Trump betritt die Weltbühne
US-Präsident Donald Trump nimmt am Montag zu Beginn seiner ersten vollen Woche nach der Wahl die Amtsgeschäfte auf. Nach seiner Vereidigung am Freitag hatte er sofort begonnen, die Politik seines Vorgängers Barack Obama rückgängig zu machen. Für die kommenden Tage sind präsidiale Erlässe zu erwarten. Parallel geht der Streit über die Zuschauerzahlen bei der Amtseinführung weiter.
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„Wir sehen uns genötigt herauszugehen, reinen Tisch zu machen und alternative Fakten zu präsentieren“, legte Trumps Beraterin Kellyanne Conway gegenüber dem Sender NBC am Sonntag nach. Sie antwortete damit auf die Frage eines Journalisten, warum Trump-Sprecher Sean Spicer am Wochenende offenbar nachweislich falsche Angaben zur Teilnehmerzahl gemacht habe.
Bildervergleich, aber keine offiziellen Zahlen
Verbreitete Luftaufnahmen hatten gezeigt, dass die Menschenmenge am Freitag kleiner war als die bei der Vereidigung von Obama 2009. Spicer hatte den Medien anschließend falsche Berichterstattung vorgeworfen und gesagt: „Das war das größte Publikum, das je bei einer Vereidigung dabei war. Punkt.“ Die Versuche, die Begeisterung bei Trumps Amtseinführung zu schmälern, seien „beschämend und falsch“. Er drohte damit, die Medien dafür „zur Rechenschaft zu ziehen“.

Reuters/Lucas Jackson, Stelios Varias
20. Jänner 2017 versus 20. Jänner 2009, 12.00 Uhr: ein Bild vom Publikumsandrang bei Trumps Amtseinführung neben einer Aufnahme von den Zuschauern bei der Vereidigung seines Vorgängers Obama
Trump selbst warf den Medien vor, über die Zahl der Zuschauer bei seiner Vereidigung gelogen zu haben. Er habe am Freitag am Kapitol, dem Sitz des US-Kongresses, „eine Million, eineinhalb Millionen Menschen“ gesehen. Die Medien hätten aber einen Bereich gezeigt, „wo praktisch niemand stand“, und behauptet, er habe nicht viele Zuschauer angezogen. Die Behörden in Washington hatten nach der Amtseinführung keine offiziellen Teilnehmerzahlen herausgegeben. Während Trump und seine Berater gegen die Medien wetterten, übertrafen die Proteste gegen Trump sämtliche Erwartungen. Weltweit gingen schätzungsweise zweieinhalb Mio. Menschen auf die Straße - beim „Marsch der Frauen“ in Washington waren es über 500.000.
Treffen mit May, Netanjahu, Pena Nieto und Trudeau
Mit Dekreten wird der neue US-Präsident nun erste Prioritäten setzen. Trump tritt auch in der Außen- und Handelspolitik aufs Gaspedal. Im Senat stehen Abstimmungen über sein Kabinett an, und der erste Staatsgast trifft diese Woche ein. Noch bevor er am Montag seine erste Arbeitswoche begann, lud er Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu für Anfang Februar ins Weiße Haus ein. Zugleich teilte sein Sprecher Spicer nach Angaben des Senders CNN mit, dass Verhandlungen über eine Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem begonnen hätten.
Trump zurrte auch Treffen mit dem mexikanischen Präsidenten Enrique Pena Nieto und dem kanadischen Premier Justin Trudeau fest. Bei diesen beiden Begegnungen will er auch Neuverhandlungen über das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) eröffnen, wie er am Sonntag sagte. Das Treffen mit Pena Nieto ist für den 31. Jänner anberaumt. Schon am Freitag kommt die britische Premierministerin Theresa May nach Washington. Sie will mit Trump nach eigenen Angaben unter anderem über einen bilateralen Handelsvertrag sprechen.
Weitere innenpolitische Erlässe erwartet
Im innenpolitischen Bereich hatte Trump bereits unmittelbar nach seiner Vereidigung am Freitag damit begonnen, die Politik Obamas rückgängig zu machen. Er unterschrieb eine Anordnung, die in der Praxis auf eine Aufhebung der in Obamas Gesundheitsreform verankerten Versicherungspflicht hinauslaufen könnte. Für Montag und die kommenden Tage sind weitere Erlässe Trumps zu erwarten, für die der Präsident den Kongress nicht braucht. Ihr genauer Inhalt ist bisher unklar. Sie dürften die Themen Mauerbau zu Mexiko, Grenzsicherheit und Handel zum Inhalt haben.
Trump hofft zudem darauf, dass der Senat in den nächsten Tagen auch eine Reihe seiner Kandidaten für hohe Regierungsposten bestätigt - so vermutlich am Montag den Anwärter auf das Amt des CIA-Direktors, den bisherigen republikanischen Abgeordneten Mike Pompeo. Bisher sind nur Verteidigungsminister James Mattis und Heimatschutzminister John Kelly bestätigt und vereidigt worden. Eine Beschleunigung der Bestätigungsverfahren dürfte auch einer der Hauptpunkte bei einem Treffen Trumps mit den Spitzen beider Parteien sein, das nach CNN-Angaben für Montag anberaumt wurde.
Wende im Verhältnis zu Israel?
Über einen genauen Zeitpunkt für die Begegnung mit Netanjahu wird laut israelischen Angaben noch verhandelt. Nach Angaben des Weißen Hauses betonte Trump in dem Telefonat mit Netanjahu, dass er der Sicherheit Israels „auf bisher einmalige“ Weise verpflichtet sei und dass Frieden zwischen Israel und den Palästinensern nur direkt zwischen den beiden Seiten ausgehandelt werden könne. Netanjahus Büro teilte mit, dass sich beide über den Friedensprozess mit den Palästinensern und das Atomabkommen mit dem Iran unterhalten hätten.

