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Neue Spielarten der Körperbemalung

Der Trend zum Tattoo nimmt bei dieser Fußball-EM neue Dimensionen an. Die Tendenz der durchgängig tätowierten Oberkörper, Arme und Beine will nicht nachlassen und geht einen Schritt weiter: Neben dem altbekannten Flügelmotiv entpuppen sich Hals und Nacken als ideale Stellen für japanische Zeichen, Schriftzüge und sonstiges Allerlei.

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Ein Fußballer hat es sich tatsächlich getraut. Der portugiesische Nationalspieler Ricardo Quaresma hat sein Gesicht mit drei Tattoos dekoriert. Unterhalb seines rechten Auges sind zwei Tränen zu erkennen, die ein wenig an den US-Gangster-Rapper Lil Wayne erinnern. Die zwei anderen Tattoos sind nur aus der Nähe erkennbar: Auf dem linken Wangenknochen befindet sich ein Kreuz, direkt neben dem linken Ohr ist ein Diamant platziert.

Ricardo Quaresma (Portugal)

APA/AFP/Lionel Bonaventure

Zwei von drei Tattoos auf Ricardo Quaresmas linker Gesichtshälfte

Quaresma selbst hat sich zu seiner Tätowierung im Gesicht bisher nicht geäußert, und im Netz wird bereits spekuliert, ob sich der Fußballer überhaupt bewusst ist, wie das Tränen-Tattoo gedeutet werden könnte:

Nicht immer eindeutig

Auch andere Spieler der heurigen EM tragen permanente „Zeichnungen“ rund um die Nacken- und Halsgegend. Etwa der slowakische Spieler Marek Hamsik. Neben einem Emblemen auf dem Bauch, einem Wappen am Oberschenkel und einigen anderen Tattoos befindet sich entlang seines Genicks ein japanisches Schriftzeichen, das für „Leidenschaft“ stehen soll.

Marek Hamsik

Reuters/Albert Gea

Der Slowake Marek Hamsik trägt „Leidenschaft“ am Hals

Wovon der polnische Tormann Artur Boruc hingegen abhängig zu sein scheint, ist aus seinem unvollendeten Schriftzug vom Ohr abwärts nicht ersichtlich. Zu sehen ist die Beschriftung „Addicted To“ und etwas, das nach einem schiefen Notenschlüssel aussieht, gefolgt von Auslassungszeichen.

Was bei Boruc wenigstens irgendwie in eine Richtung auslegbar ist, ist beim slowakischen Spieler Vladimir Weiss sehr abstrakt: Neben seinem linken Ohr ist ein eckiges Etwas in Herzform sichtbar, das die Initiale M in der Mitte zu haben scheint.

Vladimir Weiss (Slowakei)

APA/AFP/Joe Klamar

Das Tattoo hinter Vladimir Weiss’ Ohr ist reine Auslegungssache

Flügelthema und die große, rote Rose

Die mit Abstand offenkundigste Hautbemalung trägt heuer der Belgier Radja Nainggolan: Eine rote Rose mitsamt Grünzeug ziert den Bereich rund um seinen Kehlkopf. Das Motiv dürfte er sich abgeschaut haben - es ähnelt stark der Lotusblüte am Hals des englischen Fußballspielers Jermaine Pennant.

Radja Nainggolan (Belgien)

APA/AFP/Gabriel Bouys

Beim Belgier Nainggolan ist in der Halsgegend kaum noch Haut zu sehen

Nainggolans Nacken ist außerdem mit einem geflügelten Herz verschönert. Überhaupt ist das Flügelthema ein beliebtes Motiv bei Fußballern. David Beckham und Neymar haben sie. Auch der irische Spieler Stephen Ireland und der Slowake Martin Skrtel entschieden sich für die Schwingen. Bei beiden bedecken sie den gesamten Rücken.

Der Belgier Axel Witsel trägt neben einer eingravierten Kette um seinen Hals zwei Flügel auf der Brust. Genauso wie der britische Spieler Nathaniel Clyne.

Missglückte Übersetzung

Neben einem eher unspektakulären Federtattoo seitlich entlang des Halses hat sich der ungarische Spieler Tamas Kadar ein sehr spezielles Motiv auf seine linke Wade stechen lassen. Unter einem motivierenden Spruch ist ein halb geöffneter Mund zu erkennen, der sich mit einer Erdbeerzunge über die Lippen leckt.

Tamas Kadar (Ungarn)

APA/AFP/Attila Kisbenedek

Tamas Kadar aus Ungarn mit einem relativ großen Federtattoo

Beim Tätowierer kann manchmal auch etwas schiefgehen. Auf dem unteren Rücken des kroatischen Nationalspielers Mario Mandzukic sind hebräische Schriftzeichen zu sehen. Aber das Zitat „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker“ wurde nicht nur spiegelverkehrt verewigt, anstelle des konjugierten Verbs steht dort auch der Infinitiv „stärker machen“.

Der Tätowierer des Vertrauens

Der serbisch-österreichische Fußballspieler Marko Arnautovic scheint jedoch großes Vertrauen in seinen Tätowierer Helmut Zeiner zu haben. Der unter dem Künstlernamen Slimheli bekannte Tätowierer kennt Arnautovic schon seit 2008 und ist für viele seiner Tattoos verantwortlich.

Marko Arnautovic

ORF.at/Christian Öser

Arnautovics Arme sind fast zur Gänze tätowiert

Aurnautovics Körperbemalung sei sehr persönlich, so Slimheli gegenüber ORF.at. Deshalb mache er bei Kunden auch keine Tattoos nach. „Viele fragen, ob sie ein Motiv von Marko haben können, aber das mache ich nicht“, sagt der 49-Jährige weiter.

Von Fink bis Balotelli

Auch dem deutschen Trainer Thorsten Fink habe er ein Tattoo verpasst, so Slimheli. Seitdem seien sie gut befreundet. Allerdings: „Das wird man aber nirgends finden, weil er das Motiv nicht in der Öffentlichkeit preisgeben möchte - und das respektiere ich.“ Nicht nur wegen seiner Verschwiegenheit ist Slimheli ein begehrter Tätowierer unter Sportlern. Er macht auch internationale „Hausbesuche“. In der Sportszene kenne man sich untereinander und wisse sofort, wenn er anreise, um zu tätowieren.

Slimheli geht dem Beruf als Tätowierer erst seit ungefähr zwölf Jahren nach. Trotzdem sind die von Slimheli tätowierten Sportler so unzählig, dass sich der Wiener nicht mehr an alle erinnert - im Gespräch mit ORF.at fallen aber Namen wie Aleksandar Dragovic und Mario Balotelli. Er selbst sieht sich jedoch nicht als „Promi-Tätowierer“: „Ich tätowiere ihn nicht, weil er Promi ist. Ich lerne sie kennen und entscheide selbst, bei wem ich es mache oder auch nicht“, erklärt Slimheli.

Yasmin Szaraniec, ORF.at

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