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„Akute medizinische Bedürfnisse“

Mit rund 3.600 Asylwerbern bleibt die Lage in dem für 1.800 Personen ausgelegten Erstaufnahmezentrum Traiskirchen auch nach der scharfen Kritik der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) weiter prekär. Man setzt weiterhin auf Notlösungen - als letzte Maßnahme wurden vom Innenministerium nun mobile Ärzteteams angekündigt.

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Wie das Innenministerium am Montag bekanntgab, seien diese „ab sofort“ im Einsatz. Als Hintergrund wurde eine Anregung der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) genannt, die neben AI am 6. August in Traiskirchen ebenfalls zum Lokalaugenschein war.

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Vorerst stellt das Innenressort selbst Amtsärzte bereit. In den kommenden Tagen sollen diese schließlich von Medizinern der Hilfsorganisation selbst ergänzt werden. Bereits am Freitag wurde MSF nach einem als „konstruktiv“ bezeichneten Gespräch zudem der volle Zutritt zum Flüchtlingslager Traiskirchen zugestanden. Am Montag ortete MSF hier mit der neuerlichen Forderung nach Zutritt offenbar aber noch Ungereimtheiten. „Trotz Zusage verweigert das Innenministerium MSF den Zutritt“, teilte MSF via Twitter mit.

Kritik an „Hinhaltetaktik“

MSF-Austria-Geschäftsführer Mario Thaler warf dem Innenministerium „eine gewisse Hinhaltetaktik“ vor und sprach von offensichtlichen „Auffassungsunterschieden“. Die vom Ressort angekündigten mobilen Ärzteteams mit Amtsärzten, die gemeinsam mit MSF im Erstaufnahmezentrum tätig sein sollen, seien so nicht ausgemacht gewesen, sagte Thaler.

Ein gemeinsamer Besuch mit Amtsärzten komme „nicht infrage“, so Thaler, demzufolge MSF auf „einem unabhängigen Assessment“ bestehe. „Die Menschen brauchen Vertrauen zu ihren Ärzten, daher müssen diese unabhängig sein“, sagte dazu auch die Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen, Margaretha Maleh.

Innenministerium weist Kritik zurück

Von einer „Hinhaltetaktik“ könne laut Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck keine Rede sein. Vielmehr sei ein gemeinsamer Besuch mit MSF-Ärzten für Montag nie im Gespräch gewesen. Nie vorgesehen war es Grundböck zufolge auch, dass Ärzte ohne Grenzen gemeinsam mit Amtsärzten die Flüchtlinge betreuen, sondern immer nur in eigenen Teams.

Als Grund dafür, dass vom Ministerium am Montag nun ein eigenes Team von Amtsärzten nach Traiskirchen geschickt wurde, nannte Grundböck mangelnde MSF-Ressourcen, weswegen die NGO auch das Ministeriumsangebot, Traiskirchen bereits am Samstag zu besuchen, abgelehnt habe. Vom Ministerium habe man bei MSF zudem eine Anfrage gestellt, ob Ärzte ohne Grenzen für Dienstag oder Mittwoch ein mobiles Team stellen könne.

Offen blieb, ob dieses Angebot nun weiter besteht und inwieweit Ärzte ohne Grenzen bei den mobilen Ärzteteams überhaupt noch an Bord ist. Wie am Montagabend bekanntwurde, organisiert das Innenministerium mittlerweile vielmehr mit dem Niederösterreichischen Ärztedienst mobile Ärzteteams. Konkret sollen Notärzte sowie Mediziner vom Roten Kreuz und vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASBÖ) im Einsatz sein. Den am Freitag vereinbarten Plänen zufolge sollen die mobilen Ärzteteams auf dem Traiskirchen-Gelände die Menschen aktiv ansprechen. Erklärtes Ziel sollte es laut APA-Verweis auf das Innenministerium sein, „akute medizinische Bedürfnisse rasch erkennen und darauf reagieren zu können“.

Betreuungsfirma „überprüft“ AI-Vorwürfe

Unterdessen nahm zu den AI-Vorwürfen auch die für die Betreuung von Traiskrichen zuständige Firma ORS Stellung, die selbst von „unglaublichen Unterbringungsbedingungen“ spricht. Wie ORS auf seiner Website nun mitteilt, werde man in einer „kurzfristig anberaumten Untersuchung“ nun jedem einzelnen Punkt der AI-Kritik nachgehen: „Verbesserungen werden sofort umgesetzt, wo dies im Ermessen unserer Betreuung liegt.“

ORS verwies gleichzeitig auf den rasanten Anstieg an zu betreuenden Flüchtlingen seit April dieses Jahres: „Weniger Raum bedingt weniger Betreuungsmöglichkeiten.“ Die Firma spricht von einer „Notsituation“, wobei laufend neue Maßnahmen ergriffen würden, und nannte in diesem Zusammenhang unter anderem eine „mobile Kontrolle des Areals“.

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