„Bewusst geweigert, die Tür zu öffnen“
Der Kopilot der verunglückten Germanwings-Maschine hat laut Erkenntnissen der Ermittler den Sinkflug selbst ausgelöst und so den Airbus absichtlich zum Absturz gebracht und 149 Menschen mit in den Tod gerissen. Er sei zu diesem Zeitpunkt allein im Cockpit gewesen, der Pilot sei aus der Kabine ausgesperrt gewesen, sagte der Marseiller Staatsanwalt Brice Robin am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.
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„Es ist davon auszugehen, dass der Kopilot bewusst die Zerstörung des Flugzeuges eingeleitet hat“, sagte Robin. Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund der Tat gebe es nicht. Die Ermittler bemühten sich derzeit bei ihren deutschen Kollegen um konkretere Informationen zu den Lebensumständen des Ersten Offiziers Andreas Lubitz, der die deutsche Staatangehörigkeit besitze.
Die Passagiere hätten vermutlich erst im letzten Moment erkannt, dass sie gleich sterben würden. Ganz am Ende der Aufzeichnungen des Stimmrekorders seien Schreie zu hören. Unmittelbar darauf sei das Flugzeug in den südfranzösischen Alpen zerschellt.
Protokoll der letzten 30 Minuten
Der Staatsanwalt bezog sich auf das Protokoll der letzten 30 Minuten vor dem Absturz, in denen der Stimmrekorder alle Geräusche im Cockpit des A320 aufgenommen hatte. Dabei sei zu hören, wie der Kapitän den 27-jährigen Lubitz (die Düsseldorfer Bezirksregierung korrigierte frühere Angaben, wonach Lubitz 28 Jahre alt gewesen sein soll) zur Übernahme des Steuers auffordere und dann - vermutlich für eine Toilettenpause - das Cockpit verlasse. Kurz darauf habe der Kopilot dem Bordcomputer die Anweisung erteilt, in den Sinkflug überzugehen. Das könne nicht versehentlich geschehen und müsse daher eine bewusste Handlung gewesen sein.

ORF
Staatsanwalt Robin bei der Pressekonferenz
Kapitän Zutritt verweigert
Zugleich habe er den Piloten nicht mehr ins Cockpit gelassen, sagte Robin. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ist es Vorschrift, dass der Arbeitsplatz in allen Passagierjets von einer gepanzerten Tür geschützt sein muss. Lubitz habe weder auf Rufe noch auf Schläge gegen die Tür reagiert, so der Staatsanwalt. Auch Aufforderungen des Towers in Marseille, einen Notruf abzusetzen, habe er ignoriert. Bis zum Zerschellen des A320 sei von ihm kein Wort mehr zu hören. Auf der Aufnahme sei nur noch sein ruhiges Atmen zu vernehmen.
„Bewusst geweigert“
All das lasse darauf schließen, dass der Kopilot die Maschine absichtlich zum Absturz brachte, sagte Robin. „Wir müssen von einer absichtlichen Tötung ausgehen ... Er hat sich bewusst geweigert, die Tür zu öffnen, und er hat bewusst den Knopf (zur Einleitung des Sinkfluges) gedrückt, um die Maschine runterzubringen.“ Bisher hatte die Staatsanwaltschaft in Marseille dagegen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt.

APA/AP/Michael Probst
Polizisten schirmen das Elternhaus des Kopiloten ab
Zu den Gründen, weshalb der Kopilot die Maschine zum Absturz brachte, konnte sich der Staatsanwalt nicht äußern. Hinweise auf einen Anschlag gebe es nicht. „Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen deutet nichts auf einen Anschlag hin“, sagte der Ermittler. Das Wort Suizid wollte er nicht in den Mund nehmen. „Ich habe Probleme mit dem Begriff Selbstmord, wenn man 149 Menschen mit in den Tod reißt“, betonte er. Die Familien von Pilot und Kopilot würden derzeit getrennt von den anderen Hinterbliebenen betreut.
Kein Terrorhintergrund
Lubitz hatte nach Angaben der Lufthansa 630 Flugstunden absolviert und flog seit September 2013 für Germanwings. Der Kapitän der abgestürzten Maschine war deutlich erfahrener als sein Erster Offizier: Er hatte nach Unternehmensangaben bereits über 6.000 Flugstunden hinter sich und seit mehr als zehn Jahren für Lufthansa und Germanwings gearbeitet. Es gebe nach derzeitigen Erkenntnissen keinen terroristischen Hintergrund, sagte er. Das bekräftigte auch der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere.
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