Von „Waldspielen“ bis zur „Mittelpartei“
Nach zehn Jahren an der FPÖ-Spitze scheint sich das Image von Parteichef Heinz-Christian Strache zu stabilisieren. Die Mischung aus Leutseligkeit gegenüber tatsächlichen oder vermuteten Sympathisanten und Attacken auf alle anderen, um wiederum Ersteren zu gefallen, funktioniert offenbar dauerhaft. Strache muss sich gar nicht mehr immer wieder neu erfinden, wie er es eine Zeit lang getan hat.
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Viel für den Erfolg zu tun hat die Ikone der kollektiven Unzufriedenheit nicht. Strache kletterte zuletzt mit seinen Freiheitlichen bei der vergangenen Nationalratswahl 2013 deutlich über die 20-Prozent-Marke und schaffte damit sein adaptiertes Wahlziel. Von früheren Träumereien, die FPÖ 2013 mit einem Drittel der Stimmen an die Spitze der Wählergunst zu führen, hatte man sich nach dem Erscheinen Frank Stronachs auf der Politbühne schon länger verabschiedet. Auch das könnte sich bald wieder ändern.
„Nächstenliebe“ a la FPÖ
Strache versuchte sich schon im Wahljahr 2013 in neuer Rolle. Der FPÖ-Chef war nicht der zornige Angreifer, der sich mit plump ausländerfeindlichen Sprüchen in den Mittelpunkt zu schieben versuchte, sondern er gab sich als eine Art Liebesbringer. Dass sich hinter der „Nächstenliebe“-Kampagne ein Ausländerwahlkampf neuen Zuschnitts verbarg, hat der FPÖ wohl auch eher genutzt als geschadet. Gerade für die anstehende Wien-Wahl im Herbst ist Ähnliches zu erwarten.
Dennoch - im Hoffen auf eine Regierungsbeteiligung - tritt immer öfter der schmeichelweiche Strache ans Licht. Dieser Imagewechsel ist ein recht scharfer, wenn man Straches politischen Werdegang ansieht. Als junger Mann machte der heute 44-Jährige noch bei „Waldspielen“ mit, die an Wehrsportübungen erinnerten. Im Haus von NDP-Gründer Norbert Burger, mit dessen Tochter Strache liiert war, ging der heutige FPÖ-Chef aus und ein. Noch 2004, als Wiener FPÖ-Obmann, wollte er sich mit einem Kontrahenten im Rahmen eines Burschenschafterstreits duellieren.
Strache nahm eine FPÖ, die keiner mehr wollte
Die Zeiten am deklariert rechten Rand hat der FPÖ-Obmann, einst jüngster Bezirksrat Wiens, längst hinter sich gelassen. Heute gelten die ostentativ Ultrarechten in seiner Partei Strache als lästig, vertreiben sie doch eher Wähler, als neue anzulocken. Als innerparteilicher Erfolg ist in dem Zusammenhang zu werten, dass es der FPÖ-Chef und seine Vertrauten schafften, den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf von den freiheitlichen Wahllisten zu bringen.
Dass Strache heute dieses Standing in der Partei hat, ist nicht nur cleveren Beratern wie Generalsekretär Herbert Kickl zu verdanken, sondern auch Folge eines blauen Heldenmythos, der den Obmann umweht. Als sich Jörg Haider mit dem freiheitlichen Regierungsteam und beinahe dem gesamten Parlamentsklub ins BZÖ verabschiedete, wussten die Verbliebenen, dass nur noch der aufstrebende Zahntechniker aus Wien-Landstraße das politische Begräbnis der FPÖ verhindern kann.
„Kärntner Problem“ für Wähler kein Problem
Strache hielt, was man sich von ihm versprach. Seit seinem Antritt als Wiener Parteichef und als Bundesobmann (2004 bzw. 2005) klettern die Freiheitlichen in der Wählergunst wieder nach oben. Hätte er nicht die Kärntner Freiheitlichen ins Boot geholt, könnte der FPÖ-Chef sogar guten Gewissens sagen, dass seine FPÖ mit den Korruptionsaffären der vergangenen Jahre nichts zu tun hatte. Beim Wähler hat aber auch das Kärntner Problem sichtlich nicht wirklich geschadet.
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