Rechter Rand gegen Trump
US-Präsident Donald Trump hat im Ringen um die Pläne zur Beseitigung der Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama der eigenen Partei gedroht. Vor einer auf Freitag verschobenen Abstimmung über seine Gesetzesvorlage ließ Trump die Gegner in den eigenen Reihen wissen: Wenn es im Repräsentantenhaus keine Zustimmung gebe, werde es bei „Obamacare“ bleiben.
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Der Präsident habe ausrichten lassen, „dass er morgen in jedem Fall eine Abstimmung haben will“, sagte der republikanische Abgeordnete Chris Collins nach einer Dringlichkeitssitzung der Fraktion im Kapitol. Zuvor hatte den versammelten Abgeordneten der Chef des Haushaltsbüros im Weißen Haus, Mick Mulvaney, Trumps Ultimatum mitgeteilt. Sollte diese Abstimmung scheitern, werde die US-Regierung „zu anderen Dingen als der Gesundheit übergehen“, und „Obamacare wird bestehen bleiben“, fasste Collins im Anschluss die Warnung aus dem Weißen Haus an sich und seine Kollegen zusammen.
Zu viel Widerstand aus eigenen Reihen
Die Neufassung der Gesundheitsversicherung ist Trumps erster bedeutender Gesetzgebungsprozess, seit er vor zwei Monaten Präsident wurde. Entsprechend hatte er sein volles politisches Gewicht darin geworfen, konnte sich aber trotz großen Einsatzes nicht durchsetzen.
Das Weiße Haus hatte bis zuletzt mit aller Macht dafür gerungen, die zersplitterten Republikaner hinter dem Entwurf zu vereinen. Mindestens 25 Abgeordnete der Partei Trumps hatten dennoch angekündigt, nicht für die Gesetzesvorlage zu stimmen. Laut einer Zählung der „Washington Post“ Donnerstagmittag widersetzten sich sogar 36 Republikaner weiterhin dem Plan. In Anbetracht der geschlossenen Reihen der Demokraten können sich die Republikaner aber höchstens 21 Abtrünnige erlauben.
Gräben durch Republikanische Partei
Zur größten Hürde für Trumps Pläne scheint somit die Zersplitterung der eigenen Partei zu werden. Die Gräben unter den Republikanern wurden in den vergangenen Jahren breiter und tiefer, wie sich am aktuellen Widerstand deutlich zeigt: Moderaten Republikanern ist die Kompromisslösung zu riskant, weil unabhängigen Studien zufolge Millionen bisher versicherter Amerikaner wieder ohne bezahlbare Krankenversicherung dastehen könnten. Das unabhängige Budgetbüro des Kongresses schätzt, dass mindestens 14 Millionen Amerikaner ihre Versicherung verlieren würden. Den Abgeordneten schlägt in ihren Wahlkreisen deshalb wachsende Kritik entgegen.
Der neue Entwurf sieht im Gegensatz zu „Obamacare“ keine Versicherungspflicht mehr für alle vor. Ein Programm zur Gratisversicherung für Bedürftige wird eingeschränkt. Die Subventionierung von Beiträgen wird nach Alter und nicht mehr primär nach Einkommen gestaffelt. Die geplanten Zuschüsse via Steuergutschriften fallen deutlich magerer aus als die Hilfen unter „Obamacare“.
Koch-Brüder gegen Trump
Den erzkonservativen Mitgliedern des „Freedom Caucus“ geht die geplante Modifizierung von „Obamacare“ dagegen nicht weit genug. Sie wollen unter anderem eine Reihe weiterer Versicherungsleistungen wie Betreuung von Schwangeren und Müttern, Notaufnahmeversorgung und Impfungen streichen. Die Gruppierung pocht auf die Erfüllung des zentralen Wahlkampfversprechens Trumps: die gänzliche Abschaffung von „Obamacare“.
US-Medien berichteten, dass konservative Organisationen um die Industriellenbrüder Charles und David Koch Abgeordneten hohe Summen für den bevorstehenden Kongresswahlkampf angeboten hätten, sollten sie gegen das Gesetz stimmen und deswegen Repressionen Trumps befürchten müssen. Trump hatte zuvor gedroht, Abgeordnete würden bei der Wahl Mandate verlieren, wenn sie nicht zustimmten.
Demokraten sehen „Anfängerfehler“
Nancy Pelosi, Führerin der demokratischen Minderheit im Abgeordnetenhaus, kommentierte die republikanischen Querelen am Donnerstag: „Donald Trump - Sie mögen ein großer Verhandler sein, aber das hier an einem Tag einzubringen, an dem Sie eindeutig noch nicht fertig sind, ist ein Anfängerfehler.“ Das Gesetzgebungsverfahren ist auch deswegen so wichtig, weil es Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten einer großen Steuerreform zulässt, die Trump angekündigt hat. Diese ist nochmals ungleich komplizierter als ein Gesetz für das Gesundheitssystem.
Für Trump wäre ein Scheitern seines Gesetzesentwurfs zur Gesundheitsreform eine schwere Niederlage. Die Abschaffung von „Obamacare“ wäre damit aber nicht abgewendet. Die Republikaner würden mit großer Sicherheit einen weiteren Anlauf mit einem neuen Entwurf machen. Da sie zurzeit Abgeordnetenhaus und Senat kontrollieren, dürfte ein sorgsam ausgehandelter Entwurf früher oder später angenommen werden. Langwierig und schwierig könnte dieser Prozess aber allemal werden. Im Senat ist die republikanische Mehrheit deutlich schmäler als im Abgeordnetenhaus. Die Republikaner halten dort nur zwei Sitze mehr als die Demokraten.
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