Drei Grundsätze
Die Regierung hat bei ihrer anstehenden Klausur nun mehr als genügend Gesprächsstoff: Nach Kanzler Christian Kerns (SPÖ) „Plan A“ und einer Grundsatzrede von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) tags darauf hat nun auch noch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) seine Reformpläne für dieses Jahr vorgelegt.
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Und diese widersprechen in einigen Punkten durchaus Kerns Ansagen - in anderen gab es dagegen zumindest im Grundsatz Übereinstimmung. Wie ein roter Faden durch die mehr als einstündige Rede Schellings zog sich dabei das Credo, dass nur mehr Entbürokratisierung und die Stärkung des Wettbewerbs die heimische Wirtschaft ankurble. Neue Jobs würden nur geschaffen, „wenn die Unternehmen nicht schikaniert werden“, so Schelling.

APA/Roland Schlager
Schellings Blick nach oben - er gilt den Zuschauern in den oberen Rängen
Gegen neue Steuern
Schelling, der vor versammelten Größen der heimischen Wirtschaft, etwa Erste-Bank-Chef Hans Treichl, und der Sozialpartner antrat und sich dabei im wahrsten Sinne des Wortes hemdsärmelig gab, betonte, man wisse ja genau, wo die Probleme lägen - nur werde nichts getan. Konkret forderte Schelling am Montag ein neues Sparpaket bis 2020 und erteilte den Forderungen nach neuen Steuern eine vehemente Absage.
Die Staatsverschuldung will Schelling bis 2021 auf unter 70 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken und ab 2021 einen Budgetüberschuss erzielen. Explizit nannte Schelling Deutschland mit einem Überschuss von 15 Milliarden Euro als Vorbild und nannte „meine drei Grundsätze: keine neuen Schulden, keine neuen Steuern und eine schwarze Null“.
3,8 Milliarden einsparen
Konkret plädiert Schelling an die Regierung, bis zum Ende des laufenden Finanzrahmens 2020 3,8 Mrd. Euro oder fünf Prozent des Budgets einzusparen. Dafür brauche es eine „Aufgabenanalyse“ in den Bereichen Förderungen, Steuern, Pensionen, Gesundheit, Familie, Beamte, Landwirtschaft, Umwelt und Föderalismus. Ein Drittel des gesparten Geldes soll in Zukunftsinvestitionen fließen.
Budget und Finanzrahmen will Schelling künftig gemeinsam beschließen und nicht mehr getrennt im Frühjahr und im Herbst. Das habe die „nicht unerhebliche“ Folge, „dass der Finanzminister nur mehr einmal im Jahr statt zweimal im Jahr erpresst wird“.
„Pakt für Österreich“
Schelling will ein neues Sparpaket schnüren. Neue Steuern lehnt er bei der Vorstellung von seinem „Pakt für Österreich“ vehement ab.
Gegen SPÖ-Forderung nach Wertschöpfungsabgabe
Außerdem lieferte der ÖVP-Minister die eine oder andere Spitze gegen die Grundsatzrede von Kanzler Kern: „Die Hoffnung, dass gute Laune das Budget saniert, ist falsch und vor allem trügerisch.“ Eine deutliche Absage gab es insbesondere für Kerns Steuerpläne: „Es wird mit mir als Finanzminister dieser Republik keine neuen Steuern geben. Weder eine Vermögensteuer noch eine Erbschaftsteuer noch eine Schenkungssteuer, und ich sage Ihnen: aus heutiger Sicht auch keine Wertschöpfungsabgabe.“
Denkbar wäre für Schelling einzig eine CO2-Abgabe - dies allerdings nur im europäischen Gleichklang und wenn das Geld in die Senkung der Lohnnebenkosten fließen würde.
Niedrigere KöSt bei neuen Jobs
Stattdessen plädierte Schelling für eine Reform des Stiftungsrechts - um wieder mehr Kapital ins Land zu locken. Derzeit befänden sich etwa 70 Milliarden in heimischen Stiftungen. Änderungen sollten auch dazu anregen, dass ein bis zwei Prozent des Vermögens in Start-ups investiert werde.
Vor allem sprach sich Schelling aber für die weitere Absenkung der Körperschaftssteuer (KöSt) aus - statt einer von anderer Seite etwa geforderten Anhebung. Profitieren sollten all jene Firmen, die neue Jobs schaffen. Und, so eine von mehreren Spitzen gegen die Sozialpartner, Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer sollten drei Jahre lang auf ihre Pflichtbeiträge verzichten, um die Nebenkosten zu senken.
Rütteln am Kündigungsschutz
Unternehmen sollen drei Jahre lang steuerbegünstigt ansparen dürfen, mit dem Ziel, dass dieses Geld für Investitionen verwendet wird. Entlastet sollen Unternehmer zusätzlich durch die Senkung von Strafen werden: Arbeitsinspektoren sollen beim ersten Delikt nur beraten, kumulierte Strafen nicht mehr möglich sein. Das Senioritätsprinzip beim Lohn will Schelling ebenso hinterfragen wie den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer über 50.
Auch verschärfte Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose stehen auf seiner Wunschliste, ebenso ein neues Beamtendienstrecht nach Vorbild der Privatwirtschaft.
Für Abschaffung der kalten Progression
Um die Konjunktur anzukurbeln, plädierte Schelling einmal mehr für seinen Plan, die kalte Progression abzuschaffen - also bei Erreichen eines gewissen Inflationswerts automatisch auszugleichen. Maximal zehn Prozent des Volumens davon könnten auch für besonders Betroffene zweckgewidmet werden, ging Schelling auf den Koalitionspartner SPÖ zu.
Schelte für Länder und Gemeinden
Zugleich sollten sich Bund, Länder und Gemeinden auf eine Gebührenbremse einigen, damit das Geld durch die Steuerreform bei den Steuerzahlern bleibt. Nur so werde es die Konjunktur beleben. Für die Länder gab es zudem Kritik, weil sie ihre Förderungen nur zögerlich via Transparenzdatenbank öffentlich machten. Einzige löbliche Ausnahme ist laut Schelling Oberösterreich, das alle Förderungen veröffentliche.
Schelling forderte, Geld von ÖBB und ASFINAG in den Ausbau des Breitbandinternets umzuschichten. Er sprach sich für eine Novelle des Insolvenzrechts und die seit Jahren versprochene Bundesstaatsreform aus. Eine Plattform für Deregulierung will Schelling „demnächst“ gemeinsam mit seinem SPÖ-Pendant vorstellen.
In den bunten Forderungskatalog packte Schelling auch einen „Einschleiftarif“ in der Sozialversicherung (also niedrigere Beiträge für Geringverdiener), bis zu einer höheren Forschungsprämie und dem Aus für den 55-prozentigen Spitzensteuersatz sowie eine Pensionsreform.
Appell an Sozialpartner und Opposition
Schelling appellierte gegen Ende seiner Rede nochmals an die Sozialpartner. Die Sozialpartnerschaft müsse sich zu einer „Standortpartnerschaft“ weiterentwickeln, so der Minister, ohne konkret zu sagen, welche Änderungen damit gemeint seien. Und auch die Opposition versuchte Schelling in die Pflicht zu nehmen: Er plädierte, alles im Rahmen eines „Pakts für Österreich“ bis 2021 festzuschreiben. Und alle Seiten sollten sich verpflichten, auch im Fall eines Regierungswechsels dieses Programm abzuarbeiten.
An die SPÖ gewandt plädierte Schelling, alle Maßnahmen, die ohne Gesetzesänderungen machbar seien, bis Jahresmitte umzusetzen und den Rest bis Jahresende. „Wer A sagt, muss auch B sagen“, so Schelling in Richtung Kern.
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