APA/AP/Ronen Zvulun
Trump und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wollen die Beziehungen zwischen beiden Ländern stärken
Trump hatte zuvor wiederholt eine Wende im Verhältnis zu Israel angekündigt, nachdem die Beziehungen unter Obama zuletzt stark angespannt gewesen waren. In dem Gespräch wurden die US-Pläne für eine Verlegung der US-Botschaft offenbar nicht erwähnt. Trump hatte mehrfach seine Absicht erklärt, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen. Ähnliche Pläne früherer Präsidenten zum Umzug der US-Botschaft waren nie umgesetzt worden.
Juristen werfen Trump Verfassungsverletzung vor
US-Verfassungsrechtler wollen unterdessen eine Klage gegen Trump in Zusammenhang mit seinen Geschäftsinteressen einreichen. Sie werfen dem neuen Staatsoberhaupt vor, dass Einkünfte seiner Hotels und anderer Geschäfte gegen eine Klausel verstoßen, wonach Amtsträger keine Geschenke oder Nebeneinkünfte von ausländischen Regierungen annehmen dürfen, berichtete die „New York Times“ am Sonntag.
Präsidentensohn Eric Trump, der dem Familiengeschäft als Vizepräsident vorsteht, wehrte sich gegen die Vorwürfe. „Das ist reine Schikane zu politischen Zwecken, und, ehrlich gesagt, finde ich das sehr, sehr traurig“, sagte er in einem Interview am Sonntag. Trumps Anwälte argumentierten unterdessen, die Klausel beziehe sich auf besondere Zuwendungen und Geschenke, aber nicht auf die reguläre Bezahlung eines Hotelzimmers. „Als die Verfassung aufgesetzt wurde, hätte niemand gedacht, dass es sich bei der Bezahlung einer Hotelrechnung um Nebenbezüge handelt“, sagte Sheri A. Dillon diesen Monat bei einer Pressekonferenz.
Bericht: Flynn im Visier der Geheimdienste
Zum holprigen Start passt, dass der Nationale Sicherheitsberater Trumps, Michael Flynn, einem Zeitungsbericht zufolge wegen seiner Kontakte zu Russland ins Visier der US-Geheimdienste geriet. Der pensionierte Dreisternegeneral sei von der Spionageabwehr überprüft worden, berichtete das „Wall Street Journal“ am Sonntag. Gegenstand der Untersuchung sei die Kommunikation zwischen russischen Regierungsvertretern und Trump-Vertrauten gewesen.

APA/AP/Andrew Harnik
Michael Flynn wurde am Sonntag als Sicherheitsberater vereidigt
Ob die Untersuchung noch läuft, ist dem Bericht zufolge unklar. Auch das Untersuchungsergebnis sei nicht bekannt. Flynn, der am Sonntag vereidigt wurde, ist wegen seiner engen Kontakte nach Russland schon lange hochumstritten. Der Ex-Chef des Militärgeheimdienstes DIA trat wiederholt im staatsfinanzierten russischen Fernsehsender Russia Today auf. Er ließ sich von dem Sender unter anderem dafür bezahlen, in Moskau an einem Galadinner teilzunehmen, bei dem er neben Präsident Wladimir Putin saß.
Zuletzt sorgte Flynn wegen Telefonaten mit dem russischen Botschafter in den USA, Sergej Kisljak, für Schlagzeilen. US-Medienberichten zufolge ging es dabei um die von Obama verhängten Sanktionen gegen Russland. Flynn ist auch wegen seiner Verbreitung von Verschwörungstheorien umstritten. Er plädiert zudem für eine rigorose Bekämpfung des islamistischen Extremismus.
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