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OECD sieht Europa gut vorbereitet

„2015 wird ein Rekordjahr für die Asylmigration für Europa und die OECD insgesamt“, so der Experte für Internationale Migration in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Thomas Liebig, bei der Vorlage des „Migrationsausblicks 2015“. 700.000 Menschen hätten im laufenden Jahr in der EU schon Asyl beantragt.

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Mit bis zu einer Million Anträge könnte 2015 der höchste gemessene Wert seit Ende des Zweiten Weltkrieges erreicht werden, hieß es in der OECD-Analyse „Migration Policy Debates: Is this humanitarian migration crisis different?“, einem Teilbericht zur Flüchtlingsentwicklung. 400.000 bis 450.000 werden laut OECD-Einschätzung einen positiven Asylbescheid erhalten. Das entspreche rund 0,1 Prozent der Bevölkerung.

Grafik zu Asylanträgen

Grafik: ORF.at; Quelle: OECD/UNHCR

„Das sollte zu schaffen sein, aber es konzentriert sich auf wenige Länder“, so Liebig. Allein in Deutschland dürften rund 800.000 Flüchtlinge ankommen, schätzungsweise 300.000 bis 350.000 davon bekommen Asyl gewährt. Gemessen an den Asylanträgen pro 1.000 Einwohner bleibe allerdings Schweden mit 7,8 Asylanträgen Spitzenreiter, gefolgt von Österreich und der Schweiz.

Stabilisierung der Lage nicht in Sicht

In den lezten Monaten stieg vor allem der Anteil der Syrer, Iraker und Eritreer auf mehr als ein Drittel. Aufgrund der anhaltenden Gewalt in Syrien, des weitgehenden Zusammenbruchs staatlicher Institutionen in Libyen sowie der sich verschlechternden Sicherheitslage im Irak, in Afghanistan, dem Libanon und der Türkei erwartet die Organisation auch für die kommenden Jahre weiter sehr hohe Flüchtlingszahlen.

Die OECD

Die OECD ist eine Internationale Organisation mit 34 Mitgliedsstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Zu den Mitgliedern gehören neben den meisten EU-Ländern unter anderem auch die USA, Kanada und Japan.

Sorge bereitet der OECD insbesondere die hohe Zahl unbegleiteter Minderjähriger unter den Flüchtlingen. Obwohl viele Minderjährige überhaupt keinen Asylantrag stellten, seien 2014 unter den Asylantragstellern in der EU 24.000 unbegleitete Minderjährige gewesen.

„Europa hat die Fähigkeit zu reagieren“

Die OECD sieht Europa aber in der Lage, die Herausforderung hoher Flüchtlingszahlen zu schaffen. „Europa hat die Erfahrung und die Fähigkeit zu reagieren. (...) Die große Zahl von Flüchtlingen ist überwältigend, aber sie werden ankommen. Deswegen geht es um Integration, Integration, Integration“, so OECD-Generalsekretär Angel Gurria am Dienstag in Paris.

Der Bericht verweist unter anderem auf den Bosnien- und Kosovo-Krieg (1992-1995). In diesen Fällen hätten europäische Länder, obwohl sie „anfangs auf dem kalten Fuß erwischt“ worden seien, die Situation erfolgreich bewältigen und verbleibende Flüchtlinge integrieren können.

Höhere Bildung als der Durchschnitt

Die Menschen, welche die lange und teure Flucht nach Europa antreten, gehörten meist nicht zu den Ärmsten in ihren Herkunftsländern. Sie sind laut der OECD-Untersuchung meist besser ausgebildet. So gab jeder fünfte Syrer, der zwischen 2013 und September 2014 in Deutschland Asyl beantragte, an, einen Universitätsabschluss zu haben.

Der OECD-Bericht empfiehlt daher ausdrücklich, frühzeitig in die dauerhaft bleibenden Neuankömmlinge zu investieren. Weil Bildung und kultureller Hintergrund der Flüchtlinge unterschiedlicher als je zuvor seien, brauche es Integrationsmaßnahmen, die auf den jeweiligen Flüchtling maßgeschneidert seien. „Das Erlernen der Sprache muss möglichst berufsbezogen sein“, sagte Liebig.

„Das Wichtigste ist, die Menschen dahin zu bringen, wo die meisten Jobs sind, nicht dahin, wo Wohnraum am günstigsten ist“, betonte der OECD-Experte. Langzeitstudien aus Schweden zeigten, dass in strukturschwachen Regionen untergebrachte Flüchtlinge höhere Arbeitslosigkeitsraten und deutlich niedrigere Einkommen aufwiesen.

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