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Ehemaliger Janukowitsch-Vertrauter

Dmytro Firtasch, der am Dienstag als Mitorganisator der „Agentur für die Modernisierung der Ukraine“ auftrat, gilt mit einem von „Forbes“ geschätzten Vermögen von zuletzt mehr als 3,3 Milliarden Dollar (2,94 Mrd. Euro) nicht nur als einer der reichsten Ukrainer.

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Er war im Gashandel, in der chemischen Industrie und im Bankensektor tätig. Nicht zuletzt durch die Übernahme der Inter Media Group Anfang 2013 wurde er auch zum wichtigen politischen Player in seinem Heimatland. Der TV-Sender Inter, das Flaggschiff von Firtaschs Medienkonzern, zählt zu den reichweitenstärksten und einflussreichsten Fernsehsendern des Landes.

Inter hatte dem früheren Präsidenten Viktor Janukowitsch lange Zeit als zuverlässige Stütze gedient. Wenige Tage vor der Flucht Janukowitschs drehte sich jedoch die redaktionelle Ausrichtung des Fernsehsenders. Er berichtete merklich objektiver über die Vorgänge rund um den Maidan, dem Zentrum der proeuropäischen Proteste, und unterstützte dadurch in einem gewissen Ausmaß auch die Machtübernahme durch die Opposition.

Gasfirma mit Sitz im Schweizer Zug

Firtasch, der 1965 in einem Dorf in der Westukraine zur Welt kam, wurde einer breiteren ukrainischen Öffentlichkeit erst 2006 bekannt. Der Unternehmer hatte sich zwar bereits seit den Neunzigerjahren mit Gashandel beschäftigt, 2004 sorgte ein umstrittener Deal mit Gasprom für internationale Schlagzeilen: Firtasch hatte damals mit seinem ukrainischen Juniorpartner Iwan Fursin und den Strukturen des russischen Gasprom-Konzerns im Schweizer Kanton Zug ein Joint Venture namens RosUkrEnergo AG gegründet. Diese Firma beschäftigte sich mit dem Export von russischem sowie turkmenischem Gas und verdiente mehrere hundert Millionen Euro als Vermittler zwischen Gasprom und dem ukrainischen Erdgaskonzern Naftogas.

Öffentlich bekannt wurden die Namen von Firtasch und Fursin im Zusammenhang mit RosUkrEnergo jedoch erst Ende April 2006. Zuvor war Raiffeisen Investment in Wien als Treuhänder aufgetreten. Das hatte nicht nur zu Mutmaßungen über die Rolle des osteuropäischen organisierten Verbrechens in dem Gasdeal geführt, sondern auch zu Ermittlungen des FBI.

Ein besonderes Interesse zeigten die Amerikaner an einer möglichen Involviertheit des mutmaßlichen russischen Mafia-Paten Simjon Mogilewitsch. Im parlamentarischen Bankenausschuss des Jahres 2007, der auch die Rolle von Raiffeisen in dieser Causa thematisierte, wurde ein Dokument des heimischen Bundeskriminalamts (BK) verlesen, in dem Firtasch als Mitglied der Mafia-Organisation von Mogilewitsch bezeichnet wurde. Mogilewitsch, den das FBI zu den zehn meistgesuchten Verbrechern zählt, lebt unbestätigten Medienberichten zufolge unbehelligt in Moskau.

2013 in Wien festgenommen

Mit der neuen Premierministerin Julia Timoschenko, die Anfang 2009 einen neuen Gasdeal mit Russland ausverhandelte (was sie selbst ins Gefängnis bringen sollte), verlor RosUkrEnergo seine Bedeutung. In der Ukraine blieb Firtasch aber weiterhin sichtbar - sein Firmenimperium, das auch Sitze in Wien und in London hat, expandierte im Chemie- und Finanzbereich. Seit 2011 amtiert er zudem als Chef des Verbandes der Arbeitgeber der Ukraine.

Im März 2013 wurde Firtasch schließlich am Sitz seiner österreichischen Firmenniederlassung in Wien festgenommen und in Auslieferungshaft genommen. Grundlage war ein US-Haftbefehl wegen des Verdachts der Bestechung und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung.

Firtasch soll vor einem Bundesgericht in Chicago (US-Bundesstaat Illinois) angeklagt werden, weil es bei diversen Auslandsgeschäften zu Korruptionsvorgängen gekommen sein soll. In Österreich liegt gegen ihn in strafrechtlicher Hinsicht nichts vor. Er wurde schließlich gegen eine Rekordkaution von 125 Millionen Euro wieder auf freien Fuß gesetzt und gelobte nach Justizangaben, bis zur Beendung des Verfahrens Österreich nicht zu verlassen.

Herwig Höller, APA

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