Walser gegen „Pröll-Plan“
Die Chance auf einen „wirklichen Schritt vorwärts“ sieht der Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, in den für die Bildungsreformkommission erstellten Vorschlägen der Expertengruppe Schulverwaltung.
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Zuletzt hatte ja Kanzler Werner Faymann (SPÖ) angedeutet, die Lehreragenden könnten verländert werden. Die Grünen bieten sich nun als Verhandlungspartner für die Umsetzung der teils „vorwärtsweisenden“ Ideen an. Die Grundlage der Diskussion müsse allerdings dieses Papier und nicht der „Pröll-Plan“ sein.
Mit seinen Äußerungen in der „Pressestunde“ am Wochenende habe der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) ein „falsches Bild“ vom Inhalt des Papiers erzeugt, sagte Walser am Donnerstag vor Journalisten in Wien. Die Frage der Verländerung stelle sich im Hinblick auf die teilweise erstaunlichen Vorschläge nicht, denn bei der Umsetzung würden sowohl Bund als auch Länder Macht abgeben.
Teilrechtsfähigkeit für Schulen
Entscheidungshoheiten würden vor allem in Richtung der Schulstandorte im Sinne einer weitgehenden Schulautonomie verschoben, inklusive Teilrechtsfähigkeit für Schulen und der Möglichkeit, Personal anzustellen und zu kündigen. Neben der Autonomie sieht Walser die in dem Papier angedachte „Zentrale Qualitätssicherungsstelle“, der nach niederländischem Vorbild vor allem die Überprüfung des Erreichens der Lernziele an den Schulstandorten zukäme, in einer Schlüsselposition. Diese müsse unbedingt frei von jeglichem „parteipolitischen Proporz“ sein und Schulen bei der Weiterentwicklung helfen.
Neue Aufteilung
Geht es nach dem Reformpapier, sollte der Bund - respektive das Bildungsministerium - für die Gesetzgebung, Lehrplangestaltung, dienstrechtliche Fragen oder die Pädagogenausbildung allein zuständig sein, während den bei den Ländern angesiedelten Bildungsdirektionen etwa Schulerhaltung, Personalbewirtschaftung, Vollzug und Begleitung öffentlicher Schulen und die Ressourcenzuweisung und regionale Planung zukämen.
Einer solchen Aufteilung kann Walser einiges abgewinnen. Die Umschreibung der Rolle der Bildungsdirektionen und der künftigen Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern ist den Grünen allerdings noch zu vage: Für die Gesetzgebung müsse jedenfalls der Bund verantwortlich sein.
Weniger Schnittstellen
Dass auf Basis des Papiers „große Schritte nach vorne“ gemacht werden könnten, zeige sich auch darin, dass dort von der Reduzierung der Schnittstellen im gesamten Schulsystem die Rede sei. Das ist für Walser ein Hinweis auf eine künftige gemeinsame Schule. Ebenfalls positiv sei, dass in dem Papier eine grundsätzliche Ausrichtung auf ganztägige Schulen enthalten ist.
Bezüglich der Chancen auf Umsetzung der Vorschläge zeigte sich Walser optimistisch: „Der Geist, den das Papier atmet“ weise darauf hin, dass nun echte Diskussionen in der Regierung und in den Ländern stattfinden. Auch aus der ÖVP habe er Signale vernommen, „dass hier jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden“. Ein wenig zweifelt der grüne Bildungssprecher allerdings daran, das in der Sozialdemokratie genügend Mut vorhanden ist. Wenn Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) diese Reformen nun aber angehe, „hat sie unsere Unterstützung“, so Walser.
Im OECD-Vergleich wenig Autonomie
Die Autonomie der Schulen ist in Österreich im internationalen Vergleich verhältnismäßig gering ausgeprägt, wie die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ (2012) zeigt. Der Studie zufolge werden hierzulande 31 Prozent der Entscheidungen im Schulwesen auf Schulebene getroffen - im OECD-Vergleich sind es 41 Prozent und in der EU 46 Prozent.
Die OECD teilt die Entscheidungsebenen in zentralstaatlich (entspricht in Österreich der Bundeskompetenz), bundesstaatlich (Österreich: Landeskompetenz), regional und subregional (keine Entsprechung in Österreich), lokal (Österreich: Gemeindeebene) und Schulebene.
Nur 14 Prozent auf lokaler Ebene
55 Prozent der Entscheidungen in Österreich fallen der Studie zufolge auf zentral- bzw. bundesstaatlicher Ebene (OECD- und EU-Schnitt je 36 Prozent). 14 Prozent der Fragen werden auf lokaler (OECD: 17, EU: 13 Prozent) und keine auf regionaler Ebene (OECD: fünf, EU: vier Prozent) entschieden.
Spitzenreiter in Sachen Schulautonomie sind die Niederlande (86 Prozent der Entscheidungen auf Schulebene), gefolgt von England (81 Prozent), Estland (76 Prozent), dem flämischen Teil Belgiens (71 Prozent) und Tschechien (68 Prozent). Besonders zentralisiert ist das Schulwesen neben Luxemburg (87 Prozent der Entscheidungen auf zentral- bzw. bundesstaatlicher Ebene) in Mexiko (83 Prozent), Griechenland (78 Prozent), Portugal (78 Prozent) und dem französischsprachigen Teil Belgiens (72 Prozent).
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