Einigung über ihre Umverteilung erreicht habe. Salvini sagte, er warte auf ein Flugzeug aus einer europäischen Hauptstadt in Catania.
„Die Europäer können ihr großes Herz beweisen, indem sie die Flüchtlinge aufnehmen. Wir haben bereits unseren Teil geleistet, indem wir die 27 Minderjährigen an Bord des Schiffes aufgenommen haben“, so Salvini im Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Freitag-Ausgabe).
Salvini bestritt Meinungsverschiedenheiten mit dem Regierungspartner Fünf-Sterne in Sachen Migrationspolitik. „Die Regierung ist kompakt, weil wir uns an den Koalitionsvertrag halten. Dieser sieht einen scharfen Kampf gegen die Schleppermafia und die unkontrollierte Einwanderung vor“, sagte Salvini. Der Innenminister hatte den Präsidenten der Abgeordnetenkammer Roberto Fico attackiert, der sich für die sofortige Landung der Bootsflüchtlinge ausgesprochen hatte.
Salvini plant Treffen mit Orban in Mailand
Salvini plant ein Treffen mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban. Das Treffen sei „in den nächsten Tagen“ in Mailand geplant, sagte Salvini. „Mit Orban wird es viel zu sprechen geben. Man behauptet, dass aufgrund der Genfer Menschenrechtskonvention die Migranten nicht zurückgeschickt werden können. Doch Verträge und Konventionen können geändert werde.“
Am Donnerstag hatte der italienische Außenminister, Enzo Moavero Milanesi, seinen ungarischen Amtskollegen Peter Szijjarto getroffen und ihn zur Aufnahme eines Teils der „Diciotti“-Flüchtlinge aufgerufen. Dieser lehnte jedoch ab, teilte das Außenministerium in Rom am Freitag mit. Die Einwanderungspolitik der italienischen und der ungarischen Regierung seien einander in mehreren Aspekten ähnlich.
„Die ungarische Regierung arbeitet mit all jenen zusammen, die der Meinung sind, dass die Priorität der Kampf gegen Schlepperei und Grenzschutz sind“, so der ungarische Außenminister. „Wir dürfen keiner Erpressung nachgeben: Weder jener der Schlepper noch jener der sogenannten Hilfsorganisationen“, sagte Szijjarto nach Angaben italienischer Medien.
Italien erwartet „Solidarität“
Moavero Milanesi sagte, dass sich Italien mehr Unterstützung seitens der EU-Partner im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik erhofft hatte. „Italien hat jahrelang Tausende Menschenleben gerettet. Auch in den letzten Monaten haben wir kontinuierlich Menschen in Seenot gerettet, was die anderen EU-Partner auch mehrmals anerkannt haben. Wir fordern, dass auf schöne Worte jetzt konkrete Handlungen, wahre Solidarität folgt“, so der Außenminister.
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