Keine einheitliche Asyllinie absehbar
Von Weihnachtsfrieden ist in der Koalition nichts zu spüren: Das Thema Asyl spaltet SPÖ und ÖVP zusehends. Nach dem Ministerrat am Dienstag lieferten einander Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) vor den Medien einen Schlagabtausch. Die jüngsten Aussagen von Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) waren dabei ebenso Thema wie der Vorstoß von ÖVP-Integrationsminister Sebastian Kurz.
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Der Themenkomplex „Asyl auf Zeit“ war am Dienstag erneut auf der Tagesordnung des Ministerrats - die beiden Koalitionspartner sind sich über Details nach wie vor nicht einig - und das, obwohl bereits die Begutachtungsfrist über die Verschärfung abgelaufen ist. Minister Kurz hatte Ausnahmen bei der Novelle von „Asyl auf Zeit“ vorgeschlagen: Ist jemand gut integriert, soll er nach drei Jahren - unabhängig von der Lage im Herkunftsland - in Österreich bleiben dürfen.
Mitterlehner: SPÖ lehnt erst ab und setzt dann um
Faymann hält von dem Vorschlag offenbar wenig. Kurz solle Details vorlegen, aber eigentlich werde doch „das Signal, das wir hier setzen wollten mit Asyl auf Zeit, konterkariert“, sagte Faymann. Er legte noch Kritik nach: „Es würde sich sehr anstehen, wenn Politiker Vorschläge zu Ende denken, dann einen konkreten Vorschlag machen, und dann diskutieren wir drüber.“ Das wollte Mitterlehner „nicht so im Raum stehen lassen“: „Im Gegenteil, die Sache ist so, dass das drei Tage abgelehnt wird, und dann geht man in die Umsetzung.“ Er sieht offenbar die Rolle des Themenführers eindeutig bei seiner Partei.
Gewitterwolken über Regierungsspitze
Dass sich SPÖ und ÖVP nicht immer einig sind, ist nicht neu. Doch auch das Verhältnis von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner trübt sich zusehends ein.
SPÖ-Geschäftsführer Gerhard Schmid legte in einer Aussendung noch eins nach: „Der Zickzackkurs der ÖVP in der Flüchtlingspolitik treibt immer seltsamere Blüten. Beinahe täglich wird eine neue Forderung aufgestellt. Wohin die Reise gehen soll, ist aber den handelnden Akteuren in der Volkspartei unklar“, so Schmid zu Kurz’ Vorschlag.
Seltene Einigkeit: „Geht darum, Zahl zu senken“
Einig war sich die Regierungsspitze, dass die Abmachung der EU mit der Türkei vom Wochenende ein entscheidender Schritt in der Asylkrise sein könnte. Wenn die Flüchtlinge in der Türkei besser versorgt würden, kämen sie gar nicht erst auf die Idee, nach Europa aufzubrechen, so Faymann. „Es geht darum, die Zahl zu senken“, sagte er - was ihm einen süffisanten Seitenhieb von Mitterlehner einbrachte: „Es freut mich, dass ich zum ersten Mal vom Bundeskanzler auch gehört habe, dass weniger kommen sollen.“
Mitnichten sage er das zum ersten Mal, konterte Faymann - und holte seinerseits aus: „Ich habe nie Vorschläge gemacht, die man nicht gut verwirklichen kann, die nur drei Tage gut klingen, bis alle draufkommen, man kann’s nicht machen“, spielte er auf ÖVP-Minister wie Innenressortchefin Johanna Mikl-Leitner und Kurz an.
ÖVP weiter für Obergrenzen
Inhaltlich hielt Mitterlehner fest: Vom Erfolg der Vereinbarung mit der Türkei hänge ab, ob Österreich „kapazitätsorientierte Obergrenzen“ festlege. Irgendwann gingen die Quartiere, die Betreuungskapazitäten und auch das Geld zu Ende, sagte er - „wenn, ja, wenn die andere Regelung nicht zum Tragen kommt und nicht funktioniert“ (gemeint ist das Abkommen mit der Türkei, Anm.).

APA/Herbert Pfarrhofer
Für Mikl-Leitner gibt es „Luft nach oben“ bei Abschiebungen
Eigentlich einig ist sich die Regierung offensichtlich darin, dass mehr abgelehnte Asylwerber abgeschoben werden sollten. Mikl-Leitner selbst sah „Luft nach oben“ in ganz Europa bei dieser Frage. Die EU müsse verstärkt Rückübernahmeabkommen verhandeln, so Faymann und Mitterlehner.
Faymann gibt Niessl Nachhilfe
Angesprochen auf Niessls via „Kronen Zeitung“ erhobene Forderungen nach Zuwanderungsverschärfungen meinte Faymann, diese seien obsolet. Denn das Problem der zu geringen Rückführungszahlen sei bekannt, und man versuche, daran zu arbeiten. Ansonsten seien jede Menge Maßnahmen, ob Zaun in Spielfeld, Gesetzesänderungen oder Hilfe an Ort und Stelle, bereits in Umsetzung. „Hier und da muss man auch einem Landeshauptmann sagen, was alles im Gange ist“, so Faymann Richtung Eisenstadt.
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zeigte sich von der Schelte aus dem Burgenland auch unbeeindruckt. Das sei „ein Diskussionsbeitrag“, der wohl aufgrund der speziellen burgenländischen Situation entstanden sei, meinte er vor der Regierungssitzung. „Die SPÖ bleibt auf ihrem Kurs.“
Ja zu Anti-Schlepper-Mission „Sophia“
Grünes Licht gab es unterdessen im Ministerrat für die Teilnahme an der EU-Anti-Schlepper-Mission „Sophia“ im Mittelmeer. Das Bundesheer wird künftig bis zu zehn Soldaten entsenden. Verlängert wurde in der Regierungssitzung der Bundesheereinsatz in der Zentralafrikanischen Republik.
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