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Bagdad als Ziel angepeilt

Nach der Eroberung der westirakischen Stadt Ramadi durch Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sind laut UNO-Angaben knapp 25.000 Menschen auf der Flucht. Die meisten von ihnen versuchten, in die Hauptstadt Bagdad zu gelangen, teilte die Regionalstelle der UNO-Nothilfeorganisation (OCHA) im Irak letzte Woche mit.

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Die Behörden im Irak hatten zuvor von 7.000 Menschen gesprochen, die seit Freitag vor der Gewalt in der Region geflohen waren. Die UNO und weitere Hilfsorganisationen hätten damit begonnen, Lebensmittel, Wasser und Medikamente an die Flüchtlinge zu verteilen. Auch Lager würden errichtet. Nach Bagdad dürfen dem Vernehmen nach nur Menschen, die nachweisen können, dass sie Verwandete in der irakischen Hauptstadt haben. Viele Flüchtlinge sind nun „gestrandet“.

Karte des Irak

APA/ORF.at

IS-Kämpfer hatten das rund 110 Kilometer westlich von Bagdad gelegene Ramadi am Wochenende nach heftigen Kämpfen unter Kontrolle gebracht. Dabei kamen mehr als 600 Menschen ums Leben, darunter Frauen und Kinder, wie der Vizevorsitzende des Provinzrates, Falich al-Issawi, sagte.

„Wir müssen mehr tun“

„Derzeit ist nichts wichtiger, als den Flüchtlingen aus Ramadi zu helfen. Sie sind in großen Schwierigkeiten, und wir müssen alles Menschenmögliche tun, um ihnen zu helfen“, sagte UNO-Hilfskoordinatorin Lise Grande. „Tausende Menschen müssen unter freiem Himmel übernachten. Wir könnten mehr tun, wenn die Finanzierung gesichert wäre. Aber diese Menschen im Stich zu lassen ist undenkbar. Wir müssen mehr tun.“ Wie das UNO-Büro weiter mitteilte, sollten in einem ersten Schritt Tausende Notrationen mit Trinkwasser und Hygieneartikeln zu den Flüchtlingen gebracht werden.

Kampfhandlungen in Ramadi

Reuters

Gefechte in Ramadi

Die UNO und andere Hilfsorganisationen unterstützen mehr als 2,5 Millionen Menschen im Irak, die vor der Gewalt auf der Flucht sind. Die Mittel dafür seien aber nahezu erschöpft, heißt es in der UNO-Erklärung. Im Juni müssten voraussichtlich 56 Gesundheitsprogramme beendet werden, und im Juli breche wohl die Lebensmittelversorgung zusammen.

Sunniten gegen Einsatz schiitischer Miliz

Mit einer Offensive und dem umstrittenen Einsatz schiitischer Milizen will die Regierung Ramadi, die Hauptstadt der Provinz al-Anbar, befreien. Der Einsatz schiitischer Kämpfer ist allerdings höchst umstritten, da in der Provinz vorwiegend Sunniten leben. Die Milizen hatten im März auch die Befreiung der ebenfalls vor allem von Sunniten bewohnten Stadt Tikrit aus den Händen des IS angeführt. Anschließend gab es Berichte über Plünderungen und Übergriffe von Schiiten auf Sunniten. Die irakischen Sunniten sehen sich seit Langem von der schiitischen Mehrheit diskriminiert.

Sunnitische Stämme in al-Anbar lehnten einen Einsatz der Milizen in ihrer Provinz lange ab. Nach dem weiteren IS-Vormarsch gaben sie ihren Widerstand jedoch auf. Kritiker befürchten, durch den Einsatz der eng mit dem ebenfalls schiitischen Iran verbundenen Milizen könnte Teheran seinen Einfluss im Irak ausbauen. Der IS beherrscht nun fast die gesamte Provinz al-Anbar. Die irakische Armee hatte im vergangenen Monat eine Offensive gestartet, mit der sie die Region befreien wollte. Kritiker des irakischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi lasten dem Regierungschef die Niederlage in Ramadi an.

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