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Fünf Minuten per Knopfdruck

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sind in Flugzeugen die Cockpittüren besonders gesichert worden, um unerlaubtes Eindringen zu verhindern.

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Die Türen halten selbst Schüsse ins Cockpit ab und können von der Crew nur mit einem bestimmten Code geöffnet werden - jede Airline hat dabei ihre speziellen Regelungen. Eine Videokamera zeigt der Besatzung nach Airbus-Angaben zudem, wer gerade Einlass begehrt.

Absperren von innen möglich

Bei einer Bedrohungslage können die Piloten die Tür aber auch dann blockieren, wenn außen der korrekte Code eingegeben wird. In besonderen Notfällen besteht nach Angaben der Vereinigung Cockpit technisch zwar die Möglichkeit, auch von außen die Cockpittür zu öffnen - aus Sicherheitsgründen meist nach einer Zeitverzögerung, die je nach Programmierung Sekunden oder auch Minuten dauern kann. Sie versagt aber, wenn der Pilot im Cockpit den Zugang blockiert.

Für den Fall von Bewusstlosigkeit im Cockpit gebe es einen eigenen Code und dann ein Klingelzeichen, sagte der Chef der Lufthansa, Carsten Spohr. Wenn auch dann keine Antwort komme, gehe die Tür auf. Der Kollege im Cockpit könne das durch Umstellen des Schalters auf ‚lock‘ verhindern. Dann sei die Tür für fünf Minuten verschlossen.

„Anderes Wort als Selbstmord“

„Wenn ein Mensch 149 andere mit in den Tod nimmt, ist das für mich ein anderes Wort als Selbstmord“, sagte Spohr. Haftungen seien in internationalen Abkommen geregelt. Der Lufthansa-Konzern sei stark genug, um Forderungen nachkommen zu können. Um welche Summe an Forderungen es geht, wollte Spohr bei der Pressekonferenz nicht sagen.

Airlines ändern Vorschriften

Nach dem offenbar absichtlich herbeigeführten Germanwings-Absturz in den französischen Alpen haben easyJet und mehrere weitere Fluglinien ihre Sicherheitsvorschriften geändert. Die britische Billigfluggesellschaft easyJet erklärte am Donnerstag in London, dass die neuen Vorschriften „ab morgen“ gelten würden. Ähnliche Vorkehrungen trafen die Airlines Norwegian Air Shuttle und Icelandair. Auch Kanada verschärfte bereits seine Regeln.

Künftig müsse das Cockpit immer von mindestens zwei Menschen besetzt sein, sagte etwa Thomas Hesthammer von der drittgrößten europäischen Billigfluglinie Norwegian Air Shuttle. Eine solche Änderung der Vorschriften sei schon länger im Gespräch gewesen, sagte Hesthammer. Die Erkenntnisse der Ermittler zu dem Germanwings-Absturz „haben die Dinge beschleunigt“. Nun müsse noch die norwegische Luftfahrtbehörde zustimmen. „Ich gehe davon aus, dass die neue Vorschrift ab morgen gilt.“

Die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines (AUA) und die Air-Berlin-Tochter Niki (flyniki) wollen ihre Cockpitregeln nach dem Airbus-Absturz und den neuen Entwicklungen vorerst nicht ändern. Man wolle die Erkenntnisse aus der Untersuchungskommission abwarten, hieß es - mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Die flyniki-Mutter Air Berlin kündigte aber bereits eine Änderung der Cockpitregeln an. Von Freitag an müssten sich immer zwei Crewmitglieder dort aufhalten, erklärte ein Sprecher des Unternehmens am Donnerstag.

Forderung auch in Deutschland

Zuvor wurden auch in Deutschland Rufe nach einer Sicherungsregel laut, um solche Katastrophen zu verhindern: Der für Verkehr zuständige Stellvertreter von CDU und CSU im deutschen Bundestag, Arnold Vaatz, appellierte an alle deutschen Airlines, freiwillig und unverzüglich eine Zweipersonenregel in Cockpits umzusetzen. Er sei dafür, dass künftig immer eine Person aus der Kabinencrew im Cockpit sein müsse, während entweder der Pilot oder der Kopilot das Cockpit verlasse, sagt Vaatz der „Rheinischen Post“.

Die deutsche Pilotengewerkschaft Cockpit warnte hingegen vor Schnellschüssen. „Zum jetzigen Zeitpunkt konkrete Maßnahmen zu nennen, wäre viel zu verfrüht“, sagte der Präsident der Vereinigung Cockpit (VC), Ilja Schulz, am Donnerstag am Rande der Lufthansa-Pressekonferenz in Köln. „Wir müssen genau sehen: Was hat jetzt dazu geführt? Welche Nachteile holt man sich mit einer Änderung ein?“ Ein weiterer Pilot im Cockpit würde zudem „keine 100-prozentige Sicherheit geben, weil auch dann ein anderer Kollege noch den anderen im Cockpit überwältigen kann“. Cockpit-Vorstand Markus Wahl sagte am Abend, man sei für Diskussionen aber jederzeit offen.

Ein Germanwings-Airbus A320 war am Dienstagvormittag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen zerschellt. An Bord waren 150 Menschen, die meisten waren Deutsche. Nach Angaben der französischen Ermittler steuerte der Kopilot den Airbus offenbar absichtlich in die Katastrophe. Der 27-Jährige - zu dem Zeitpunkt allein im Cockpit - habe die Maschine allem Anschein nach „zerstören“ wollen, sagte der Staatsanwalt von Marseille, Brice Robin. Derzeit gebe es keinen Hinweis auf einen Terroranschlag.

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