28 Millionen Lebensjahre verloren
Rund um den Globus greifen 250 Millionen Menschen zu Rauschgift. Das geht aus dem Weltdrogenbericht hervor, den die UNO am Donnerstag in Wien vorgestellt hat. Die bloße Zahl der Konsumenten blieb damit konstant und würde damit nahelegen, dass die Situation stabil wäre. Das ist sie aber nicht, wie die eingehende Beleuchtung der Hintergründe des Drogenproblems in dem Bericht ergibt.
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Drogenkonsum bedeutet für Millionen von Menschen in weiterer Folge Krankheit: Von der Viertelmilliarde Drogenkonsumenten weltweit haben 29,5 Millionen schwere Krankheiten wie Hepatitis C und Tuberkulose oder seien mit HIV infiziert, teilte das in Wien beheimatete UNO-Büro zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) mit. Nur jeder sechste Kranke werde angemessen behandelt. Mindestens 190.000 Menschen sterben den Angaben zufolge jedes Jahr vorzeitig wegen ihrer Drogensucht.
Hepatitis C weit tödlicher als HIV
Zwölf Millionen Menschen weltweit konsumieren Drogen durch Injektionen. Sie sind die gesunheitlich am meisten gefährdete Gruppe. Jeder Achte daraus ist HIV-infiziert, mehr als die Hälfte hat Hepatitis C, und rund jeder Neunte hat eine HIV-Infektion und Hepatitis C. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung ist die Todesrate bei der Leberinfektion dreimal so hoch wie bei der Immunschwäche (220.000 zu 60.000 Tote jährlich).

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/UNODC
Anlässlich der heuer 20. Auflage des Berichts ist aus dem Buch ein (auch online zum Download bereitstehendes) fünfbändiges Kompendium geworden, das die Hintergründe des globalen Drogenproblems auf vielfältige Art beleuchtet - bis hin zur Zahl der infolge von Sucht vernichteten gesunden Lebensjahre: In Summe seien 28 Millionen Jahre an gesunder Lebenserwartung durch vorzeitigen Tod oder Invalidität verloren gegangen.
Zusammenhang mit Terrorismus wird enger
Der Kampf gegen Drogenproduktion, -schmuggel und -kriminalität wird zudem ständig schwieriger. Verbrechen, Terrorismus und Drogen stünden in immer engerem Zusammenhang, so der Bericht - nicht nur durch kriminelle Gruppen, die sich de dacto zu verbrecherischen Multis mit mehreren Standbeinen entwickelt haben, sondern auch durch bewaffnete Gruppen wie die Taliban in Afghanistan: 85 Prozent des Opiumhandels dort gehen von durch die Taliban kontrolliertem Gebiet aus.
Überhaupt nimmt der illegale Handel nicht nur mit Opium, sondern auch mit Kokain deutlich zu. So hat nach längerem Rückgang die Anbaufläche für die Kokapflanze in Südamerika in den vergangenen Jahren um 30 Prozent zugelegt. Die Opiumproduktion sei - bedingt allerdings auch durch gute Ernten - ebenfalls im Jahresabstand um 30 Prozent gewachsen. Am stärksten steigt die Zahl der Heroinsüchtigen derzeit offenbar in Nordamerika, wofür auch die verbreitete Nutzung opioidhaltiger Schmerzmittel, quasi als „Einstiegsdroge“, verantwortlich gemacht wird.
Mehr bekannte und mehr neue Drogen zugleich
Parallel zum Anstieg bei gängigen schweren Drogen wächst auch der Konsum neuer Suchtgifte. Neben Amphetaminen, Methamphetaminen (Crystal Meth), Drogen wie LSD sind es vor allem die „neuen psychoaktiven Substanzen“, die als „Kräutermischungen“, „Badesalz“ oder anderes mehr oft im Internet gehandelt werden. Innerhalb der letzten drei Jahre ist die Zahl der bekannten Substanzen von 260 auf 483 gestiegen.
Das Darknet, ein anonymisierter Bereich des Internets, spiele eine immer bedeutendere Rolle im Drogenhandel, hieß es in dem Bericht. Auf egal welchen Vertriebswegen bedeute Drogenhandel immer organisierte Kriminalität, unterstreicht der Bericht - und damit etwa Geldwäsche und Korruption „auf dem gesamten Vertriebsweg“. Experten schätzen den Schwarzmarktwert der allein in Europa verkauften Drogen auf 20 bis 30 Milliarden Euro.
„Verstörende Hürde“ für UNO-Ziele
Früher hätten Drogen im Hinblick auf die „Agenda 2030“ der UNO und die Erreichung der darin formulierten Ziele für dieses Jahr kaum eine Rolle gespielt, resümiert die UNODC. Inzwischen habe sich das Problem jedoch zu einer „verstörenden Hürde“ im Hinblick auf die Ziele „Gesundheit“ und „friedliche Gesellschaft“ entwickelt. Bisher hätten Drogen von Instabilität profitiert. Nun würden sie diese bereits „anheizen“ und damit Entwicklung, Frieden und Menschenrechte unterminieren.
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