Erste Zelte bereits am Donnerstag fertig
Laut Innenministerium hat ein neuer starker Flüchtlingsstrom nach Österreich nun „Notmaßnahmen“ zur Folge. Wie das Ministerium am Donnerstag mitteilte, werden nun an drei Standorten Zeltstädte zur Unterbringung von Flüchtlingen errichtet. Die ersten Zelte sollen bereits am Donnerstag fertig aufgestellt und bezugsfertig sein.
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Wollte das Innenministerium zuerst nicht bekanntgeben, wo die Zelte errichtet werden sollen, wurden die Orte mittlerweile offiziell bestätigt. Neben einem Standort in der Stadt Salzburg werden die weiteren Zeltstädte in Oberösterreich, konkret in Linz und Thalham, errichtet. Das teilte das Innenministerium am Donnerstagvormittag mit. Genutzt werden in den beiden Landeshauptstädten jeweils das Gelände der Landespolizeidirektion sowie in Thalham das Areal des dortigen Erstaufnahmezentrums. Insgesamt werden laut Innenministerium zwölf Zelte pro Standort errichtet. Maximal 96 Personen werden pro Zeltstadt untergebracht.
In Salzburg wird bereits aufgebaut
Bereits gebaut wird an der Zeltstadt in Salzburg. Das gab die Sprecherin von Landesrätin Martina Berthold (Grüne) am Donnerstagvormittag bekannt. Erste Flüchtlinge sollen bereits heute und morgen dort einziehen. Dass Salzburg ausgewählt wurde, wurde von der Sprecherin damit begründet, dass dort Infrastruktur und Sanitäranlagen rasch zur Verfügung gestellt werden konnten. Die Landesrätin ist mit der Errichtung einverstanden, da man in einer Krise Unterstützung leisten müsse. Außerdem handle es sich um keine Dauerquartiere - mehr dazu in salzburg.ORF.at
In Oberösterreich soll ebenfalls noch am Donnerstag mit dem Aufbau der ersten Zelte begonnen werden. Sie sei am Mittwochabend von Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) informiert worden, bestätigt Soziallandesrätin Gertraud Jahn (SPÖ). Das Land Oberösterreich sucht darüber hinaus nach alternativen Unterbringungsmöglichkeiten. Jahn sagte: „Wir werden uns in Oberösterreich vor allem darauf konzentrieren, vom Bund unbegleitete minderjährige Flüchtlinge so rasch wie möglich zu übernehmen, um damit Platz für Neuankömmlinge zu schaffen" - mehr dazu in ooe.ORF.at.
Nur für wenige Tage vorgesehen
Auch das Ministerium betonte, dass es sich bei den Zeltstädten nur um Noteinrichtungen handle, um Obdachlosigkeit zu verhindern. Die Asylwerber sollen dort wenige Tage unterkommen, bis feste Quartiere zur Verfügung stehen. Bevorzugt würden vom Ministerium Container, nur würden baurechtliche Gründe eine rasche Errichtung von diesen erschweren. Würden allerdings in den Ländern entsprechende Genehmigungen erteilt, könnten auch Container eingesetzt werden.
Krisenplan: Unterbringung von Flüchtlingen
Einen neuen Rekord an Flüchtlingen aus Bürgerkriegsgebieten hat das Innenministerium registriert. Die Kapazitäten seien erschöpft, jetzt werde ein Krisenplan in Gang gesetzt, heißt es aus dem Ministerium.
Ohnehin präferiere das Innenministerium die Unterbringung in festen Unterkünften, hieß es am Donnerstag. Erneut sollen nun das Verteidigungsministerium und Kirchen aushelfen. Geeignet als Unterkünfte wären Pfarrhöfe, Stifte und Kasernen, so das Innenministerium. Am Freitag soll sich ein Krisenstab auf Beamten- und Expertenebene mit Vertretern von Bund, Ländern, Feuerwehr und Hilfsorganisationen der Situation widmen.
Fast 600 Asylanträge in zwei Tagen
Nach Angaben des Innenministeriums wurden allein an den ersten beiden Tagen dieser Woche fast 600 Asylanträge (597) gestellt, am Montag gab es mit 314 Ansuchen einen Höchststand seit dem Beginn der täglichen Aufzeichnungen im Jahr 2006. Der allergrößte Teil der Anträge kam von Bürgern aus Kriegsgebieten, vor allem aus Syrien und Afghanistan.
