Warnung vor gewaltigen Belastungen
Mit Ende November ist die Begutachtungsfrist für die geplante Asylrechtsnovelle ausgelaufen. Auf Unterstützung durch die zur Stellungnahme geladenen Experten wartet die Regierung bisher vergeblich, im Gegenteil: Das Einzige, was man etwa laut Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) mit dem Gesetzesentwurf machen kann, ist, ihn „nicht zu beschließen“.
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Laut den Anwälten werden die „möglichen Folgewirkungen und Folgekosten“ beträchtlich sein - und das nicht nur für Flüchtlinge. Das Konzept eines verschärften „Asyl auf Zeit“-Status als neuer Standardfall schaffe Rechtsunsicherheit auch auf der Vis-a-vis-Seite, so die Anwälte, etwa bei Vermietern und auf dem Arbeitsmarkt. Letztlich würden dem Staat erhebliche neue Belastungen erwachsen, vom Behördenapparat bis zum Arbeitsmarktservice (AMS).
Ohnehin verfassungswidrig?
Allein beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wäre ab 2019 wohl „mit deutlich über 10.000 zusätzlichen Verfahren“ von Afghanen, Irakern und Syrern zu rechnen, schätzen die Anwälte. Das wäre ein Zuwachs um ein Fünftel. In sehr vielen dieser Verfahren würden Flüchtlinge dann ohnehin recht bekommen, sind die Anwälte überzeugt. Dabei geht es vor allem um die geplanten Regeln, die den Familiennachzug erschweren sollen.
Die Novelle enthält etwa laut den Anwälten eine Ungleichbehandlung von Flüchtlingen gemäß der Genfer Kovention und anderen „subsidiär Schutzberechtigten“, etwa Kriegsflüchtlingen, und das vor allem bei Minderjährigen. Sie würden durch die Novelle „geradezu gezwungen“, den Rechtsweg auszuschöpfen - zumindest solange die Novelle nicht als verfassungswidrig aufgehoben sei, wofür die ÖRAK hohe Chancen sieht.
VwGH mit „vorsichtiger“ Schätzung
Wenn die Regelung vor den Höchstgerichten wider Erwarten der Anwälte halten sollte, wird sie zumindest den verfolgten Zweck der Neuregelung - Eindämmung der Flucht von „Ankerkindern“ und damit weniger Kosten - nicht erreichen, sondern eher für mehr Kosten sorgen. Das deckt sich auch mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), der für sich selbst mindestens eine halbe Million Euro an Mehrkosten prognostiziert.
Allein für jene Verfahren, bei denen Flüchtlinge die Aberkennung ihres Asylstatus nach drei Jahren bis zum VwGH durchfechten würden, werde es zwei neue Richter und vier neue wissenschaftliche Mitarbeiter brauchen, begründet der VwGH seine Kostenschätzung. Dabei wird betont, dass es sich um eine „vorsichtige Schätzung“ handle, die auf die Regierungspläne Bezug nehme, wonach mindestens zehn Prozent aller Flüchtlinge ihren Asylstatus wieder verlieren sollten.
Alle rechnen mit langen, teuren Verfahren
Neben den 500.000 Euro Mehrkosten für die Revisionsverfahren bei Asylaberkennung prognostiziert der VwGH außerdem wie die Anwälte eine „deutlich erhöhte Belastung“ durch Verfahren von subsidiär Schutzberechtigten und Minderjährigen. Schon Anfang November hatten etwa auch die neun Landesflüchtlingsreferenten einhellig vor „negativen Auswirkungen auf die Erledigungsquote“ durch die beabsichtigte Neuregelung gewarnt.
Die Hilfsorganisationen und die Opposition haben die geplante Neuregelung ebenfalls einhellig abgelehnt. Das Rote Kreuz warnte vor „ungeheurem bürokratischem Aufwand“, die Caritas vor langen Asylverfahren, die Volkshilfe vor Hürden für Integrationsbemühungen, das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) vor wachsender Gefahr für Flüchtlinge, weil künftig vermehrt ganze Familien aus Angst, getrennt zu werden, gemeinsam die Flucht antreten würden.
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