Deutliche Worte aus Paris, Berlin und Rom
Der angekündigte Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen hat weltweit beispiellose Kritik am Kurswechsel Washingtons hervorgerufen. Die europäischen Führungsmächte Deutschland, Frankreich und Italien erteilten der von US-Präsident Donald Trump geforderten Neuverhandlung des internationalen Regelwerks eine deutliche Absage. In China wurde der Ausstieg der USA am Freitag als „globaler Rückschlag“ bezeichnet.
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Die Entscheidung Trumps sei ein Fehler für sein Land, sein Volk und für die Zukunft der Erde, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in einer am Donnerstag in Französisch und Englisch gehaltenen Fernsehansprache: „Heute Abend haben die Vereinigten Staaten der Welt den Rücken zugekehrt.“
„Make the planet great again“
Es gebe keine Möglichkeit, über einen weniger ambitionierten Vertrag zu verhandeln. „Bei Klima gibt es keinen Plan B, weil es keinen Planeten B gibt.“ In dem auf Englisch gehaltenen Teil seiner Ansprache griff Macron den Wahlslogan von Trump auf und sagte: „Make the planet great again“ (etwa: Macht den Planeten wieder groß). Klimaschützer und Wissenschaftler rief er auf, nach Frankreich zu kommen, um dort gegen den Klimawandel zu kämpfen.
Zuvor hatte Frankreich zusammen mit Deutschland und Italien Neuverhandlungen ausgeschlossen. In einer gemeinsamen Mitteilung erklärten die Länder, die Dynamik des 2015 in Paris ausgehandelten Vertrags sei nicht aufzuhalten. „Wir betrachten die im Dezember 2015 in Paris erzeugte Dynamik als unumkehrbar und sind der festen Überzeugung, dass das Übereinkommen von Paris nicht neu verhandelt werden kann, da es ein lebenswichtiges Instrument für unseren Planeten, unsere Gesellschaften und unsere Volkswirtschaften darstellt“, lautete die aus Paris, Berlin und Rom Richtung Washington gesandte Botschaft.
„Kurzsichtig“
Neben Macron, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau telefonierte Trump am Donnerstag auch mit der britischen Premierministerin Theresa May, um persönlich seine Entscheidung zur Aufkündigung des Klimavertrages mitzuteilen. Nach Angaben eines britischen Regierungssprechers habe May in dem Telefongespräch ihr Bedauern über die US-Vorgangsweise ausgedrückt. Großbritannien werde an dem Abkommen festhalten, sagte ein Regierungssprecher. Wie May zeigte sich auch Trudeau über Trumps Ankündigung enttäuscht.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der einzige Regierungschef eines EU-Landes, der die Wahl Trumps zum US-Präsidenten nahezu vorbehaltlos begrüßt hatte, zeigte sich bestürzt. „Ich stehe unter Schock“, sagte der rechtskonservative Politiker im ungarischen Radio. Man müsse über die Folgen der Entscheidung Trumps noch „ein wenig nachdenken“.
„Irrweg und große Enttäuschung“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen bezeichnete den Ausstieg der US-Regierung aus dem Pariser Klimaabkommen als einen „Irrweg und eine große Enttäuschung“. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bedauerte den Schritt insbesondere wegen der „Vorbildwirkung“. „Der Ausstieg der Amerikaner aus dem Klimaschutzvertrag ist der Beweis dafür, dass Präsident Trump die Realität in seinem eigenen Land offenbar nicht verstanden hat“, sagte Kern am Freitag vor Journalisten in St. Petersburg.
Zuvor hatte Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) den Ausstieg als „kurzsichtig“ bezeichnet. „Wir lassen uns aber nicht vom richtigen Weg in d. Zukunft abbringen“, schrieb Rupprechter ebenfalls auf Twitter.
