„Dinge beschleunigt“
Wegen des offenbar absichtlich herbeigeführten Absturzes einer Germanwings-Maschine am Dienstag in den französischen Alpen verschärfen mehrere Fluggesellschaften nun ihre Cockpitvorschriften. Künftig müssen sich immer mindestens zwei Crewmitglieder im Cockpit aufhalten.
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Am Freitag teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) mit, dass die deutschen Fluggesellschaften die Zweipersonenregel im Cockpit einführen. Die Umsetzung liege in der Hand der einzelnen Airlines, so der BDL. Die Lufthansa bestätigte am Freitag, die Zweipersonenregel im Cockpit für sämtliche Passagierflüge im Konzern umzusetzen. Bereits am Donnerstag hatte die britische Billigfluggesellschaft easyJet erklärt, dass die neuen Vorschriften „ab morgen“ gelten würden.
Österreich zieht mit
Auch bei Österreichs Fluglinien müssen zukünftig immer zwei Personen im Cockpit anwesend sein. Verkehrsministerium und Austro Control hätten per Erlass die Airlines zur Umsetzung des Vieraugenprinzips verpflichtet, hieß es am Freitag in einer Aussendung. Die Air-Berlin-Tochter Niki hatte bereits am Donnerstag wie auch Air Berlin selbst angekündigt, das Vieraugenprinzip einzuführen. Von Freitag an müssten sich immer zwei Crewmitglieder dort aufhalten, hieß es von einem Sprecher des Unternehmens am Donnerstag.
Ähnliche Vorkehrungen trafen die Airlines Norwegian Air Shuttle und Icelandair. Eine solche Änderung der Vorschriften sei schon länger im Gespräch gewesen, hieß es von der drittgrößten europäischen Billigfluglinie Norwegian Air Shuttle. Die Erkenntnisse der Ermittler zu dem Germanwings-Absturz hätten „die Dinge beschleunigt“. Auch Air France und KLM gaben Freitagabend bekannt, die Zweipersonenregel einzuführen. Und auch Kanada verschärfte seine Sicherheitsvorschriften für die Luftfahrt.
EU prüft neue Regel
Die EU denkt ebenfalls über die Einführung eines Vieraugenprinzips nach. „Wir erwägen im Moment kurzfristige Maßnahmen“, hieß es am Freitag aus der EU-Kommission. Zuständig für die Sicherheitsregeln im europäischen Luftraum ist die EU-Flugsicherheitsagentur EASA. Diese kann entweder verbindliche „Flugtüchtigkeitsrichtlinien“ oder nicht bindende Empfehlungen erlassen. Auch die Empfehlungen hätten Gewicht, hieß es in Kommissionskreisen. Vor allem werde die Frage, wie viele Personen im Cockpit sein müssen, derzeit sehr genau untersucht, hieß es weiter. Für andere Aspekte sei es derzeit noch zu früh.

APA/EPA/Airbus Handout
Cockpit eines A320
Bisher ist in der europäischen Luftfahrt nicht vorgeschrieben, dass ein Pilot, wenn er das Cockpit verlässt, durch ein Besatzungsmitglied ersetzt wird. In den USA sehen die Richtlinien der Luftfahrtbehörde FAA hingegen vor, dass sich grundsätzlich zwei Personen im Cockpit befinden. Sollte sich einer der Piloten entfernen müssen, so müsse er für diese Zeit von einem Besatzungsmitglied ersetzt werden.
Cockpittüren speziell gesichert
Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden Cockpittüren so eingerichtet, dass Unbefugte nicht von außen ins Cockpit gelangen können. Bei einem Airbus ist die Tür laut deutschem Luftfahrtbundesamt grundsätzlich elektronisch gesichert. Es gebe einen Zugangscode, um in einem Notfall für einen kurzen Zeitraum die Tür von außen zu öffnen. Bei einer Bedrohungslage können die Piloten die Tür aber auch dann blockieren, wenn außen der korrekte Code eingegeben wird.
In besonderen Notfällen besteht nach Angaben der Vereinigung Cockpit dann technisch zwar die Möglichkeit, auch von außen die Cockpittür zu öffnen - aus Sicherheitsgründen meist nach einer Zeitverzögerung, die je nach Programmierung Sekunden oder auch Minuten dauern kann. Im Cockpit selbst kann aber laut dem deutschen Luftfahrtbundesamt bewusst die Cockpittür für fünf Minuten verriegelt werden, um zur Gefahrenabwehr ein gewaltsames Eindringen von der Kabinenseite her zu verhindern.
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