Themenüberblick

Moderner Bau für moderne Kunst

Elf Ausstellungsräume für moderne Kunst und Design, ein Auditorium mit 350 Sitzplätzen für Konzerte und Vorträge, ein Shop und ein Restaurant: Ende Oktober eröffnet die Fondation Louis Vuitton mitten in Paris ein neues Museum. Geht es nach Bernard Arnault, dem Konzernchef der Luxusgruppe LVMH Moet Hennessy-Louis Vuitton, soll das Haus zu einer der ersten Adressen für zeitgenössische Kunst werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

"Ein Schiff, umgeben von einem riesigen Wald, gemacht aus 3.600 Glasplatten und 15.000 Tonnen Stahl“, so beschreibt die Fondation Louis Vuitton den neuen Bau. „Glaswolke“ nennt Architekt Frank Gehry selbst seinen Bau - die Struktur schwebe und sei leicht wie der Wind, so der 85-jährige Kanadier.

Zwölf gigantische Glassegel, leicht gewölbt und einander überlappend, bilden den Korpus des Museums, das wie eine gläserne Wolke im Bois de Boulogne, dem Park im 16. Bezirk von Paris, zu schweben scheint. Die biomorphe Riesenplastik wirkt hypermodern und gleichzeitig doch verwandt mit der französischen Architektur des späten 19. Jahrhunderts, zitiert da und dort Elemente, die man von Bauten wie dem Grand Palais kennt.

Außenansicht des Louis Vuitton Museums in Bois de Boulogne in Paris

APA/AP/Christophe Ena

Gehrys komplexe Konstruktion im Bois de Boulogne

Einen Bilbao-Effekt mag Paris an sich ja nicht nötig haben - Gehrys Stahl-Glas-Palast hat aber zumindest das Potenzial, dem Stadtpark Bois de Boulogne an der Seine zu neuem Glanz zu verhelfen.

„Geld nie ein Thema“

2006 gaben Arnault und Gehry die geplanten Kosten für den Bau mit 100 Mio. Euro an. Die tatsächliche Summe, die nun für den Neubau aufgewendet wurde, soll nicht veröffentlich werden, laut Schätzungen in verschiedenen Medien soll das Budget aber um gut 43 Mio. Euro überstiegen worden sein. Für Gehry war bei diesem Auftrag „Geld nie ein Thema“ - Arnault sei es immer nur darum gegangen, „das zu bekommen, was er sich vorstellte“ - offenbar nach dem Motto: Koste es, was es wolle.

Doch nicht nur aus den Kosten, sondern - viel wichtiger - auch daraus, was nun in dem neuen Museum überhaupt gezeigt werden solle, wird noch ein Geheimnis gemacht. Vor der Eröffnung werden nur grob die ersten Eckpunkte des Museumsprogramms genannt. Nur so viel: Die Eröffnungsausstellung ist Gehry selbst gewidmet - als Parallele zu einer Retrospektive im Centre Pompidou, die seit Anfang Oktober zu sehen ist. Das Premierenprogramm wird durch eine Konzertreihe der Elektropop-Pioniere Kraftwerk und einen Auftritt des Pianisten Lang Lang ergänzt.

Sammlung „diskret zusammengestellt“

Die Kunstsammlung der Stiftung Fondation Louis Vuitton pour la creation, die durch Multimillionär Arnault ins Leben gerufen wurde, soll im Zentrum des Ausstellungsprogramms stehen. Auch hier gilt bis zur Eröffnung strengste Geheimhaltung. Es sei gelungen, die Sammlung „diskret zusammenzustellen“, sagte Jean-Paul Claverie, Arnaults engster Kunstberater gegenüber dem „Handelsblatt“. Laut „Economist“ soll die Stiftung jedenfalls Werke von Olafur Eliasson, Jean-Michel Basquiat, Gilbert & George sowie Jeff Koons angekauft haben, die in einer permanenten Schau zu sehen sein sollen. Eine der ersten Soloausstellungen nach der Museumseröffnung sei dem dänischen Künstler Eliasson gewidmet.

Neben den Werken im Besitz der Fondation Louis Vuitton sollen immer wieder auch Leihgaben aus Arnaults persönlicher Sammlung zu sehen sein. Seit eineinhalb Jahren erteile die Stiftung Aufträge zur Schaffung von Werken an ausgewählte Künstler, sagte Claverie im „Handelsblatt“-Interview. „Dabei übernehmen wir die Philosophie der Gruppe LVMH, die immer in Bewegung bleibt und allen voraus ist.“

Architektur sticht Mode aus

Für das Modehaus Louis Vuitton hat das neue Museum jedenfalls schon Anfang Oktober eine Ausnahme gemacht und die Pforten fast einen Monat vor der offiziellen Einweihung geöffnet: Am Ende der Pariser Fashionweek präsentierte Designer Nicolas Ghesquiere seine Pret-a-porter-Kollektion für Frühjahr/Sommer 2015 in dem neuen Gebäude. Für viele der angereisten Modejournalisten, Blogger und Fans war Gehrys neues Museum schon hier das Highlight, das den teuren Kleidern die Show stahl - „ein neues architektonisches Meisterwerk in Paris, erinnernd an ein Raumschiff und als Motiv bei Instagram populärer als die Kleider so mancher Kollektion in dieser Saison,“ schrieb etwa das Modemagazin „Elle“.

Ende Oktober wird sich weisen, ob der geheimen Kunstsammlung ein ähnliches Schicksal bestimmt ist - oder ob sie symbiotisch mit dem Gehry-Bau zu dem werden kann, was sich Arnault wünscht: ein neues Wahrzeichen für die Stadt Paris, ein Museum, das sich auf Augenhöhe mit dem Centre Pompidou befindet und das für seine Architektur und für seine Ausstellungen gleichermaßen gewürdigt wird.

Links: