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Mit bunten Rädern gegen Smog und Stau

Wenn die Smogwolken gerade nicht zu tief hängen, sind sie mittlerweile fast nicht mehr zu übersehen: Hunderttausende bunte Fahrräder, die sich in chinesischen Großstädten in den chaotischen Alltagsverkehr mischen. Nach wie vor gilt China als der Zukunftsmarkt für die Autoindustrie. Doch die mit der Motorisierung einhergehenden Probleme lassen sich längst nicht mehr von der Hand weisen - und haben eine Reihe von geschäftstüchtigen Start-ups auf den Plan gerufen.

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Kilometerlange Staus, permanent verstopfte Straßen und regelmäßiger Smogalarm im gesundheitsschädlichen Bereich sind für die Bewohner der Großstädte eine permanente Belastung. Offiziellen Angaben zufolge hat sich die Zahl der Autos in China in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt und liegt im Moment bei über 150 Mio. Fahrzeugen. Man rechnet mit einem anhaltenden Boom, schließlich ist die Pro-Kopf-Motorisierung noch weit unter jener im Westen.

Fahrräder in einem chinesischen coworking space

Reuters/Clare Jim

Hippe Jungunternehmen in China setzen auf Bikesharing

„Wir wollen die Probleme lösen, indem wir wieder Fahrräder zurück auf unsere Straßen bringen“, erklärt Li Zekun, der 25-jährige Marketingchef von Ofo, einem der Hightech-Bikesharing-Start-ups gegenüber dem „Guardian“. Sein Unternehmen brachte seit Ende 2015 rund eine Viertelmillion von knallgelben Fahrrädern auf die Straßen mehrerer Städte, rund 50.000 alleine in Peking. Dazu drängen mehr und mehr Mitbewerber auf den Markt, etwa erst das im November gegründete bluegogo.

High-End-Fahrräder mit Navigationssystem

Ofos größter Konkurrent Mobike will bis zum Jahresende mit gut 100.000 Rädern dagegenhalten. Das Konzept ist im Wesentlichen das gleiche, nur dass Mobike mit stylischen orangefarbenen High-End-Fahrrädern inklusive Navigationssystem auf zahlungskräftigeres Publikum setzt, während Ofos robuste Standardräder auf ein eher studentisches Publikum abzielen.

Gegen die 5,6 Millionen registrierten Autos bleibt das natürlich ein verschwindend geringer Anteil, so der „Guardian“. Doch seit die chinesische Regierung der Luftverschmutzung den Kampf angesagt hat, ist in den Städten die Hoffnung auf eine Rückkehr zum Fahrradverkehr höher denn je. 18 Prozent der Pendler will man in Peking demnach bis 2020 dazu bringen, auf das Fahrrad umzusteigen.

Einfache Bedienung per App

Um den Stadtbewohnern die Leihräder schmackhaft zu machen, setzt man auf ein sehr niederschwelliges Bedienkonzept. Anders als in den meisten europäischen Städten müssen die Räder etwa nicht an eine fixe Station zurückgebracht werden. Vergleichbar mit dem europäischen Carsharing-Modell Car2Go ist jedes Rad mit einem GPS-System ausgestattet, das die Auffindung eines freien Rades in der Umgebung mittels App erlaubt.

Auch der Ausborge- und Rückgabevorgang ist entsprechend einfach und erfolgt per App. „Es ist wirklich praktisch“, so Li gegenüber dem „Guardian“. Man könne innerhalb von zehn Sekunden einfach losradeln. „Immer mehr Menschen werden diese gesunde Art der Fortbewegung wählen, dadurch wird die Zahl der Autos auf den Straßen massiv sinken“, ist sich Li sicher. „Das ist gut für die Umwelt.“

Viel Geld für junge Gründer

Die meist jungen Gründer sind trotzdem nicht ganz so altruistisch, was ihre Motive anlangt, denn es geht auch um viel Geld. Anders als in Europa, wo etwa die Citybikes in Wien, die Boris Bikes in London, Velib in Paris oder die Villo!-Räder in Brüssel zumindest teilweise durch die Gemeinden finanziert werden, sind die chinesischen Betreiber profitorientiert. Chinesische Investoren wie die Technologiegiganten Didi Chuxing und Tencent werfen ihr Gewicht in den Ring und pumpen Millionen in die Bike-Sharing-Initiativen.

Nicht nur in China wird der Radverleihbranche eine große Zukunft vorhergesagt. Einer von „Bloomberg“ zitierten Roland-Berger-Studie zufolge könne der globale Markt bis 2020 um 20 Prozent steigen und bis zu 5,8 Millionen Dollar umsetzen.

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