Neuer Schwerpunkt auf Route
Erstmals seit Tagen ist die Zahl der Flüchtlinge im Raum Passau in Bayern zurückgegangen. Am Donnerstag waren am Hauptbahnhof Passau und an den beiden österreichisch-deutschen Übergängen Passau-Achleiten und Wegscheid-Kollerschlag etwa 5.540 Menschen angekommen, in den Vortagen waren es jeweils rund 6.500 gewesen, sagte ein Sprecher der deutschen Polizei am Freitag.
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In Wegscheid-Kollerschlag waren gegen 3.00 Uhr die letzten wartenden Flüchtlinge in Unterkünfte gebracht worden. Der deutsche Grenzort etwa 35 Kilometer nördlich von Passau entwickelt sich zu einem Schwerpunktort der Ankunft der Flüchtlinge in Deutschland. Allein am Donnerstag waren hier rund 2.300 Menschen angekommen.
Anders als zuvor war Freitagfrüh auch in den deutschen Notquartieren im Raum Passau noch Platz für Schutzsuchende. In der Dreiländerhalle und den Paul-Hallen in Passau warteten gegen 6.00 Uhr noch jeweils etwa 800 Menschen auf ihre Weiterfahrt in die Erstaufnahmeeinrichtungen, wie die deutsche Polizei weiter mitteilte.
Wie viele Busse kommen aus Österreich?
„Ob sich die Lage weiter entspannt, können wir derzeit noch nicht sagen. Erst im Laufe des Vormittags werden wir eine Vorhersage der österreichischen Kollegen bekommen, wie viele Busse am Freitag kommen sollen“, sagte der Sprecher der deutschen Polizeiinspektion Freyung, Thomas Schweikl. Am Freitag sollte zudem die Situation für die Flüchtlinge am Grenzübergang Wegscheid etwas komfortabler werden: Im oberösterreichischen Kollerschlag soll bis zum Abend ein Transitzelt für rund 1.000 Flüchtlinge bezugsfertig sein - mehr dazu in ooe.ORF.at.
Oberösterreichs neuer Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbucher (FPÖ) sorgte unterdessen mit Kritik an der Arbeit der Polizei für Aufsehen. „Unsere Polizei verhält sich wie Schlepper. Sie transportiert mit Bussen Menschen, die nicht registriert sind, von einer Grenze zur nächsten“, wurde Haimbuchner von den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (Freitag-Ausgabe) zitiert.
Der oberösterreichische Landespolizeidirektor Andreas Pilsl reagierte auf die als „entbehrlich“ bezeichneten Aussagen Haimbuchners mit dem Hinweis, dass es sich um die gleichen Anschuldigungen handle, die der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erhoben habe. Doch diesen stünden die Rechtsauffassung des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) und des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes entgegen, der das Vorgehen der Polizei als rechtskonform erachte.
Tausende Flüchtlinge in Spielberg
Im Flüchtlingssammelzentrum in Spielfeld an der steirisch-slowenischen Grenze verlief die Nacht ruhig. Laut Polizei verbrachten rund 4.200 Menschen die Nacht in beheizten Zelten, die für 4.000 Personen ausgelegt sind - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Nach Angaben der slowenischen Polizei ließen die österreichischen Behörden in der Nacht auf Freitag keine Flüchtlinge über die Grenze in die Steiermark, weil die Kapazitäten dort ausgelastet waren. In slowenischen Aufnahmezentren waren Polizeiangaben zufolge Freitagfrüh fast 11.000 Flüchtlinge untergebracht. Am Tag zuvor waren mehr als 5.000 Neuankömmlinge mit Zügen aus Kroatien angekommen, 9.400 hatten am Donnerstag das Land über Österreich wieder verlassen.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
In Slowenien an der kroatischen Grenze, wo die drei Aufnahmelager in den vergangenen Tagen mit Tausenden Flüchtlingen überfüllt waren, war am Freitag nur noch das neue Zeltlager in Dobova belegt. Dort befanden sich in der Früh noch 2.400 Menschen.
Slowenien zu „restriktivsten Maßnahmen“ bereit
Slowenien ist bereit, zur Bewältigung der Flüchtlingssituation die „restriktivsten Maßnahmen“ zu ergreifen. Das sagte Innenministerin Vesna Györkös Znida am frühen Donnerstagabend nach einer Regierungssitzung, ohne Details zu nennen. „Wir erwägen alle möglichen Maßnahmen, die einen geordneten Zutritt über die Grenze ermöglichen“, sagte Györkös Znidar bei einer Pressekonferenz in Ljubljana. In diesem Sinne seien die Positionen Sloweniens und Österreichs „synchronisiert“, sagte die Ministerin mit Blick auf die von Österreich geplanten technischen Sperren an der Grenze zu Slowenien.
Auch österreichische Pläne seien darauf gerichtet, einen kontrollierten und geordneten Flüchtlingszustrom sicherzustellen, so Györkös Znidar. Diese Zusicherung habe sie am Mittwoch in einem Telefongespräch mit ihrer österreichischen Amtskollegin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bekommen, sagte Györkös Znidar. „Sie hat mir gesagt, dass es sich nicht um eine Schließung der Grenze handle, sondern ausschließlich um Maßnahmen, die ihnen ermöglichen werden, leichter die Sicherheit auf ihrem Gebiet zu gewährleisten.“ Slowenien habe ein wachsames Auge darauf, was in Österreich vorgehe, fügte sie hinzu.
Kritik an Lage in slowenischen Aufnahmezentren
In Slowenien wurde am Donnerstag Kritik an den Zuständen in den Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge laut. Insgesamt 14 Organisationen, darunter auch Amnesty International, nannten die humanitären Zustände in einigen Flüchtlingszentren „alarmierend“. Sie drohten mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), sollte Slowenien nicht die minimalen Standards sichern.
Die Organisationen richteten einen gemeinsamen Appell an Ministerpräsident Miro Cerar. Am kritischsten seien die Zustände in den Aufnahmezentren an der Grenze zu Kroatien und auch in der Unterkunft in Sentilj an der Grenze zu Österreich. Es sei inakzeptabel, dass die Flüchtlinge die Nächte im Freien verbringen müssten, keinen Zugang zu angemessenen Sanitäranlagen hätten und stundenlang ohne Wasser und Essen festgehalten würden, schrieben die NGOs in einem offenen Brief an den Premier.
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