Themenüberblick

Wiener Übereinkommen kommt in die Jahre

Deutschland steht vor einer „historischen Mobilitätsrevolution“. Diese Worte stammen aus einem Strategiepapier des deutschen Verkehrsministeriums, dessen Bekanntgabe alles andere als zufällig mit der nun anlaufenden Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt zusammenfällt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Unter dem Motto „Mobilität verbindet“ steht bei der IAA heuer vielmehr der „Megatrend“ vernetztes und automatisiertes Fahren im Mittelpunkt. Und für diesen gilt es nicht nur technische, sondern zunehmend auch rechtliche Lösungen zu finden. Die „Zukunft von gestern“ ist laut dem Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) mit einer Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen jedenfalls schon heute Realität. Mit „Automatisierung“ gibt es laut VDA zudem bereits „eine Antwort für die Welt von morgen“.

Die Prognose ist alles andere als aus der Luft gegriffen, wie nun auch der erste große Auftritt des an einem selbst fahrenden Auto forschenden IT-Konzerns Google bei einer großen Autoausstellung zeigt. Die Chefs der großen Autokonzerne beobachten das zunächst noch belächelte Google-Projekt mittlerweile mit Argusaugen. Das Feld wollen diese aber keineswegs der neuen, an sich branchenfremden Konkurrenz überlassen, wobei allein die deutsche Automobilindustrie in den kommenden Jahren bis zu 18 Milliarden Euro in die Forschung zum vernetzten und automatisierten Fahren stecken.

Wer haftet, wenn niemand fährt?

Für den VDA steht außer Frage, dass automatisiertes Fahren den Verkehr künftig „nicht nur sicherer, sondern auch effizienter und komfortabler“ machen werde. Die neue Technik birgt aber auch neue Risiken und Gefahren, wie zuletzt etwa eine vom „Wired“-Magazin aufgedeckte Sicherheitslücke zeigte, dank der es Hackern gelungen war, per Fernsteuerung die Kontrolle eines fahrenden Autos zu übernehmen. Noch zu klären gilt es laut der ARD-„Tagesschau“ aber auch: „Wer haftet, wenn niemand fährt?“

Nun setzte auch Deutschlands Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die möglichen Risiken selbstfahrender und vernetzter Autos auf die Agenda. „Die Digitalisierung der Mobilität und der damit verbundene Zuwachs an Daten stellen neue Anforderungen an die Sicherheit von Fahrzeugen und Infrastruktur sowie den Schutz von Persönlichkeitsrechten“, heißt es in einem der dpa vorliegenden Strategiepapier, das bereits am Mittwoch von der deutschen Regierung beschlossen werden soll.

Prüfung durch „externe Stellen“

Um Hackerangriffe zu vermeiden, will Dobrindt Automobilhersteller, Zulieferer und Dienstleister zu einer sicheren Datenverschlüsselung verpflichten. Dabei soll auch geprüft werden, ob es Sinn macht, die Systeme „durch externe Stellen“ abnehmen zu lassen. „Unser Ziel ist, dass Fahrzeuge gegen Eingriffe und Manipulationen von außen geschützt sind“, heißt es in dem 19-seitigen Papier. Deutsche Autos sollten auch „im digitalen Zeitalter zu den sichersten der Welt gehören“.

Beim automatisierten Fahren übernimmt in zunehmendem Maße das Auto die Führung. Durch Signale, die es von der Straße und von anderen Autos empfängt, weiß es etwa schon Kilometer im Voraus, wo es nass oder glatt wird oder vielleicht ein Stau droht. Fernziel ist das autonome bzw. fahrerlose Fahren, bei dem das Auto ganz von allein unterwegs ist, die Insassen sind nur noch Passagiere.

Verbraucherschützer befürchten, dass dadurch eine unklare Rechtslage entstehen könnte. Denn wer muss am Ende dafür geradestehen, wenn vielleicht doch ein Unfall passiert? „Der Einsatz automatisierter und vernetzter Fahrzeuge braucht Rechtssicherheit“, heißt es dazu in Dobrindts Strategiepapier. Dem Fahrer sollen „keine zusätzlichen Haftungsrisiken aufgebürdet werden“.

Weniger Unfälle und Staus erwartet

Die Regierung werde die rechtlichen Rahmenbedingungen „überprüfen und, wo nötig, an die neuen Entwicklungen anpassen“. Auch die Ausbildung in der Fahrschule müsse reformiert werden. International will sich Deutschland für eine Änderung des Wiener Übereinkommens einsetzen, das bisher nur den Menschen als Fahrer vorsieht.

So wie der VDA erwartet sich aber auch Dobrindt, dass sich durch die neuen technischen Möglichkeiten künftig Unfälle, aber auch Staus deutlich reduzieren lassen. Durch den optimierten Verkehrsfluss könne die Kapazität der Straßen deutlich erhöht werden. Wenn die Autos seltener bremsen und wieder beschleunigen, spare das zudem Kraftstoff, es würden weniger Abgase ausgestoßen.

Links: