Rechtsbegriff im 2. Weltkrieg geprägt
Neben Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zählt der Völkermord zu den schwersten Delikten, die das UNO-Recht kennt. Der Begriff ist auch unter „Genozid“ geläufig und bezeichnet Handlungen mit dem Ziel, ein Volk, eine Ethnie oder auch eine Glaubensgemeinschaft zu vernichten.
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„Genozid“ ist aus dem griechischen „genos“ („Herkunft“) und dem lateinischen „caedere“ („töten“) zusammengesetzt. Der jüdische Jurist und spätere Friedensforscher Raphael Lemkin, der aus Polen in die USA geflüchtet war, prägte das Wort 1944, um eine Grundlage für die Bestrafung der Verbrechen zu legen, die von den Nationalsozialisten begangen wurden.
UNO-Konvention 260 seit 1948
Die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ gehört zu den wichtigsten Vereinbarungen des humanitären Völkerrechts. Sie wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 9. Dezember 1948 einstimmig beschlossen und trat am 12. Jänner 1951 in Kraft. Heute haben weltweit 133 Staaten die UNO-Völkermord-Konvention ratifiziert.
Sie definiert Völkermord als Verbrechen, „das von der zivilisierten Welt verurteilt wird“, und umfasst nach Artikel 2 Handlungen gegen Mitglieder einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe, die in der Absicht begangen werden, die Gruppe ganz oder zum Teil auszulöschen. Zu den Straftatbeständen, die von der Völkermords-Konvention erfasst werden, gehören das Töten, das Zufügen von ernsthaften körperlichen oder geistigen Schäden, die Auferlegung von Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen, die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung und Verschleppung von Kindern.
Tribunale zur Ahndung von Völkermord
Hauptziele der Konvention 260 sind die frühzeitige Verhinderung und die strafrechtliche Ahndung von Völkermord. Erst Mitte der 1990er Jahre erlangte die Völkermord-Konvention praktische Bedeutung, als der UNO-Sicherheitsrat zwei Ad-hoc-Tribunale zur Aufarbeitung schwerer Kriegsverbrechen einrichten ließ: die UNO-Kriegsverbrechertribunale in den Haag für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und für Ruanda (ICTR).
Die UNO-Kriegsverbrechertribunale sind nicht zu verwechseln mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Dieser wurde 1998 geschaffen und nahm seine Tätigkeit 2002 auf. Er ist eine eigenständige internationale Organisation und immer dann zuständig, wenn die Delikte nicht auf nationaler Ebene geahndet werden können. Zuletzt liefen am IStGH Vorermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in Palästina an.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) wiederum ist das höchste UNO-Gericht und entscheidet ebenfalls in Den Haag über Streitigkeiten zwischen Staaten. Er wurde 1945 gegründet. Parteien vor dem IGH können nur Staaten sein, jedoch keine internationalen Organisationen und andere Völkerrechtssubjekte. Zuletzt sprach der IGH Serbien und Kroatien vom Vorwurf des Völkermordes im Bürgerkrieg auf dem Balkan frei.
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