US-Justizminister prüfen rechtliche Schritte
US-Präsident Donald Trump hat sein Einreiseverbot für viele Muslime verteidigt - trotz internationaler Besorgnis und einer bremsenden Gerichtsentscheidung. Auch sein Stabschef Reince Priebus sagte, es gebe nichts, wofür man sich entschuldigen müsse. Zahlreiche internationale Politiker übten scharfe Kritik an dem Erlass.
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In vielen US-Städten protestierten auch am Sonntag wieder Tausende Menschen gegen Trumps Dekret, so in New York, Washington, Boston und Los Angeles. Widerstand kam auch aus Trumps eigenen republikanischen Reihen: Die prominenten Senatoren John McCain und Lindsey Graham warnten, dass Trumps Erlass eher Terroristen neue Munition liefern könne, statt die USA sicherer zu machen.
Der Erlass des Präsidenten signalisiere - absichtlich oder nicht -, Amerika wolle nicht, dass Muslime ins Land kämen. Das könnte Terroristen Zulauf bescheren. Zugleich forderten sie, dass die Inhaber von Aufenthaltsberechtigungen (Green Cards) von dem Einreiseverbot ausgenommen werden müssten.
Patzige Antwort auf Twitter
Trump antwortete den Senatoren postwendend via Twitter. „Sie sollen lieber ihre Energie auf den IS, illegale Einwanderung und die Sicherung der Grenzen fokussieren“, so Trump, „statt zu versuchen, den Dritten Weltkrieg heraufzubeschwören.“
In einer schriftlichen Erklärung verteidigte der Präsident anschließend erneut die Einreiseverbote. Er sagte, dass Amerika ein stolze Nation von Immigranten sei. Trump verwies darauf, dass sein Vorgänger Barack Obama 2011 sechs Monate lang Visa für irakische Flüchtlinge verweigert und damit einen ähnlichen Schritt ergriffen habe. Die in seiner Direktive genannten - mehrheitlich islamischen - Staaten seien bereits zuvor von der Obama-Regierung als Quellen des Terrorismus identifiziert worden.
„Kein muslimischer Bann“
„Um es klarzumachen: Das ist kein muslimischer Bann, wie die Medien es falsch berichten. Hier geht es nicht um Religion - es geht um Terror und darum, unser Land zu schützen“, fuhr Trump fort. Es gebe weltweit über 40 mehrheitlich islamische Länder, die nicht von seiner Direktive betroffen seien.
Die USA würden wieder Visa für alle Länder erteilen, wenn im Laufe der nächsten 90 Tage neue „sicherste“ Maßnahmen in Kraft gesetzt worden seien. „Ich habe riesiges Mitgefühl für die Menschen, die von dieser schrecklichen humanitären Krise in Syrien betroffen sind. Meine erste Priorität wird es immer sein, unser Land zu schützen und ihm zu dienen, aber als Präsident werde ich Wege finden, all jenen zu helfen, die leiden.“
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APA/AP/Craig Ruttle
Demonstrationen in New York
Gemeinsame Erklärung von 16 Justizministern
Justizminister der Demokratischen Partei aus 15 US-Bundesstaaten und Washington DC kündigten zuvor in einer gemeinsamen Erklärung am Sonntag an, sie würden dafür kämpfen, dass die Trump-Regierung die Verfassung respektiere. Sie prüften auch rechtliche Schritte gegen die Erlässe des Präsidenten.
Die Unterzeichner der Erklärung repräsentieren die Bundesstaaten Kalifornien, New York, Pennsylvania, Washington, Massachusetts, Hawaii, Virginia, Vermont, Oregon, Connecticut, New Mexico, Iowa, Maine, Maryland, Illinois und den Bezirk der Hauptstadt Washington. „Religionsfreiheit war und wird immer ein Grundprinzip unseres Landes sein, und kein Präsident kann diese Tatsache ändern“, erklärten die Minister.
„Extreme Kontrollen“
Trump twitterte am Sonntag: „Unser Land braucht starke Grenzen und extreme Kontrollen, jetzt. Schaut euch an, was in Europa und der Welt passiert - ein entsetzliches Chaos!“ Sein Sprecher Sean Spicer sagte dem Sender ABC, mit dem Erlass solle sichergestellt werden, dass einreisende Menschen den USA keinen Schaden zufügten. Das Dekret sei der erste Schritt auf dem Weg zu schärferen Kontrollen, die der Präsident im Wahlkampf versprochen habe.
Sowohl Spicer als auch Priebus sprachen von insgesamt 109 Menschen, die nach dem Erlass bei ihrer Ankunft auf US-Flughäfen festgehalten worden seien. Schätzungen von US-Medien lagen etwa doppelt so hoch. Priebus sagte, dass Dutzende der Ausländer mittlerweile freigelassen worden seien und weitere noch im Laufe des Sonntags „herausgelassen“ würden. Genauere Zahlenangaben dazu machte er nicht.
