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Haltbarkeit der Feuerpause fraglich

Die Kämpfe zwischen türkischen Soldaten und kurdischen Milizen in Syrien sind nach Angaben der USA abgeflaut. Seit zwölf bis 18 Stunden habe es keine Gefechte mehr gegeben, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Dienstag. Die Washingtoner Regierung hoffe, dass die Ruhe anhalte, damit sich beide Seiten auf den gemeinsamen Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) konzentrieren könnten.

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Kurdische Vertreter sprachen von einer vereinbarten Waffenruhe, die halte. Aus türkischen Militärkreisen und von mit der Türkei verbündeten Rebellengruppen hieß es dagegen, es werde gegenwärtig einfach nicht geschossen. „Es gibt keinen Waffenstillstand und keine Feuerpause“, sagte ein Kommandant einer der protürkischen Milizen. Der Einsatz werde bald fortgesetzt.

USA: „Lose Vereinbarung“

Die Türkei und die syrischen Kurden hatten nach Angaben aus Washington die Einstellung ihrer Kämpfe im Norden Syriens vereinbart. „In den vergangenen Stunden haben wir Zusicherungen aller beteiligten Parteien erhalten, dass sie sich nicht länger beschießen und sich auf die IS-Bedrohung konzentrieren werden“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP US-Militärsprecher John Thomas.

Türkische Panzer

APA/AP/IHA/Ismail Coskun

Türkische Panzer nahe der Grenzstadt Karkamis

„Es ist eine lose Vereinbarung für die nächsten Tage, und wir hoffen, dass sie sich verfestigt.“ Thomas meinte, die Türkei habe mit den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) und den USA Gespräche begonnen, um die „Feindseligkeiten zu begrenzen“.

Die SDF-Miliz ist ein Bündnis arabischer und kurdischer Rebellen, das von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) dominiert wird, dem bewaffneten Arm der Partei der Demokratischen Union (PYD), die Ankara als syrischen Ableger der verbotenen türkischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) betrachtet. Als konkreter Konterpart der türkischen Streitkräfte wurde auch der Militärrat der Stadt Dscharabulus genannt.

Scharfe Kritik an türkischer Offensive

Frankreichs Präsident Francois Hollande und auch die USA hatten zuvor am Dienstag scharf kritisiert, dass Ankara zugleich den IS und die kurdischen Anti-IS-Kämpfer angreife. Die Türkei habe Truppen in Syrien stationiert, um sich gegen den IS zu verteidigen, sagte Hollande. Gleichzeitig gehe die Türkei gegen Kurden vor, die ihrerseits mit Unterstützung der internationalen Koalition den IS bekämpften. „Diese mannigfaltigen widersprüchlichen Interventionen bergen das Risiko, einen Flächenbrand auszulösen“, sagte Hollande.

Ankara hat unterschiedliche Interessen

Die türkische Armee hatte am Mittwoch die Grenze nach Syrien überquert. Dabei verfolgt die Regierung in Ankara zwei Ziele: die Extremistenmiliz IS zu vertreiben und zu verhindern, dass kurdische Rebellen die Macht in diesen Gebieten übernehmen. Das hat auch die USA, die die internationale Koalition gegen den IS anführen, zu scharfer Kritik veranlasst, was zu einem Streit zwischen den NATO-Verbündeten führte.

Karte von Syrien und der Türkei

Omniscale/OSM/ORF.at

Unkoordinierte Einsätze spielten den Islamisten nur in die Hände, erklärte das US-Verteidigungsministerium. US-Vizesicherheitsberater Ben Rhodes sagte am Dienstag, die türkischen Operationen würden auch Thema beim Treffen von Präsident Barack Obama mit seinem Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan am Sonntag im chinesischen Hangzhou (beim Gipfel der G-20) sein.

„Systematische Politik gegen Zivilisten“

Die USA wollten vermeiden, dass Mitglieder der Koalition im Kampf gegen den IS gegeneinander vorgingen, betonte Rhodes. Obama wolle mit Erdogan darüber sprechen, „dass wir vereint bleiben müssen in unseren Bemühungen, den IS zu besiegen“.

Türkische Panzer

APA/AP/IHA/Ismail Coskun

Militärkonvoi auf der türkischen Seite der Grenze

Auch der Militärrat von Manbidsch warf den türkischen Truppen vor, Einwohner aus der Region und um diese herum zu vertreiben. Dabei seien „Massaker“ Teil einer „systematischen Politik gegen Zivilisten“, sagte Scherwan Darwisch, Sprecher des Militärrates, am Dienstag. Die Türkei zeigte sich von der Kritik unbeeindruckt. Niemand habe das Recht, der Türkei vorzuschreiben, „gegen welche Terrororganisationen wir kämpfen können und welche wir ignorieren sollen“, sagte der türkische Europaminister Omer Celik. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu warf der Kurdenmiliz YPG eine „ethnische Säuberung“ in Manbidsch vor.

Appell an Russlands Einfluss

Frankreich, das Teil der Koalition zur Bekämpfung des IS ist, hat den Kurden und anderen Aufständischen Elitesoldaten zur Seite gestellt. Hollande sagte, es sei absolut dringlich, dem Blutvergießen in Syrien ein Ende zu setzen. Darüber werde er Ende der Woche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Rande des G-20-Gipfels in China sprechen. Russland ist der Hauptverbündete Assads.

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