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Bessere Betreuungsquote gefordert

Die EU-Kommission sieht Österreich nicht mehr generell als Musterschüler - das hat vor allem mit der Verschuldung und dem schwachen Wachstum zu tun. Ein immer wiederkehrender Kritikpunkt der Kommission ist aber vor allem das heimische Pensionssystem.

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Reformen bei den Pensionen einzufordern - das ist bereits so etwas wie ein Dauerbrenner bei den länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission an Österreich. Es geht um eine „Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit des Pensionssystems“. Das Antrittsalter von Frauen und Männern gehöre früher als geplant harmonisiert. Auch brauche es eine automatische Kopplung des Antrittsalters an die Lebenserwartung.

„Österreich ist eher südeuropäisch angehaucht, was das Pensionsantrittsalter betriff“, sagte EU-Kommissionsvertreter Marc Fähndrich bei der Präsentation der länderspezifischen Empfehlungen der Kommission am Freitag vor Journalisten in Wien. Einmal mehr wurde Schweden als Vorbild genannt.

Für Junge „unkalkulierbar“

Wie dort sei auch in Österreich ein Automatismus wegen der steigenden Lebenserwartung gefordert - auch im Sinne der Menschen, die so besser planen könnten, so der EU-Fachmann. „Für junge Leute ist hier die künftige Pension unkalkulierbar“, lautet eine Kritik. Frauen erhielten durch eine Anpassung auch bessere Karrierechancen. Es gebe aber derzeit nicht nur eine Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern, sondern auch eine Schere bei der Pensionshöhe der Frauen.

Die Karrierechancen für die hierzulande im EU-Vergleich sehr gut ausgebildeten Frauen - die zu einem immensen Anteil nur teilzeitbeschäftigt seien, aber anteilig häufiger Hochschulabschlüsse als Männer hätten -, müssten auch durch eine bessere Betreuungsquote für Kinder gesteigert werden, so die EU-Kommission. Denn Österreich liege hier weit unter den Barcelona-Zielen. Beispielsweise würden hierzulande nur 23 Prozent der Kinder unter zwei Jahre außerhalb der Familie betreut, gefordert sei aber ein Quote von 33 Prozent.

Fähndrich kündigte Gespräche der EU-Kommissionsvertretung mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und heimischen Thinktanks zum Pensionsthema an. Das effektive Pensionsantrittsalter beläuft sich in Österreich laut EU-Kommission auf 59,7 Jahre, im EU-Schnitt auf 63,1 Jahre. Das Pensionssystem ist immer wieder Streitpunkt zwischen SPÖ und ÖVP. Während die SPÖ derzeit keine weiteren Schritte setzen will, fordert die ÖVP weiter gehende Einschnitte. ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel fühlte sich daher am Freitag durch die Empfehlungen aus Brüssel in seiner Position auch bestätigt.

Fragezeichen bei Steuerreform

In Sachen Steuerreform fordert Brüssel, dass diese „budgetneutral“ ist. Bisher hat die EU-Kommission nur „einen groben Entwurf zum Aus des Bankgeheimnisses“ gesehen, sonst kennt sie noch keine Gegenfinanzierungsmaßnahmen. Auch wie die Kosten für die Hypo-„Bad Bank“ Heta gedeckt werden sollen, sei offen, so die Kommission.

„Die Berechnungen der österreichischen Bundesregierung sind erst nachvollziehbar, wenn Texte vorliegen“, so der Fachmann der EU-Kommission. So kalkuliere die EU-Kommission in ihrer Berechnung etwa 900 Mio. Euro Einnahmen aus der neuen Betrugsbekämpfung. Österreich rechnet mit 1,9 Mrd. Euro - also gleich einer Milliarde Euro mehr. Der Chef der EU-Kommissionsvertretung in Wien, Johann Sollgruber, sagte zur Berechnung der Bundesregierung: „Das Volumen bei der Betrugsbekämpfung ist schwer nachvollziehbar.“

EU fordert Details von Wien

Positiv hob er die „Initiative Wiens gegen Karussellbetrug“ hervor. Insgesamt sei die Kommission aber „gut beraten, vorsichtig zu sein“ bei Berechnungen Österreichs, weil ja schließlich auch die Finanztransaktionssteuer über Jahre budgetiert worden sei, ohne dass diese tatsächlich floss, so Sollgruber.

Schließlich könnte Österreich auch ein EU-Verfahren „des präventiven Armes“ im Rahmen des Wachstums- und Stabilitätspaktes drohen, sagte Fähndrich. Denn das Defizit 2016 könnte wegen der Steuerreform und der aus Brüsseler Sicht tendenziell offenen Gegenfinanzierung stärker steigen, als das EU-Regeln an und für sich erlaubten. „Wir brauchen Details, um die Berechnungen nachvollziehen zu können“, so Fähndrich.

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