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Brandstetter sieht IT als „Schlupfloch“

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hat Ende März eine weitere Änderung der Strafprozessordnung (StPO) in Begutachtung geschickt. Es geht um eine neue Ermittlungsmaßnahme, nämlich die „Überwachung von Nachrichten, die im Wege eines Computersystems übermittelt werden“. Die Grundlage für einen „Bundestrojaner“ sei das nicht, wurde betont.

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Um die Aufklärung schwerer Straftaten zu ermöglichen, sollen Ermittlungsbehörden bei dringendem Verdacht auf eine schwere Straftat verschlüsselte Nachrichten, die über ein Computersystem übermittelt wurden, überwachen können. Dazu zählt beispielsweise die Kommunikation über PC, Handy, Tablet und auch Spielekonsolen, die - so das Ministerium - sehr oft von Kriminellen genutzt wird.

Gesetz soll ab 2017 gelten

Anwenden will man die Ermittlungsmaßnahme unter strengen Voraussetzungen bei Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren bedroht sind, wie zum Beispiel bei Mord und bei Verbrechen der terroristischen Vereinigung. Zur Anwendung soll das ausschließlich über eine direkte Installation eines Programms im jeweiligen Computersystem kommen. Der Entwurf sei mit der SPÖ akkordiert, die Begutachtungsfrist ist auf sechs Wochen angelegt.

Nach dem Beschluss im Parlament soll das Gesetz mit 1. Jänner 2017 in Kraft treten. Der Einsatz der Maßnahme soll an strenge Voraussetzungen und umfassende Protokoll- und Kontrollpflichten geknüpft werden. So muss nach Anordnung der Staatsanwaltschaft eine gerichtliche Bewilligung vorliegen. Außerdem soll das eingesetzte Programm gewährleisten, dass ausschließlich Daten ermittelt werden, die über ein Computersystem empfangen oder übermittelt werden.

Nur manuelle Installation zulässig

Ein „Hacken“ von außen mittels Spionagesoftware sei im Entwurf nicht enthalten, auch die Grundlage für die Einführung eines „Bundestrojaners“ sei das nicht. Vielmehr müssen die Ermittler das betreffende Gerät in die Finger bekommen (auch durch Eindringen in Räumlichkeiten, Öffnen von Schubladen oder Aktentaschen, Entnehmen des Geräts aus der Bekleidung des Betroffenen und Überwinden eines Passwortschutzes) und das Überwachungsprogramm installieren.

Widersprüchlich ist das Ministerium bei den Angaben über das Ende der Überwachung. Anfangs hieß es, die Software müsse am Ende der Ermittlungen auch wieder manuell entfernt werden. Später zitierte die APA aber den zuständigen Sektionsleiter im Justizministerium, Christian Pilnacek, mit der Äußerung, dass sich die Software nach einer bestimmten Zeit selbst abschalten werde. Eine Fernabschaltung soll weiterhin nicht möglich sein.

Jährlicher Bericht an Parlament vorgesehen

Der Zeitraum der Onlineüberwachung muss laut dem Entwurf genau bestimmt werden und die eindeutige Zuordnung zur Zielperson gewährleistet sein. Zur Prüfung und Kontrolle sollen sämtliche Prozessschritte im Ermittlungsverfahren protokolliert werden sowie ein Rechtsschutzbeauftragter die Verhältnismäßigkeit prüfen. Außerdem soll das Justizministerium dem Parlament jährlich einen Bericht über den Einsatz der Ermittlungsmaßnahme vorlegen, um einen maßvollen Einsatz zu gewährleisten.

„Durch neue technologische Entwicklungen bieten sich leider meist auch neue Möglichkeiten für Kriminelle. Wir dürfen aber gerade schwerst Kriminellen keine ‚Schlupflöcher‘ bieten“, begründete Brandstetter die Notwendigkeit neuer Überwachungsmaßnahmen in einer Aussendung. „Daher brauchen wir noch gezieltere Möglichkeiten, Kommunikationswege von schweren Straftätern mit richterlicher Kontrolle zu überwachen.“

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