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Auf Fahndungsliste von Interpol

Der Gründer der All-inclusive-Clubs Magic Life, der Österreicher Cem Kinay, hinterlässt offshore Spuren – sowohl in Bahamas-Leaks als auch in den Panama-Papers. 2009, bevor ihn Interpol wegen Bestechung auf die Fahndungsliste setze, versuchte er mit Hilfe der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonsecca, sein Vermögen in Sicherheit zu bringen.

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Kinay hatte zuvor auch in Österreich eine erfolgreiche Karriere hingelegt: Geboren in Istanbul, Medizinstudent in Wien, Wahlösterreicher, Gründer der Magic-Life-Gruppe. Zuletzt: Projektentwickler in Übersee – wobei es sich nicht nur um Immobilien, sondern auch um Offshore-Konstruktionen handelte.

Kinay findet sich sowohl in den Panama-Papers als auch in den nun publizierten Daten von Bahamasleaks, die vom Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ), der „Süddeutschen Zeitung“ und internationalen Medienpartnern, darunter der ORF, aufgearbeitet wurden. Die Spuren, die er in den Daten hinterlassen hat, dürften in direktem Zusammenhang mit einer gescheiterten Immobilienentwicklung auf zwei Karibik-Inseln stehen, die Kinay schließlich auf die Fahndungsliste der Interpol katapultierten.

Star in der Tourismusbranche

Es war 2005, konkret am 17. Juni, als in Nassau auf den Bahamas eine Turks General Partners Limited als International Business Corporation ins Firmenregister eingetragen wurde. Als Direktor wird ein gewisser Dr. Cem Kinay notiert, zu diesem Zeitpunkt noch Star der österreichischen Tourismusbranche: Der türkisch-österreichische Doppelstaatsbürger hat den Reiseanbieter Gulet vom einschlägigen Yachtspezialisten zum massentauglichen Touristikanbieter hochgejazzt.

Cem Kinay

AP/Ronald Zak

1997 war Kinay für das Wirtschaftsmagazin „Trend“ noch „Der Mann des Jahres“

1990 gründete er Magic-Life: Die All-inklusive-Clubs sollten fortan die Standards im Pauschaltourismus neu setzen. 2004 aber zog er einen Schlusspunkt unter diese Erfolgsgeschichte und verkaufte seine Beteiligungen. Um wie viel, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Tatsache ist: Zu diesem Zeitpunkt wälzte Gulet 500 Millionen Euro, Magic Life 150 Millionen Euro im Jahr um.

Luxusvillen für Stars geplant

2005 erfolgte also die Registrierung von Turks General Partners Limited auf den Bahamas - wohl in der Absicht, sein neues künftiges Projekt zu entwickeln. Denn wenige Tage später unterschrieb Kinay einen Kaufvertrag für ein Eiland mit dem klingenden Namen Dellis Cay, das zur Inselkette der britischen Turks- und Caicos-Inseln ressortiert. Er plante Luxuswohnungen und -villen für die VIPs dieser Welt, entworfen von Stararchitekten. Das Glamour-Couple Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones sollte unter den ersten Interessenten sein.

Dann der Auftritt von Michael Misick: Der Regierungschef der Turk and Caicos Islands, Mitglied der Fortschrittspartei, später auch zuständig für die Agenden Entwicklung, Wirtschaft und Tourismus, hatte für Kinays Projekt ein offenes Ohr. Und offenbar auch eine offene Hand: Im September 2006 überwies eines von Kinays Unternehmen 200.000 Dollar (knapp 180.000 Euro) auf ein Konto der Fortschrittspartei.

Im Jänner 2007 spendete Kinay 500.000 Dollar, die wieder in Misicks Einflusssphäre flossen. Im Oktober 2008 schließlich - Kinay hatte zwischenzeitlich weiteres Land erworben, die Bauarbeiten waren bereits in Gang – noch einmal 150.000 Dollar. Das Geld floss wieder auf das Konto der Fortschrittspartei, diesmal deklariert als Hurrican-Hilfe.

Großbritannien setzt Untersuchungskommission ein

In Summe zahlte Kinay also 850.000 Dollar an den Premier. Wofür? Darüber gehen die Versionen nun entschieden auseinander. Kinay sagt, es habe sich um Parteispenden gehandelt. Großbritannien sieht dies entschieden strenger. Nachdem dem britischen Parlament Gerüchte über Ungereimtheiten in ihrem Überseeterritorium zu Ohren gekommen war, setzte es im Juli 2008 eine Untersuchungskommission ein.

Sie wird später in ihrem Bericht festhalten, das Geld Kinays sei nie für die Fortschrittspartei verwendet worden, auch nicht für einen Katastrophenfonds. Und: Jedenfalls eine Zahlung Kinays sei über einen Umweg bei jenem Innenarchitekten gelandet, der das Haus von Premier Misick ausgestattet hatte. Die Schlussfolgerung der Ermittler: Misick sei „möglicherweise in Korruption und/oder Untreue“ verwickelt. Und Kinay? Er stand plötzlich unter dem Verdacht der Bestechung.

Kinay will „Erbe“ geregelt übergeben

Im März 2009 war Misick politisch Geschichte. Kinay wiederum dürfte zur selben Zeit, in Kenntnis der Ermittlungen in London, versucht haben, sein Vermögen ins Trockene zu bekommen. Am 8. Mai 2009 nahm er, das belegen Mails aus dem Datensatz der Panama-Papers, mit Mossack Fonseca Kontakt auf. Jene Anwaltskanzlei, die als Dienstleister für Offshore-Konstruktionen im April ins Visier des ICIJ geraten war.

Kinay schrieb, er wolle eine Privatstiftung in Panama oder in Belize gründen, um sein „Erbe“ geregelt zu übergeben und um sein Geld vor dem Zugriff der Konkurrenz oder der ausländischen Justiz abzusichern. Er brauche eine Struktur, die sein Geld „vor allen strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Anklagen oder Urteilen, ob im In- oder Ausland, abschirmt“.

Nach einem Treffen mit einem Anwalt von Mossack Fonseca entschied sich Kinay dann für einen Trust in Belize. Kinay reagierte weder auf Anfragen der BBC noch auf jene der „Süddeutschen Zeitung“ noch auf jene des ORF. Heute lebt er in der Türkei. Interpol hat ihn wegen des Verdachts der Bestechung von Misick zur Fahndung ausgeschrieben. Die Türkei stimmte einem Auslieferungsbegehren aber nie zu.

„Opfer der Politik der Turks- und Caicos-Inseln“

Gegenüber der türkischen Tageszeitung „Cumhuriyet“ gab Kinay am Mittwoch dann doch eine Stellungnahme ab. In dieser verwies er auf eine „politische Unsicherheit“ auf den Turks- und Caicos-Inseln in den Jahren 2008 und 2009. Dabei sei auch eine Verlagerung des Geschäfts nach Panama oder andere Länder evaluiert worden. Man habe aber keine Änderungen der Unternehmensstruktur gemacht.

Kinay bezeichnet sich als „Opfer der Politik der Turks- und Caicos-Inseln“. Er habe nicht nur sein Vermögen, sondern auch seine Reputation verloren und auch seinen neun Jahre alten Sohn seit vier Jahren nicht mehr gesehen.

Ulla Kramar-Schmid, Jakob Weichenberger, ZIB2

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