„So geht das nicht“
Scharfe Kritik kam auch von der EU und den Vereinten Nationen. Deutliche Worte waren bereits vor Trumps Ankündigung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gekommen. Er erinnerte Washington an internationale Verpflichtungen und daran, dass der Austritt aus dem Abkommen nicht so einfach möglich sei. Es sei die Pflicht der EU zu sagen: „So geht das nicht.“
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini unterstrich, dass die EU im Kampf gegen den Klimawandel tragfähige Partnerschaften mit anderen Staaten aufbauen werde, die die gleichen Ziele verfolgten. Für die EU bleibe das Pariser Abkommen entscheidend. Der für Klimafragen zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Canete sprach von einem „traurigen Tag für die Weltgemeinschaft“.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnete Trumps Ankündigung als „große Enttäuschung“. Der Leiter des UNO-Umweltprogramms (UNEP), Erik Solheim, sagte, der Abschied der USA vom Paris-Abkommen sei „nicht so dramatisch, wie viele glauben“, denn „China, Indien, Europa, die Afrikanische Union, Japan, Kanada - ja, man kann fast sagen, welches Land auch immer - alle werden ihre Klimaarbeit fortsetzen, und alle werden sich an das Paris-Abkommen halten.“
China: USA in „fragwürdiger Minderheit“
Deutliche Kritik kam auch aus China. Die Entscheidung sei ein „globaler Rückschlag“, hieß es am Freitag in einem Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Trump habe „zum Bedauern fast aller“ entschieden, sich und die USA von einer „historischen globalen Vereinbarung abzuschneiden, bei deren Entstehung sein Land einmal eine Schlüsselrolle spielte“. Nach Trumps Abkehr sei es nun umso wichtiger, dass die anderen „Hauptakteure“ wie die Europäische Union, China und Indien gemeinsam große Anstrengungen unternehmen, um die Ziele des Abkommens dennoch umzusetzen.
Nur Syrien und Nicaragua hätten sich dem Klimaabkommen verweigert, hatte die parteinahe Zeitung „Global Times“ in einem Kommentar vor der Ankündigung Trumps festgestellt: „Kündigen die USA, werden sie zu einem Teil dieser fragwürdigen Minderheit. Es scheint, dass sich die Trump-Regierung nicht darum kümmert, die Reputation der USA in Gefahr zu bringen.“ Russland warnte, ein Rückzug „wichtiger Akteure“ aus dem Pakt würde dessen Umsetzung erschweren.
Bolivien fordert Klimatribunal
Klimawandel brauche konzertierte Anstrengungen der ganzen internationalen Gemeinschaft, teilte das japanische Außenministerium mit. Japan werde zudem die USA weiterhin auffordern, sich beim Klimaschutz zu engagieren. „Das ist eine große Enttäuschung, vor allem für die Bürger von gefährdeten Nationen rund um die Welt“, sagte der Ministerpräsident des Pazifikstaates Fidschi und Vorsitzende des diesjährigen Weltklimagipfels, Frank Bainimarama. Er bezeichnete Trumps Entscheidung als „unglücklich“. Zugleich verwies er darauf, dass sich der „Rest der Welt“ weiterhin zu den Verpflichtungen des Abkommens bekenne.
„Sich aus dem Abkommen von Paris zurückzuziehen ist ein Verrat an Mutter Erde“, sagte unterdessen Boliviens Staatspräsident Evo Morales, der wegen des Ausscheidens der USA aus dem Pariser Klimaabkommen gleichzeitig einen internationalen Klimagerichtshof forderte. „Nach dieser Tat des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist es wichtig zu klären, wie man so ein Tribunal einrichten kann“, so Morales laut dpa.

Reuters/Kevin Lamarque
Trump gab seine Entscheidung im Garten des Weißen Hauses bekannt
Trump will neu verhandeln
Trump hatte zuvor den Ausstieg der weltgrößten Volkswirtschaft aus dem Abkommen bekanntgegeben und das damit begründet, amerikanische Interessen an die erste Stelle zu setzen. Man wolle nun sofort mit Verhandlungen für ein besseres Abkommen beginnen, sagte Trump.
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