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Eine neue Form des Erzählens

Neben US-Magazinen wie „Esquire“ und „The Atlantic Monthly“ hat der „Rolling Stone“ eine der wichtigsten medialen Plattformen für den New Journalism gebildet, der sich als Antwort auf die sich verändernde US-Gesellschaft verstanden hat. Im „Rolling Stone“ durfte sich insbesondere Autorenlegende Hunter S. Thompson in Form des Gonzo-Journalismus, einer Spielart des New Journalism, inhaltlich austoben.

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Thompson, der sich in seinen Werken insbesondere an der konservativen Seite seiner US-amerikanischen Heimat gerieben hat, gilt als Erfinder des Gonzo-Journalismus, der ab den frühen 1970ern große Popularität erlangte. Streng genommen handelt es sich dabei nicht um Journalismus, sondern um Literatur. Was ihn mit Journalismus verbindet, ist die Missachtung dessen Regelwerks. Es geht um eine streng subjektive Erzählung des Erlebten.

Störer im Getriebe

Thompsons Spezialität hat mitunter darin bestanden, bei akuter Ereignislosigkeit selbst zum Ereignis zu werden und darüber zu berichten. Thompson neigte dazu, Unfrieden zu stiften und der Störer im Getriebe zu sein, was er stets packend zu erzählen wusste, wobei er es mit den Fakten nicht genau nahm. Thompson ging es vor allem darum, einen höchst unmittelbaren Eindruck zu vermitteln, was mitunter in einem notizenhaften Schreibstil mündete. Thompsons Neigung zu Drogen aller Art gilt als wesentliche Triebfeder.

Weltberühmter Drogentrip

Zu Hunters bekanntesten Werken zählt das 1998 mit Johnny Depp in der Hauptrolle verfilmte „Fear and Loathing in Las Vegas“, das von einem drogeninduzierten Trip nach Las Vegas erzählt. Aber auch seine Zeit mit den Hells Angels verarbeitete der 2005 verstorbene Hunter in packende Erzählungen ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Er gilt als der radikalste Vertreter des New Journalism, der insbesondere ab den späten 1960er Jahren in die Öffentlichkeit drängte. Anliegen des New Journalism war es, neue Erzählformen zu etablieren, um die Öffnung der US-Gesellschaft der 1960er Jahre medial überhaupt adäquat beschreiben zu können.

Der Autor als Maßstab

Die Herangehensweise des New Journalism, dessen wichtigste Vertreter Tom Wolfe, Truman Capote und Norman Mailer sind, ist stark subjektiv geprägt und setzt bevorzugt auf die teilnehmende Beobachtung, um die eigene Erfahrung zum erzählerischen Maßstab zu machen – eine Ausdrucksform, die dem jungen „Rolling Stone“-Herausgeber Jann Wenner für sein Vorhaben der medialen Abbildung der neuen Gegenkulturen der 1960er Jahre sehr gelegen gekommen ist.

Sozialreportage als Vorläufer

Die Erzählweise des New Journalism hat Wesentliches dazu beigetragen, dass die inhaltliche Ausrichtung des „Rolling Stone“ in seiner Frühzeit als höchst progressiv gegolten hat. Wobei die Ursprünge des New Journalism auch in der investigativen Sozialreportage, wie sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommen ist, zu finden sind.

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