Einreisestopp für Menschen aus sieben Ländern
Trump hatte als ein Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus den mehrheitlich islamischen Ländern Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit. Trump will die Verbote erst dann aufheben, wenn „angemessene“ Überprüfungsmechanismen sicherstellten, dass keine „radikalen islamischen Terroristen“ in die USA gelangten.
Die Verfügung löste Schock, Verzweiflung und Verwirrung auf internationalen Flughäfen aus. Vielfach wurden Menschen trotz gültiger Visa kurz vor ihrer Abreise oder bei Zwischenaufenthalten auf dem Weg in die USA gestoppt. Andere strandeten nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten: Sie waren zum Zeitpunkt von Trumps Dekret am Freitagnachmittag (Ortszeit) schon auf dem Weg in die USA und wurden bei ihrer Ankunft in Gewahrsam genommen.
Trumps Einreisestopp für Muslime sorgt für Chaos
Trumps Einreisestopp für Muslime in die USA hat für Chaos und viele Proteste gesorgt, sind doch Hunderte Reisende auf Flughäfen gestrandet.
Erlass gegen US-Verfassung?
Bürgerrechtsorganisationen erreichten in der Nacht auf Sonntag aber einen wichtigen Teilsieg vor einem Bundesgericht. Demnach dürfen nach der Trump-Verfügung vom Freitag auf US-Flughäfen gestoppte und festgehaltene Menschen zumindest vorerst nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Dieser Spruch einer New Yorker Richterin legt nahe, dass der Erlass zumindest in Teilen gegen die US-Verfassung verstoßen könnte.
Der Richterspruch gilt landesweit, es war zunächst nicht klar, ob alle Festgehaltenen auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Bürgerrechtsorganisationen bereiten Klage zur grundsätzlichen Anfechtung des Dekrets vor. Am Ende dürfte der Rechtsstreit vom höchsten US-Gericht entschieden werden - eine vermutlich langwierige Prozedur.
Regierung will Visa jederzeit annullieren können
Das US-Heimatschutzministerium kündigte an, den Vorgaben von Richterin Ann M. Donnelly zu folgen. Zugleich betonte die Behörde aber, dass der Einreisestopp grundsätzlich weiterbestehe. Die US-Regierung behalte sich das Recht vor, Visa jederzeit zu annullieren, wenn dies zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit notwendig sei.
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APA/AP/Genna Martin
Kundgebung auf dem Flughafen in Seattle
Weltweit äußerten sich Menschenrechtler empört über Trumps Verfügung. Es gab auch erste politische Konsequenzen: Der Iran lässt nach eigenen Angaben nun selbst keine US-Bürger mehr einreisen. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif betonte jedoch via Twitter, alle Amerikaner mit gültigem Visum seien weiter herzlich willkommen.
Kritik von Kurz und Merkel, May sanft
„Das berechtigte Engagement gegen Terror und Islamismus darf nicht dazu führen, dass Religionsgemeinschaften und ganze Staaten unter Generalverdacht gestellt werden“, teilte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) mit. Ähnlich hatte sich zuvor die deutsche Kanzlerin Angela Merkel geäußert, die ihre Bedenken Trump auch in einem Telefongespräch am Samstag zur Kenntnis brachte. Dabei hatte sie den US-Präsidenten auch auf humanitäre Verpflichtungen gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention hingewiesen.
Die britische Premierministerin Theresa May ließ am Sonntag erklären, zwar sei die „US-Einwanderungspolitik Sache der Regierung der Vereinigten Staaten“. „Aber wir stimmen dieser Form des Vorgehens nicht zu.“ May musste sich allerdings Kritik aus ihrer eigenen Partei für das späte Statement gefallen lassen.
Das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) erinnerten in einem gemeinsamen Appell in Genf an die bisherige US-Willkommenspolitik, die viele Leben gerettet und gleichzeitig die US-Gesellschaft bereichert habe. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einem „entsetzlichen Schritt“ mit möglicherweise „katastrophalen Konsequenzen“.
Zehntausende Österreicher betroffen
Zehntausende Österreicher sind von dem US-Einreisestopp betroffen. Allein die Zahl der iranischstämmigen Personen werde auf 30.000 bis 35.000 geschätzt, sagte Außenamtssprecher Thomas Schnöll. Man könne „davon ausgehen, dass praktisch alle auch die iranische Staatsbürgerschaft haben, weil sie diese nicht verlieren“. Diese Personen könnten zwar versuchen, bei der Einreise in die USA ihren österreichischen Pass vorzuweisen. „Wie die USA damit umgehen, können wir nicht einschätzen“, räumte Schnöll ein.
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