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Nicht nur Design und Marke zählen

Der digitale Wandel mit neuen Konkurrenten wie Google und Apple drängt die Automobilindustrie auf neue Wege. Kurz vor Beginn der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt pochen Autobosse darauf, auch im Internetzeitalter die Führungsrolle in der Branche zu behalten.

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Alleine die deutschen Autobauer rüsten sich für den Umbruch in den kommenden Jahren mit Investitionen von bis zu 18 Milliarden Euro für die Forschung zum vernetzten und automatisierten Fahren.

„Freue mich auf sportlichen Wettkampf“

„Unser Geschäft bekommt ganz neue Spielregeln“, sagte BMW-Chef Harald Krüger der „Süddeutschen Zeitung“ mit Blick auf Google und Apple. Und von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn hieß es gegenüber der dpa, dass der rasante digitale Wandel für Volkswagen bedeute, alles zu hinterfragen: „Wir sind dabei, Volkswagen ein Stück weit neu zu erfinden.“

Zur neuen Konkurrenz sagte Winterkorn: „Ich freue mich auf den sportlichen Wettkampf um die beste Lösung. Aber ich bin überzeugt: Volkswagen behält seine Führungsrolle.“ Geht es nach dem neuen VW-Markenchef Herbert Diess, nimmt man neue Player wie Google und Apple mittlerweile aber „sehr ernst“.

Google-Auto

APA/EPA/Google

Googles Autopläne werden mittlerweile „sehr ernst“ genommen

Die eigentlich branchenfremden Wettbewerber aus den USA gehen neue Wege und holen sich dafür auch Kenner der Autoindustrie ins Boot: Zum Chef seines Roboterautoprojekts berief Google den erfahrenen Automanager John Krafcik. Der Internetkonzern arbeitet seit über sechs Jahren an selbstfahrenden Autos. Das kleine Fahrzeug soll in der Zukunft komplett vom Computer gesteuert werden und ganz ohne Lenkrad und Pedale auskommen. Apple plant laut Medienberichten ein eigenes Elektroauto.

Kooperationen und eine „rote Linie“

BMW-Chef Krüger erwartet, dass die Digitalisierung die Branche umkrempeln wird - „mehr als wir uns das heute möglicherweise vorstellen können“. Für Führungskräfte und Mitarbeiter bedeute das: „Wir müssen an vielen Stellen schneller werden.“ Design und Marke seien nach wie vor wichtig für einen Oberklassehersteller wie BMW.

Allerdings werde in Zukunft „die digitale Vernetzung der Fahrzeuge ein mindestens genauso wichtiger Kaufgrund sein“, sagte Krüger. „Wenn Sie hier nicht ganz vorne mit dabei sind, werden Sie als Hersteller in Zukunft ein Problem haben. Da kann das Design noch so toll sein.“ Kooperationen mit IT-Unternehmen wie Google und Apple schloss Krüger zwar nicht grundsätzlich aus. Allerdings müssten beide Partner „von einer Kooperation profitieren“, sonst werde so etwas nicht lange funktionieren.

Mercedes-Benz F015 Luxury in Motion

Reuters/Steve Marcus

So könnte aus Sicht von Daimler das Auto der Zukunft aussehen

Auch Daimler-Chef Dieter Zetsche hatte Kooperationen mit IT-Firmen nicht ausgeschlossen. Daimler werde aber sicher kein Auftragsfertiger wie Foxconn werden, der nur Hardware herstelle. Die „rote Linie" verläuft für Zetsche beim Betriebssystem: "Wir wollen, dass die Systeme anderer in den Autos funktionieren, aber nicht die Funktionen unserer Autos übernehmen“, sagte Zetsche dem „Handelsblatt“.

Kommt das Google-Opel-Auto?

Opel will unterdessen seine bereits bestehende Zusammenarbeit mit den IT-Konzernen Apple und Google ausweiten und hält sich dabei die Möglichkeit zum gemeinsamen Bau von Autos offen. „Wir reden mit beiden Herstellern, wir arbeiten mit beiden Herstellern zusammen“, sagte Vorstandschef Karl-Thomas Neumann am Rande der IAA. Das beziehe sich zunächst auf die weitere Integration von Infotainment-Angeboten über Apples Carplay und Android Auto von Google in die Fahrzeuge. Alles Weitere hänge davon ab, „wie die Welt sich in Zukunft verändern wird“.

Google sieht sich als Partner

Google will unterdessen mit seinem selbst fahrenden kleinen Wagen nicht den Autokonzernen beim Pkw-Bau in die Parade fahren. „Google ist kein Automobilhersteller, und Google hat auch nicht vor, ein Automobilhersteller zu werden“, sagte Philipp Justus, der Chef von Google in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Osteuropa am Dienstag auf der IAA.

Google wolle vielmehr Partner der Autobauer werden. „Das ist nichts, was wir allein tun wollen oder können.“ So gebe es bereits mit 35 Herstellern eine Allianz zum Einsatz des Smartphone-Systems Android in den Kommunikationssystemen von Autos. Der Google-Manager versicherte, Nutzer der Dienste müssten sich über den Umgang mit ihren Daten keine Sorgen machen. „Der Nutzer muss wissen, was mit den Daten passiert“, sagte Justus. Es müsse Transparenz herrschen und ein Kunde gefragt werden, bevor etwas mit den Daten passiere.

„Daten gehören dem Kunden“

Zetsche zieht unterdessen auch bei den Kundendaten klare Grenzen: "Daten, die im Auto generiert werden, gehören dem Kunden." Daimler, Audi und BMW kaufen von Nokia den Kartendienst Here. Hochpräzise digitale Karten sind besonders wichtig für selbstfahrende Fahrzeuge. „Wir wollen eine eigene Plattform schaffen und selbst entscheiden, was mit den Daten aus unseren Autos passiert und was nicht.“

Zunächst wird das Internet nach einer Prognose des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA) rasch Einzug ins Auto halten. Demnach würden schon 2017 weltweit vier von fünf Autos, die neu vom Band laufen, eine direkte Verbindung ins Netz haben, sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann am Montag in Frankfurt zur IAA-Auftaktpressekonferenz. Damit würde sich der Anteil der internetfähigen Neuwagen von aktuell rund 25 Prozent in den nächsten Jahren mehr als verdreifachen. Als eine Folge sieht der VDA Smartphones und Fahrzeuge verschmelzen. „Das vernetzte Auto wird zur mobilen Kommunikationsplattform“, sagte Wissmann.

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