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Abschaffung seit Jahren versprochen

Vor viereinhalb Jahren hat die damalige SPÖ-ÖVP-Regierung versprochen, spätestens bis Sommer 2013 das Amtsgeheimnis abzuschaffen und stattdessen ein Informationsfreiheitsgesetz, ähnlich wie in den USA und auf EU-Ebene, zu verabschieden. Doch bis heute wurde keines der beiden Versprechen umgesetzt.

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Das Versprechen hatten die Regierungsparteien gegeben, nachdem das Forum Informationsfreiheit in einer Kampagne 10.000 Unterschriften gesammelt hatte. Nach der Wahl wollen das Forum und andere Transparenz-NGOs mit der künftigen Regierung erneut darüber verhandeln. Ziel eines solchen Gesetzes ist es, dass Bürgerinnen und Bürger schriftliche Auskunft bei Behörden über Entscheidungsprozesse und bei Behörden gespeicherte Informationen anfordern können.

ORF.at fragte die Position aller bundesweiten Listen ab und erhielt Antworten von SPÖ, ÖVP, FPÖ, NEOS, Grünen, Liste Pilz, FLÖ und KPÖ Plus. Die Liste Gilt betonte, man habe kein Programm, da man einen Systemwechsel anstrebe. Die Weißen verwiesen darauf, sie stünden für direktdemokratische Mitbestimmung und könnten daher keine vorgefertigten Antworten geben.

Nachzügler Österreich

Mehr als 20 EU-Staaten haben ein Gesetz, das die Auskunftspflicht von Behörden festlegt. Die Rechte sind dabei unterschiedlich weitgehend gefasst. Auf EU-Ebene ist das Recht seit 2001 mit der Verordnung 1049 festgeschrieben.

Prinzipielle Einigkeit

Klar und einstimmig sprechen sich demnach alle acht Listen für die Aufhebung des Amtsgeheimnisses - und für ein umfassendes Informationsfreiheitsgesetz nach dem Vorbild des Freedom of Information Act in den USA aus. Dieser Konsens ist freilich nicht neu - den gibt es spätestens seit 2013, als auch die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP sich für das dezidierte Recht von Bürgerinnen und Bürgern aussprachen, Auskünfte über Behördenentscheidungen einzufordern.

Gesetzesanträge von Grünen und NEOS bildeten die Grundlage der Verhandlungen. Man wolle den „gläsernen Staat“, nicht den „gläsernen Bürger“, argumentiert NEOS und verweist, so wie alle anderen Parteien, darauf, dass das Informationsfreiheitsgesetz „politische Entscheidungsprozesse nachvollziehbar“ machen und dadurch „zur Bekämpfung von Korruption und Stuerverschwendung beitragen“ soll.

Viele verschiedene Schuldige

Auf die Frage, woran die Aufhebung des Amtsgeheimnisses bzw. der Beschluss eines Informationsfreiheitsgesetzes in dieser Legislaturperiode trotz mehrerer Anläufe scheiterte, unterscheiden sich die Einschätzungen naturgemäß stark, und die Parteien machen verschiedene Schuldige aus. Klar ist, es braucht eine Verfassungsmehrheit für das Gesetz, auch die nächste Regierung wird somit zumindest auf einen Teil der Opposition angewiesen sein, will sie eine solche Regelung verabschieden.

Für SPÖ zwei Knackpunkte

Laut SPÖ gab es zwei Knackpunkte: Einerseits sei strittig gewesen, ob es einen eigenen Informationsfreiheitsbeauftragten als unabhängige Beschwerdestelle geben soll oder Verwaltungsgerichte die Kontrolle über die Einhaltung des Gesetzes ausüben sollten. Die Oppositionsparteien hätten zudem darauf bestanden, die Verfassungsänderung mit einer einfachgesetzlichen Regelung zu verbinden. Diese hätte Kontrollrechte des Parlaments betroffen, wenn auch öffentliche Unternehmen unter die Informationspflicht gefallen wären.

Aufgrund der „Fülle dieser Detailfragen“ habe die nötige Zweidrittelmehrheit „nicht erreicht werden“ können. Im Juni hatte Kanzleramtsminister Thomas Drozda laut Parlamentskorrespondenz der ÖVP die Schuld gegeben.

ÖVP verweist auf Regierungsvorlage

Die ÖVP verweist in ihrer Antwort darauf, weiter zur Regierungsvorlage zu stehen. Diese war der Opposition allerdings nicht weitreichend genug. Die Volkspartei betont, in der nächsten Legislaturperiode das Amtsgeheimnis abschaffen und ein Grundrecht auf Zugang zu Information einführen zu wollen.

Laut FPÖ blockierten die Länder

Laut FPÖ wiederum sind die Länder maßgeblich schuld, da diese sich vor allem bei der Einbeziehung von ausgelagerten Unternehmen „gegen eine weitreichende gesetzliche Regelung stemmten“.

Den Grünen zufolge wurden im Laufe der Verhandlungen „einige Verbesserungen“ an der Regierungsvorlage erreicht. Keine Einigung habe es jedoch bei den Punkten Informationsbeauftragter, Kostendeckelung des Verfahrens und den Fristen, bis wann eine Behörde Auskunft geben muss, gegeben. Dazu habe es auch zwischen SPÖ und ÖVP Meinungsunterschiede gegeben.

NEOS: „Leere Versprechungen“

NEOS sieht die Schuld klar bei der Regierung, die selbst die Transparenz, die sie von anderen einfordere, verweigere. „Es bleibt bei leeren Versprechungen.“ Ganz ähnlich sehen das KPÖ Plus, die Liste Peter Pilz und FLÖ: Vom fehlenden „politischen Willen“ über „politische Klüngelei“ und dem Umstand, dass sich ÖVP und SPÖ gegenseitig keinen politischen Erfolg gönnen wollten, reicht hier die Argumentation.

Woran sich die Geister scheiden

Bei einer konkreten Frage - nämlich ob es eine eigene Informationsfreiheitsbeauftragte geben soll, um die Einhaltung zu kontrollieren, ist eine klare Trennung erkennbar: SPÖ, ÖVP und FPÖ sprechen sich dagegen aus, alle anderen fünf Listen sind dafür.

Die SPÖ will die Verwaltungsgerichte als Kontrollbehörde. Zudem sollen sich Bürgerinnen und Bürger an die Volksanwaltschaft wenden können. Auch ÖVP und FPÖ sind dagegen - und argumentieren recht ähnlich: Sie zweifeln am „Mehrwert“ (ÖVP) eines eigenen Beauftragten und sehen zusätzliche Bürokratie. Auch die FPÖ warnt vor einer Aufblähung des Verwaltungsapparats und findet, dass die Verwaltungsgerichte die Aufgabe übernehmen sollten.

„Bürger bei Anfragen beraten“

NEOS und Grüne wollen dagegen einen solchen Beauftragten. Dieser solle, so NEOS, „Bürger bei Anfragen beraten, damit sie wissen, auf welches Gesetz sie sich für einen automatischen Bescheid berufen müssen“. Für die Liste Peter Pilz braucht es „selbstverständlich“ einen solchen Beauftragten, so auch für die KPÖ Plus. Die Freie Liste Österreichs (FLÖ) befürwortet diesen „bedingt“. Die Agenden sollten aber einem bereits bestehenden Beauftragten übertragen werden.

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