Order an Polizei und Behörde ausgegeben
Schweden plant die Abschiebung von bis zu 80.000 abgelehnten Asylwerbern. Die Regierung habe die Polizei und die Einwanderungsbehörde angewiesen, diese Order umzusetzen, sagte Innenminister Anders Ygeman am Mittwochabend dem schwedischen Fernsehsender SVT. Normalerweise würden abgelehnte Asylwerber mit Linienflügen abgeschoben, angesichts der hohen Zahl würden aber nun Charterflugzeuge angemietet.
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Vermutlich werde sich das über mehrere Jahre hinziehen. Im vergangenen Jahr beantragten 163.000 Flüchtlinge in Schweden Asyl. Von den knapp 60.000 Anträgen, welche die schwedischen Behörden 2015 bearbeiteten, erhielten Regierungsangaben zufolge 55 Prozent der Antragsteller Asyl. Zum Vergleich: In Österreich beantragten 2015 rund 90.000 Menschen Asyl. In der ersten Instanz wurden von den mehr als 36.000 entschiedenen Anträgen knapp 14.000 positiv bewertet - mehr dazu in oesterreich.ORF.at
Reuters/TT News Agency /Stig-Ake Jonsson
Flüchtlinge Ende November in Malmö
Seit November wieder Grenzkontrollen
Schweden hatte im November wegen der Flüchtlingskrise wieder Grenzkontrollen eingeführt, seit Jänner müssen auch alle Zugs- und Busunternehmen die Identitäten der Passagiere festhalten, die über die Öresund-Brücke von Dänemark nach Schweden kommen. Nach Regierungsangaben kamen seither täglich etwa hundert Flüchtlinge an, im Oktober waren es noch fast 10.000 pro Woche gewesen.
Zuletzt hatte eine tödliche Messerattacke gegen eine 22 Jahre alte Mitarbeiterin in einem Heim für jugendliche Flüchtlinge in Westschweden die Stimmung im Land deutlich verändert. Über das Motiv des 15-jährigen Asylwerbers herrscht weiter Rätselraten.
APA/AP/TT News Agency/Henrik Montgomery
Innenminister Anders Ygeman
Die Zeitung „Dagens Industri“ zitierte Ygeman: „Ich glaube, dass es sich auf jeden Fall um 60.000 Personen dreht, aber es können auch bis zu 80.000 werden.“ „Wir haben eine große Herausforderung vor uns“, fügte Ygeman demnach hinzu. „Dafür müssen wir die Ressourcen erhöhen und die Zusammenarbeit zwischen den Behörden verbessern.“
Innnenminister: „Bedeutendes Risiko“
Zunächst wolle man gute Voraussetzungen für eine freiwillige Rückkehr der Asylwerber schaffen. „Aber wenn wir das nicht schaffen, muss es eine Rückkehr mit Hilfe von Zwang geben“, sagte er den Angaben zufolge. Laut Regierung gebe es „ein bedeutendes Risiko“, dass große Gruppen in den Untergrund verschwinden. Darauf bereite sich die Polizei etwa mit dem Ausbau der Grenzpolizei und mehr Ausländerkontrollen im Land vor. „Ich glaube, wir werden mehr Charterflugzeuge sehen, vor allem in EU-Regie“, sagte Ygeman. Die schwedische Regierung verhandelt nach Angaben von „Dagens Industri“ unter anderem mit Afghanistan und Marokko über die Rückkehr von Flüchtlingen aus diesen Ländern.
Migrationsminister kritisiert „Trittbrettfahrer“
Der schwedische Justiz- und Migrationsminister Morgan Johansson hatte zuvor die meisten EU-Mitglieder wegen ihrer zögerlichen Haltung bei der Aufnahme von Flüchtlingen als „Trittbrettfahrer“ kritisiert. EU-Mitglied zu sein heiße, Rechte und Privilegien zu besitzen, sagte Johansson der deutschen „Zeit“. Allerdings gebe es auch Verpflichtungen. „Wir können nicht zulassen, dass manche Länder sagen: Wir wollen nur die Vorteile. Es gibt einen Namen für Personen, die so sind: Trittbrettfahrer. Europa kann nicht auf Trittbrettfahrern gründen.“ Johansson forderte ein neues Verteilungssystem für Flüchtlinge in Europa. „Jetzt müssen andere Länder ran“, sagte er.
Neben Schweden, Österreich und Deutschland gebe es in der EU noch 25 andere Länder, „die jetzt auch Verantwortung übernehmen müssen“. Nach den Vorstellungen Johanssons sollten sich die Flüchtlinge in Griechenland registrieren lassen und dort ihren Asylantrag stellen. „Dann werden sie dorthin geschickt, wo es Kapazitäten gibt“, sagte Johansson. „Wenn ihr Antrag genehmigt wird, dürfen sie bleiben; wenn nicht, müssen sie zurück“.
Finnland will 20.000 Asylwerber abschieben
Unterdessen kündigte auch Finnland eine Abschiebung abgelehnter Asylbewerber im großen Stil an. Wie das Innenministerium in der Hauptstadt Helsinki auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP mitteilte, wird es sich voraussichtlich um etwa 20.000 Menschen handeln. Damit seien rund zwei Drittel der im vergangenen Jahr gestellten 32.000 Asylanträge betroffen.
Niederlande: Direkt in die Türkei zurück
Die Niederlande legten indes einen neuen europäischen Plan vor, wonach Flüchtlinge von den griechischen Inseln direkt mit Fähren in die Türkei zurückgeschickt werden sollen. Der Plan werde zurzeit in mehreren EU-Staaten ausgearbeitet, sagte der Fraktionsvorsitzende der regierenden Sozialdemokraten, Diederik Samsom, der Tageszeitung „De Volkskrant“ (Donnerstag-Ausgabe). Im Gegenzug würden sich die EU-Mitgliedsstaaten verpflichten, 150.000 bis 250.000 Flüchtlinge pro Jahr zuzulassen.
Unter dieser Bedingung sei die Türkei nach Aussagen des niederländischen Politikers bereit, die Flüchtlinge wieder aufzunehmen. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte habe darüber bereits intensiv mit Deutschland, Schweden und Österreich beraten. „Wir brauchen dazu eine Kerngruppe der EU mit Deutschland, Österreich, Schweden und den Niederlanden“, sagte Samsom.
Bereits beim EU-Gipfel im Februar in Brüssel könnten weitere Schritte unternommen werden. „Es ist eine bessere Alternative, als die Grenzen zu schließen“, betonte Samsom. Die ersten Fähren sollten bereits im März oder April eingesetzt werden. Die Niederlande haben zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.
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