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„Härtester Stresstest noch vor uns“

Kann der „Brexit“ noch abgesagt werden? EU-Ratspräsident Donald Tusk hält das offensichtlich für möglich. In einer Rede vor dem EU-Parlament in Straßburg sagte der Pole am Dienstag, die Verhandlungen könnten auch damit enden, dass es keinen „Brexit“ gebe. Das sei die dritte Möglichkeit neben einem EU-Austritt der Briten mit einem „guten Deal“ oder einem ungeregelten Austritt „ohne Deal“.

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London werde darüber entscheiden, wie die Sache zu Ende gehe: mit einer guten Einigung über den Austritt, keiner Einigung oder keinem Austritt, sagte der Ratspräsident weiter. Die EU-Staaten könnten „jedes Szenario“ meistern - solange sie nicht entzweit seien. Bisher sei es gelungen, bei den Verhandlungen mit Großbritannien unter den anderen 27 EU-Staaten eine einheitliche Position zu bewahren, sagte er. „Doch der härteste Stresstest liegt noch vor uns“, betonte Tusk. Nun sei die britische Regierung am Zug.

Weiter Warten auf „Fortschritte“

Tusk äußerte sich vor den Europaabgeordneten zu den „Brexit“-Verhandlungen beim EU-Gipfel Ende der vergangenen Woche. Bei diesem hatten die Staats- und Regierungschefs eine von Großbritannien geforderte Ausweitung der Austrittsverhandlungen abgelehnt. So soll über die künftigen Beziehungen zu Großbritannien erst dann gesprochen werden, wenn „ausreichende Fortschritte“ bei den wichtigsten Trennungsfragen erzielt wurden.

Dazu gehören der künftige Status der Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland, finanzielle Forderungen an London von bis zu 100 Milliarden Euro sowie die künftigen Rechte von 3,2 Millionen EU-Bürgern im Königreich und 1,2 Millionen Briten in der EU. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bekräftigte die Verhandlungsbereitschaft der Europäischen Union. „Wir verhandeln nicht in einem feindseligen Geist, wir wollen eine Einigung.“ Das müsse aber eine „gerechte Vereinbarung“ sein.

Sorge unter Parlamentariern

Im Parlament äußerten sich mehrere Redner besorgt über die mangelhaften Fortschritte. Es gebe noch keinen Plan für die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien, sagte der Fraktionsvorsitzende der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), der Deutsche Manfred Weber. London werde „immer nervöser“ und fordere bereits Übergangsfristen. Eine solche Lösung sei möglich, aber eines müsse klar sein: Ein Land außerhalb der EU könne nicht den gleichen Status haben wie die Mitgliedsländer.

Die Frist für eine Einigung mit der EU endet für Großbritannien Ende März 2019. Wenn es bis dahin keine Verständigung oder keinen Rückzug vom „Brexit“ gibt, scheidet das Land mit potenziell schwerwiegenden Folgen vor allem für die Wirtschaft ungeregelt aus der Europäischen Union aus.

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