Im Gegensatz zu den vergangenen Monate macht das Innenministerium den Bundesländern diesmal keine Vorwürfe. Die Länder hätten im Verlauf des vergangenen Jahres enorme Anstrengungen bei der Unterbringung unternommen. Der sprunghafte Anstieg der Kriegsflüchtlinge jetzt sei jedoch nur mehr vergleichbar mit der Zeit der Jugoslawien-Kriege, heißt es aus dem Ministerium.
Asylwerber in Vordernberg
Wie ebenfalls erst am Donnerstag bekanntwurde, setzte das Innenministerium bereits Anfang der Woche neben den Zeltstädten noch weitere Schritte. So wird seit einigen Tagen bei Flüchtlingen die Erstabklärung im umstrittenen, weil kaum belegten Schubhaftzentrum in der steirischen Gemeinde Vordernberg vorgenommen.
Die Asylwerber können dort bis zu 48 Stunden angehalten werden und wohnen damit auch bis zu zwei Tage in der Einrichtung, bevor sie in die Erstaufnahmezentren gebracht werden. Allzu sehr in die Quere werden sie sich in Vordernberg mit den Schubhäftlingen nicht kommen. Denn nur zwei in Schubhaft befindliche Personen sind derzeit dort untergebracht.
Im Innenministerium wird der erweiterte Einsatz von Vordernberg damit begründet, dass aufgrund der großen Fallzahlen die Polizeiinspektionen, die bisher im Regelfall die Erstabklärung nach Aufgriff der Einwanderer vornahmen, entlastet werden sollen. Lokalen Widerstand erwartet man nicht, habe doch der örtliche Bürgermeister selbst erst vor Kurzem darüber nachgedacht, die Schubhaftstelle eben für diesen Zweck zu nutzen.
Häupl gibt Zustimmung zu Erdberg-Reaktivierung
Politisch heikel ist nicht nur die Unterbringung in Vordernberg so kurz vor der steirischen Landtagswahl, auch die Wiederinbetriebnahme des Bundesquartiers in Wien-Erdberg ist im Jahr der Wiener Gemeinderatswahl delikat. Denn Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) war zugesichert worden, dass die Großunterkunft für rund 300 Personen mit Februar Geschichte ist.
Diese Zusage hielt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) mit wenigen Tagen Verspätung auch ein. Nun wird das Quartier aber entgegen allen Beteuerungen reaktiviert. Laut Innenministerium ist Häupl von der Ministerin bereits informiert worden und soll sich einverstanden erklärt haben. Das brachte dem Bürgermeister umgehend Kritik der FPÖ ein. Häupl gehe auf Kosten der Wiener vor Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in die Knie. Anrainer würden nicht eingebunden und müssten „einmal mehr mit einem Anstieg an Kriminalität und Unruhe rund um das Heim rechnen“, so FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einer Aussendung.
Scharfe Kritik an Zeltplänen
Ganz anders lauten die Vorbehalte der Grünen. Die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun warf Mikl-Leitner in einer Aussendung „Inszenierung“ vor. Das Unterbringungsproblem sei von der Ressortchefin hausgemacht. Mikl-Leitner sei gefordert, die rund 1.000 in Traiskirchen festsitzenden Kinderflüchtlinge kindgerecht zu versorgen. Dann wäre dort auch mehr Platz für neu ankommende Schutzsuchende, so Korun. In einem so reichen Land wie Österreich auf mehr Flüchtlinge mit Zeltlagern zu antworten findet die grüne Menschenrechtssprecherin jedenfalls nicht nachvollziehbar und unwürdig.
„Scharf zu kritisieren“ ist die Aufstellung von Zelten auch aus NEOS-Sicht. Die eingeleiteten Maßnahmen seien „alles andere als menschenwürdig“, meinte Menschenrechtssprecher Nikolaus Scherak in einer Aussendung. Man könne ihm nicht erklären, dass es in ganz Österreich keinen überdachten Ort gebe, der sich für die Unterbringung von Schutzsuchenden anbieten würde.
Die Caritas sprach in einer Aussendung von einem „Armutszeugnis“. Angesichts von 300 schutzsuchenden Menschen den Notstand auszurufen sei zynisch und entbehre jeder Grundlage, so der Generalsekretär der Caritas Wien, Klaus Schwertner. 300 Flüchtlinge müssten in Österreich leicht eine andere Unterbringung als in Zelten finden. Schwertner appellierte an die Verantwortlichen in Bund und Ländern, Besonnenheit und Sachlichkeit walten zu lassen. Seiner Ansicht nach dienten die Zeltstädte „allein einem politischen Muskelspiel auf dem Rücken von Flüchtlingen“.
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