Über Hälfte Syriens unter IS-Kontrolle
Die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) hat die Kontrolle über die antike syrische Stadt Palmyra übernommen. Nach heftigen Kämpfen hätten die Islamisten die Oberhand in nahezu der gesamten Stadt erlangt, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch mit.
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Das Staatsfernsehen berichtete, eine regierungstreue Miliz habe zuvor nahezu alle Zivilisten aus Palmyra in Sicherheit bringen können und sich jetzt selbst zurückgezogen. Was mit offenbar bei einem Gefängnis im Osten sowie bei dem Sitz des Militärgeheimdiensts im Westen der Stadt stationierten syrischen Soldaten geschah, war unklar. In den vergangenen Tagen hatte der IS in Dörfern um Palmyra immer wieder Zivilisten exekutiert.
Die UNESCO forderte die internationale Gemeinschaft auf, alles zu tun, um die Einwohner und das einzigartige kulturelle Erbe Palmyras zu schützen. Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen fürchtet, dass der IS wie schon in anderen historischen Stätten im Irak auch die antiken Bauwerke in Palmyra zerstören könnte.

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Steinerne Zeugnisse aus dem ersten bis dritten Jahrhundert
Monumente von Zerstörung bedroht
Es ist das erste Mal, dass der IS der syrischen Armee und mit ihr verbündeten Kämpfern direkt die Kontrolle über eine Stadt entrissen hat. Palmyra ist aus militärischer Sicht strategisch wichtig, da es ein zentraler Verkehrsknotenpunkt ist. Berühmt ist die Oase mit der historischen Altstadt aber wegen ihrer zahlreichen Ruinen aus antiker Zeit. Sie wurden 2013 von der UNESCO als Stätte von „überragendem universellem Wert“ auf die Liste bedrohter Weltkulturstätten gesetzt.
Ein syrischer Behördenvertreter erklärte, Hunderte Statuen seien an sichere Orte gebracht worden. Doch das Museum und die großen Monumente seien bedroht. Palmyra kam in den ersten Jahrhunderten nach Christus zu voller Blüte. Die unterschiedlichen kulturellen Einflüsse - unter anderem hellenistisch, römisch, persisch und mesopotamisch - verschmolzen dort zu einem ganz eigenen Stil. Herausragend ist das Ensemble von Bauten auf dem Areal entlang der Prachtstraße sowie der Baal-Tempel. Auch das gut erhaltene Amphitheater sowie die Grab- und Weihestätten sind von großer Bedeutung. Falls die Bauwerke in Palmyra vom IS zertrümmert werden sollten, wäre damit auch ein zentrales touristisches Reiseziel in dem Land zerstört.

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Fast alle Ölfelder eingenommen
Nach dem Vormarsch in Palmyra kontrolliere der IS nun mehr als die Hälfte des Landes: Das teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mit. Bisher kontrollierte der IS überwiegend dünn besiedelte Gebiete im Norden und Osten. Die syrischen Streitkräfte haben sich auf die Verteidigung der großen Städten an der Küste und nahe der Grenze zum Libanon, darunter die Hauptstadt Damaskus, konzentriert. Die Extremisten haben zudem fast alle Ölfelder des Landes eingenommen. Der IS finanziert sich zu einem großen Teil aus dem Ölschmuggel.
Auch in Nordsyrien verlor das Regime in Kämpfen gegen Islamisten an Boden. In der Provinz Idlib rückte das Rebellenbündnis Dschaisch al-Fatah nach Berichten von Oppositionsmedien auf die Stadt Aricha vor. Die radikale Al-Nusra-Front, der syrische Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, und ihre Verbündeten hatten am Dienstag den letzten großen Militärstützpunkt des Regimes in der Region, eingenommen. Bei Luftangriffen der Regierung starben in Idlib mehr als 70 Menschen, darunter 22 Zivilisten.

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Luftangriff der US-Koalition in Syrien
Bei einem Luftangriff der internationalen Koalition wurden unterdessem im Norden Syriens laut Menschenrechtlern 15 Kämpfer der radikalen Al-Nusra-Front getötet. Das von den USA angeführte Bündnis griff westlich von Aleppo zwei Hauptquartiere des Al-Kaida-Ablegers an, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Die meisten der Opfer kommen demnach aus der Türkei.
Die Nusra-Front gehört zu einem Rebellenbündnis, das in den vergangenen Wochen in Nordsyrien mehrere Erfolge gegen Kräfte des Regimes erzielt hat. Die islamistischen Aufständischen kontrollieren fast die gesamte Provinz Idlib. Bereits im vergangenen Jahr hatten US-Jets die Nusra-Front angegriffen. Die meisten Luftschläge der USA und ihrer Verbündeten richten sich jedoch gegen die Terrormiliz IS, die mit der Nusra-Front verfeindet ist.
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